Todesahnung: Thriller (German Edition)
vielleicht, aber eher nicht die Managerinnenkleidung.
»Aber ich bestehe darauf«, sagt er.
Ich verstehe. Er bittet mich nicht, mir helfen zu dürfen, er verlangt es.
»Also gut«, gebe ich mich geschlagen. »Sein Name ist Michael Turnbull. Er kommt ziemlich häufig hierher.«
»Ja, natürlich. Hier entlang. Mr. Turnbull sitzt hinten mit seinen Gästen.«
Ich zögere. »Ach, würden Sie ihm vielleicht sagen, dass ich hier bin?«
»Ich verstehe. Und Sie sind?«
Auf jeden Fall nicht seine Frau.
»Kristin«, antworte ich.
Eine seltsame Stille legt sich zwischen uns.
»Ich bin seine Assistentin«, füge ich hinzu, bereue es aber sofort.
Der Oberkellner lächelt - sicher ahnt er etwas - und verschwindet ins Restaurant.
Gut gemacht, Kris! Warum schnappst du dir nicht gleich ein Megafon und schreist: Mätressenalarm! Mätressenalarm!
Ich kann nur hoffen, dass Michael eher überrascht als wütend ist und nicht umgekehrt. Aber es ist nicht Michael, der wenig später auftaucht.
Es ist wieder der Oberkellner.
15
»Bitte, was?«
»Mr Turnbull bittet Sie, ihm an seinem Tisch Gesellschaft zu leisten«, wiederholt der Oberkellner.
Ich blicke den Kerl so schief von der Seite her an, dass ich fast mein Gleichgewicht verliere. »Sind Sie sicher?«
»Absolut.«
Er führt mich in den hinteren Teil des Restaurants. Langsam dämmert es mir - das ist typisch Michael.
So selbstbewusst. Alles unter Kontrolle.
Deswegen liebe ich ihn.
Es überrascht nicht, dass er einen derart erfolgreichen Hedgefonds leitet. Er geht kein Risiko ein, das er nicht minimieren kann.
»Ah, da ist sie ja«, begrüßt er mich.
Er sitzt mit seinen Gästen an einem großen, runden Tisch, dennoch besteht kein Zweifel, wo sich die Stirnseite befindet. Michael erhebt sich mit seinem umwerfenden Lächeln. Während er mit einem Weinglas in der Hand auf mich zukommt, zwinkert er dem Oberkellner zu, als wollte er sagen: Ab jetzt übernehme ich.
Das tut er eindeutig.
»Kristin, komm, ich stelle dich meinen Freunden von der Royal Queen Bank of Sweden vor.« Michael dreht sich wieder zum Tisch und legt sogar einen Arm um mich. »Meine Herren!«, verkündet er. »Jag vill att ni alla möter min sekreterare, Kristin.«
Ich werde leicht rot, als die versammelte Mannschaft - wirklich nur Männer und einer blonder als der andere - lächelnd die Weingläser erhebt. Sie sehen nicht wie Bankleute aus, sondern eher wie eine Rudermannschaft.
Eine betrunkene Rudermannschaft.
Ich warte, bis die Jungs wieder anfangen zu lärmen, bevor ich mich zu Michael beuge und frage: »Was hast du ihnen gesagt?«
»Dass du meine Liebessklavin bist.«
»Aua. Das kommt doch der Wahrheit viel zu nahe, oder?«
»Das war ein Witz«, erwidert er. »Ich habe dich als meine Sekretärin vorgestellt. Das hast du schließlich dem Oberkellner gesagt.«
»Tut mir leid. Klang ziemlich unglaubwürdig, hm? Übrigens habe ich ›Assistentin‹ gesagt.«
»Besser, als dich als meine Nichte auszugeben.«
»Komisch, genau das war mir in den Sinn gekommen.«
Michael schüttelt vergnügt den Kopf. »Hey, Kleine, ich bin zweiundvierzig, nicht zweiundsechzig.«
»Gott sei Dank.«
In aller Ruhe, ohne dass seine Hand zittert, nimmt er einen Schluck Wein. Wunderbar. Er ist nicht nur nicht erschrocken, dass ich unerwartet zu seinem Geschäftsessen aufkreuze, er hat mich sogar eingeladen und mich seinen Kunden vorgestellt, allen neun.
Ein echter Kerl.
Das ist Michael.
»Also, wie komme ich zu dieser unerwarteten Freude, Frau Sekretärin?«, fragt er.
»Ich musste dich sehen«, antworte ich. Weiter gehe ich nicht darauf ein. Das kann ich hier nicht. Ich wüsste nicht einmal, wo ich anfangen sollte.
»Ich habe dir doch versprochen, dich später anzurufen.«
»Stimmt.« Ich lächle ihn an. »Ich konnte nur nicht warten«, keuche ich leise in sein Ohr.
»Oh, der Klang gefällt mir. Die Rechnung, bitte.«
Bevor ich noch etwas sagen kann, wendet sich Michael seinen Gästen zu und gibt sein Schwedisch zum Besten. Und wieder habe ich keine Ahnung, was er sagt.
Doch als er fertig ist, greifen alle nach einem Stift.
16
»Was hast du ihnen diesmal gesagt?«, erkundige ich mich.
Ich folge Michael, der das Restaurant verlässt. »Das erzähle ich dir im Wagen«, antwortet er über seine Schulter.
Während sich die Tür hinter uns schließt, ergreift Michael meine Hand, lässt sie aber gleich wieder los und beginnt zu schreien.
Aber nicht in
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