Todesahnung: Thriller (German Edition)
schlägt die Tür hinter mir zu und will wieder einsteigen. Ich habe das Gefühl, noch etwas sagen zu müssen, bin mir aber nicht sicher, was. Ist doch egal, was, denke ich. Etwas, um die seltsame Stimmung zu durchbrechen. Es wird Zeit, dass wir abgesehen von Nettigkeiten noch etwas anderes reden.
»Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Vincent?«
Er dreht sich um. »Ja, Ms Burns?«
Ich stottere, bis mir ein paar Worte einfallen. »Mögen Sie Ihre Arbeit?«
»Ja, sehr«, antwortet er. »Mr Turnbull ist ein guter Chef.
»Ja, dessen bin ich mir sicher. Ich weiß, er vertraut Ihnen.«
Er nickt.
»Sie sind ihm gegenüber ziemlich loyal, oder?«, frage ich weiter.
Vincent schweigt einen Moment. Wahrscheinlich ist er nicht sicher, wohin dies hier führt. Um ehrlich zu sein: ich auch nicht.
»Äußerst loyal«, antwortet er.
»Das ist wichtig.«
»Stimmt, Ms Burns.« Er verschränkt seine Arme. »Es gibt nichts, was ich nicht für ihn tun würde.«
»Gute Antwort«, sage ich.
Vierter Teil
19
Ruckartig setze ich mich im Bett auf, unterdrücke aber meinen Schrei, um einer weiteren Diskussion mit Mrs Rosencrantz aus dem Weg zu gehen. Ich bin in Schweiß gebadet, Tränen laufen über mein Gesicht. Die Bilder scheinen in meinem Kopf eingebrannt zu sein.
Die Bilder aus meinem Traum … der sich so echt anfühlt.
Genau derselbe Traum. Unglaublich!
Es ist der nächste Morgen, aber mehr hat sich nicht geändert. Ich höre sogar die Musik, dasselbe Lied in meinem Kopf. Ein vertrautes Lied, dessen Titel mir aber nicht einfällt.
Und ich bemerke den Geruch von etwas Brennendem. Genau wie am Falcon Hotel. Was ist das für ein Geruch?
Meine Beine über die Bettkante schwingend, wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht. Ich fühle mich elend und ausgelaugt. Nicht einmal der Anblick meines wunderschönen neuen Armbands auf dem Nachttischchen kann meine Laune heben.
Es ist nicht so, dass ich nicht schon früher wiederkehrende Träume gehabt hätte - allerdings nur solche, über die man ansonsten auch liest und hört, Angstträume, wie sie jeder hat, zum Beispiel nackt in der Öffentlichkeit zu stehen oder unvorbereitet zu einer Prüfung zu erscheinen.
Dieser hier ist anders.
Dieser Traum gehört nur mir, sonst niemandem. Das Falcon Hotel. Warum ausgerechnet dieser Ort? Vier Tote. Wer waren sie, und wie starben sie?
Ich werfe einen Blick auf den Wecker. Wie gestern ist es kurz vor sechs. Ich kann noch ein bisschen schlafen, wenn ich möchte - um dann den Traum fortzusetzen?
Ich schleppe mich ins Badezimmer und begehe augenblicklich den Fehler, in den Spiegel zu schauen. Au weia. Vielleicht noch schlimmer als gestern. Was mir aus dem Spiegel entgegenstarrt, könnte der Zustand kurz vor einer fälligen Gesichtsstraffung sein.
Hey, aber wenigstens gibt es heute warmes Wasser.
Unter der voll aufgedrehten Dusche schalte ich mein Radio in der Hoffnung ein, das eine Lied in meinem Kopf mit einem anderen vertreiben zu können. Oder vielleicht wird sogar das Lied aus meinem Kopf gespielt, so dass ich anhand des Liedtextes einen Sinn erkennen kann.
Doch so viel Glück wird mir nicht beschert.
Die Dusche allerdings ist perfekt, so dass ich es dort sogar nach einer Weile schaffe, mich zu entspannen. Gerade läuft »Alison« von Elvis Costello, eins meiner Lieblingslieder.
Bevor es mir richtig klar wird, höre ich, wie gehofft, nur noch dieses zwischen meinen Ohren.
Das dauert aber nur so lange, bis es zu Ende ist und die Nachrichten verlesen werden.
Ich zucke mit dem Kopf unter dem Duschstrahl hervor. Ich könnte schwören, der Sprecher hat etwas über die Tragödie im Falcon Hotel gesagt.
Aber nicht das ist es, was mich wie Espenlaub zittern lässt, während ich mich abtrockne.
Der Radiosprecher hat nicht gesagt, es sei gestern passiert.
Er hat gesagt, es sei heute Morgen passiert.
Eine halbe Stunde später hat Michael nicht angerufen, dafür verlasse ich meine Wohnung, die ich zweimal abschließe. Und …
»Ms Burns? Ms Burns?«
Nicht schon wieder. Es ist viel zu früh für eine Begegnung mit der bösen Hexe Wackelzahn. Ich drehe mich um - und es kommt noch schlimmer als gedacht. Mrs Rosencrantz hat einen alten Glatzkopf mitgebracht, der sie haushoch überragt, obwohl er auch nicht größer als einssechzig, höchstens einsfünfundsechzig ist.
»Sie haben geschrien und geschrien«, schreit sie mir ins Gesicht. »Sie haben meinen Herbert geweckt. Er hat es gehört. Fragen Sie
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