Todesahnung: Thriller (German Edition)
zurück. Eins seiner Augen ist nur ein tiefes, schwarzes Loch. Fehlt nur noch, dass Würmer und weiße Maden herauskrabbeln.
»Noch nicht«, antwortet er. »Aber bald wirst du mich kennen. Wenn du dein Leben verstehst.«
Er setzt seine Sonnenbrille wieder auf, nickt und dreht sich um.
43
Zitternd blicke ich dem bärtigen Einäugigen hinterher. Jetzt stehen die Chancen eindeutig gleich: Wo ist es unheimlicher, in meiner Wohnung oder hier draußen? Ich komme zu dem Schluss, dass es in meiner Wohnung doch nicht so schlecht ist. Also winke ich nach einem Taxi. Ein netter, ruhiger Abend zu Hause könnte meine Nerven beruhigen. Vielleicht hilft mir das, mir einen Reim auf alles zu machen.
Eine Viertelstunde später bin ich dort.
Ich beginne mit einem superheißen Bad, das man braucht, wenn man seinen Körper nach und nach zur Ruhe kommen lassen möchte. Ich streue sogar etwas Badesalz ins Wasser, das ich letztes Jahr von Connie zum Geburtstag bekommen habe. »Wohltuende Zitrone« steht auf dem Etikett.
Ich bleibe so lange in der Wanne, bis die »Wohltuende Zitrone« aus mir die »Schrumpelige Pflaume« gemacht hat. Anschließend zwinge ich mich, etwas Chinesisches zu bestellen - Sesamhühnchen und gebratenen Reis mit Gemüse. Das Übliche. Kein Glutamat, bitte. Ich tue mein Bestes, um einen normalen Abend zu Hause zu verbringen. Ich weiß, es ist lächerlich, aber mehr fällt mir im Moment nicht ein.
Mit einem vollen Magen nach einem solchen Tag sollte ich eigentlich todmüde sein. Doch ich bin hellwach. Ruhelos. Aufgedreht.
Ich versuche, nicht an den Einäugigen zu denken - woher wusste er, wie ich heiße? Doch es ist nicht sein Gesicht, das ich auf meinem geistigen Bildschirm sehe, sondern ein anderes. Das von Dakota.
»Miss Kristin.«
Mit dem Echo ihrer süßen Stimme in meinen Ohren erinnere ich mich daran, dass in meiner Kamera noch eine ganze Filmrolle mit ihr und Sean steckt, als sie im Pool gespielt haben.
Meine Dunkelkammer - die könnte bei mir für gute Laune sorgen.
Ich kremple mir die Ärmel meines Bademantels hoch und mache mich an die Arbeit. Fast im gleichen Augenblick spüre ich, wie sich Geist und Körper entspannen. Ich lächle sogar, als ich mir einen tollen Namen für eine Ausstellung überlege. »Beschattung.« Eine Ausstellung nur mit Fotos, die ich versteckt aus meinem Auto gemacht habe.
Nein, Moment, ich habe eine bessere Idee: »Bob und ich«. Das passt.
Als ich die Negative wässere, werfe ich einen Blick auf die ersten Bilder.
»Oh, wie hübsch!« Das sage ich sogar laut. Die beiden mir liebsten Kinder auf der Welt planschen vergnügt im Wasser. Selbst auf den Negativen erkenne ich ihr hübsches Lächeln.
Eine Sache allerdings ist dumm. Normalerweise zeige ich Dakota und Sean alle Fotos, die ich von ihnen mache. Diese hier werde ich ihnen leider vorenthalten müssen.
Schließlich komme ich zu dem Foto, auf dem auch Penley zu sehen ist. Es ist so typisch für sie, dass sie den Kindern mit ausgestrecktem Finger Befehle zubellt. Sie sieht eher wie eine Gefängniswärterin als wie eine Mutter aus.
Ich will mich gerade dem nächsten Bild zuwenden, als mir der Magen fast bis ins Erdgeschoss meines Wohnhauses rutscht. Ich schnappe mir die Lupe und halte das Foto mit Penley nah vor mein Gesicht. Ich bin völlig verblüfft.
Verblüfft und zu Tode erschrocken.
44
Rasch sehe ich mir die anderen Bilder an, auf denen nur Dakota und Sean zu sehen sind. Passiert es mit ihnen auch?
Nein. Nein, tut es nicht.
Die sehen ganz gut aus. Besser als gut.
Ich schnappe mir wieder das Foto mit Penley, reiße die Augen auf, kneife sie zusammen, fahre mit dem Finger über das Bild. Das Negativ scheint in Ordnung zu sein.
Doch das, was es zeigt, ist alles andere als in Ordnung. Das ist unmöglich.
Es ist der gleiche Effekt wie bei den Leichensäcken vor dem Falcon, zwar nur leicht, aber er ist da.
Sie wirkt durchsichtig. Als könnte ich durch sie hindurchsehen. Als wäre sie da, aber als Geist.
Penley ist dünn, aber so dünn auch wieder nicht! Wie kann es sein, dass dieser Effekt wieder auftritt? Und warum?
Ich schalte das Licht ein und drehe mich zur Korkwand hinter mir. Die anderen Bilder, auch die von meinem Vater - ich habe noch gar nicht nachgesehen, ob sich dieser Effekt bei ihnen auch zeigt. Habe ich ihn einfach nicht bemerkt?
Mein Blick huscht über die Bilder an der Wand. Auf keinem einzigen von ihnen ist etwas Auffälliges zu sehen. Sie zeigen nur einen
Weitere Kostenlose Bücher