Todesahnung: Thriller (German Edition)
zumindest behauptet sie das -, so dass ich die Kinder nicht zur Schule bringe, sondern dort anrufe, sie hätten Grippe. Wir schwänzen.
Ich habe wirklich das Gefühl, Dakota und Sean brauchen das. Besonders Dakota. Und ich auch.
Als Erstes schlagen wir uns die Bäuche beim Frühstück im Sarabeth’s voll, unserem Lieblingsrestaurant in New York. Blaubeer- und Schokochips-Pfannkuchen mit Unmengen von Sirup. Dann geht’s ab in den Central Park mit nur einem Ziel im Kopf: uns im Dreck zu suhlen, um zur Abwechslung mal richtig Kind zu sein und die Sau rauszulassen.
Drei Stunden lang rennen und springen und schreien wir. Wir spielen Fangen, Ball und Verstecken, und kein einziges Mal kommt mir ein verrückter Gedanke, ich rieche keine schlechten Dinge und sehe keine Toten.
Am Schluss landen wir auf einem Spielplatz mit Schaukeln und Rutschen. Dakota und Sean sind völlig verdreckt - was ihnen genauso gefällt wie mir. Noch nie habe ich die beiden so breit grinsen sehen.
Natürlich muss ich Fotos von den Kindern machen. Dutzende, und alle werden wunderbar.
Und dann - welch ein Unglück!
Sean bleibt mit seinen leuchtend roten Turnschuhen an der obersten Stufe der Rutsche hängen und stürzt nach vorne. Fassungslos muss ich zusehen, wie er kopfüber viel zu schnell nach unten rutscht und mit dem Gesicht - oder vielmehr der Stirn - auf den Boden knallt.
Zehn Minuten später sitzen wir in der Notaufnahme des Lenox Hill. Erstaunlicherweise und wie durch ein Wunder muss Sean nicht genäht werden. Er und seine Schwester bekommen sogar einen Lutscher.
Schweigend fahren wir vom Lenox Hill nach Hause, bis sich Dakota an mich lehnt und ihren Kopf auf meine Schulter legt. Könnte ich doch ein Bild von uns beiden machen!
»Es ist schon in Ordnung, Miss Kristin. Es ist in Ordnung«, beruhigt sie mich. »Wir werden nichts sagen.«
»Versprochen«, stimmt Sean ein. »Wir werden nichts sagen. Wir haben Sie doch gern, Miss Kristin.«
Wie sehr ich diese Kinder in mein Herz geschlossen habe!
Doch ich habe auch ein schlechtes Gewissen und weiß nicht, wie ich mich davon befreien kann. Nicht wegen des Schuleschwänzens, nein, das war toll, sondern wegen allem anderen.
Und ich meine allem anderen.
75
Mist, ich sollte meinen Wecker einfach aus dem Fenster werfen. Was erzählt Sean immer für einen Witz? Die Zeit fliegen lassen?
Ehrlich, wozu brauche ich einen Wecker, wenn ich ohnehin jeden Morgen von diesem beängstigenden Traum aufwache. Ich habe das Gefühl, er wird mich eine schrecklich lange Zeit verfolgen. Ungefähr eine Ewigkeit.
Das Gleiche gilt für andere abstruse Dinge, die meinen Tag ausfüllen. Und ich frage mich nur: Wie schaffe ich das alles?
Kann ich mit meinem Leben so weitermachen?
Ich werde es versuchen! With a little help from my friends.
Beth und Connie rufen mich über eine Konferenzschaltung an, nachdem ich Dakota und Sean zur Schule gebracht habe. Sie wollen mit mir zu Mittag essen und werden kein Nein akzeptieren.
Eigentlich wollen sie nur sehen, ob mit mir alles in Ordnung ist oder ob ich schon Kartoffelbrei bin. Bei der Sozialarbeiterin Connie stehen nach meinem Zusammenbruch und der Nacht auf ihrem Bettsofa die Alarmlämpchen auf Rot. Und natürlich hat Beth alles darüber erfahren.
Und wenn sie erst hören, was seitdem alles passiert ist!
Aber so weit wird es nicht kommen.
Delmonico, das Ungeheuer, hat mir eine solche Angst eingejagt, dass ich ab jetzt schweige. Zu allem. Ich spüre noch seinen Griff in meinem Nacken und seinen Blick.
Mit einer »Mir-geht’s-bestens«-Haltung marschiere ich auf der 45th Street zwischen der Second und Third Avenue ins Comfort Diner - welch passender Name. Connie und Beth sitzen bereits an einem Tisch am Fenster. Ich sorge dafür, dass ich sie mit einem herzlichen Lächeln begrüße.
Leider folgt der Rest meines Gesichts nicht dieser Aufforderung.
»Du siehst total scheiße aus, Kris«, sind Beths erste Worte.
Connie verdreht die Augen, was mich aber nur zum Lachen bringt. Beth ist das Synonym für Direktheit. Kein Wunder, dass sie keine Filmrolle bekommt. Einmal erzählte sie Martin Scorsese, er müsse sich unbedingt »diese Raupen über den Augen stutzen lassen«.
»Du siehst etwas müde aus«, versucht es Connie auf diplomatischere und freundlichere Weise. »Hast du nicht genug geschlafen?«
»Bei dir habe ich neulich nachts doch lange genug geschlafen«, erinnere ich sie.
»Bis du angefangen hast zu schreien, als wäre
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