Todesangst
nicht rasiert. Er ließ sich nochmals Howards Namen nennen, schaute ihm dann aufmerksam ins Gesicht und sagte schließlich: »Waren Sie nicht mal ’ne Weile mit der Hagen von J-2 befreundet?«
Jason Howard war beeindruckt. Der Mann würde sicher keine Schönheitskonkurrenzen gewinnen, hatte aber offensichtlich ein ganz vorzügliches Gedächtnis. Sie hatten sich damals kennengelernt, weil Lucy ständig Probleme mit ihren Rohrleitungen hatte und der Hausmeister dauernd etwas bei ihr reparieren mußte.
»Was kann ich für Sie tun?« fragte Larry Gratz.
Der Arzt erläuterte ihm, daß Helene Brennquivist den ganzen Tag über nicht zur Arbeit gekommen sei und trotz wiederholter Versuche sich auch am Telefon nicht gemeldet hätte. Er fügte hinzu, daß er deshalb sehr besorgt sei.
»Ich kann Sie aber nicht in ihre Wohnung lassen.«
»Das sehe ich schon ein«, sagte Howard, »aber ich möchte einfach sichergehen, daß alles in Ordnung ist.«
Der Hausmeister schaute ihn einen Augenblick lang an, grunzte dann, holte einen mächtigen Schlüsselbund und ging zum Aufzug. Ohne ein weiteres Wort fuhren sie gemeinsam nach oben. Helenes Wohnung lag am Ende eines langen Flurs. Schon ehe sie die Tür erreicht hatten, konnten sie die laute Rockmusik drin hören.
»Scheint ’ne Party zu haben«, meinte Gratz. Er drückte eine volle Minute lang auf die Klingel, ohne daß sich etwas rührte. Gratz legte sein Ohr an die Tür und klingelte nochmals. Dann sagte er: »Die hören bei dem Lärm vielleicht einfach die Klingel nicht. Ein Wunder, daß sich noch niemand über die laute Musik beklagt hat.«
Mit seiner behaarten Faust hämmerte er gegen die Tür. Schließlich fingerte er aus seinem Schlüsselbund - von dem Dr. Howard fand, er müsse wohl für halb Cambridge reichen - den passenden Schlüssel heraus und schloß die Tür auf. Als sie aufsprang, überfiel sie das sofort entsprechend lauter gewordene Dröhnen der Musik. »Scheiße!« sagte Gratz und schrie dann in die Wohnung: »Halloo!« Er bekam keine Antwort.
Das Apartment hatte einen kleinen Flur, in dem sich links ein Bogendurchgang öffnete; schon von seinem jetzigen Standort aus spürte Dr. Howard den unverkennbaren Geruch des Todes. Er wollte etwas sagen, doch der Hausmeister gebot ihm mit einer Geste zu schweigen.
»Sie warten hier erst mal!« sagte er in das Dröhnen der Musik hinein und ging ins Wohnzimmer.
»O Gott!« schrie er gleich darauf, die Augen geweitet und das Gesicht bleich vor Schrecken. Der Arzt blickte an ihm vorbei in den Raum - es war wie ein Alptraum.
Der Hausmeister rannte, die Hand vor den Mund gepreßt, in die Küche. Selbst der Arzt, der ja als Mediziner an einiges gewöhnt war, hatte Mühe, seinen Magen unter Kontrolle zu halten. Helene Brennquivist und eine zweite Frau lagen nackt nebeneinander auf der Couch, die Hände auf den Rücken gefesselt. Ihre Körper waren grauenhaft verstümmelt. Ein großes stählernes Küchenmesser war tief in den niedrigen Tisch gestoßen worden.
Dr. Howard wandte sich ab und schaute in die Küche. Dort hing der Hausmeister keuchend und würgend über dem Ausguß. Zunächst wollte ihm der Arzt zu Hilfe kommen, doch dann fiel ihm etwas Besseres ein. Er ging statt dessen zur Wohnungstür und riß sie weit auf. Dankbar atmete er die hereinströmende frische Luft ein. Ein paar Minuten später gesellte sich der Hausmeister zu ihm.
»Warum holen Sie nicht die Polizei?« sagte der Arzt und ließ es zu, daß die Tür ins Schloß fiel. Schon das Abebben des Lärms war eine gewisse Erholung; sein Übelkeitsgefühl wich allmählich.
Larry Gratz war froh, etwas tun zu können, und rannte die Treppe hinunter. Dr. Howard lehnte sich an die Wand und zwang sich, nichts zu denken; er zitterte.
Kurz darauf erschienen zwei Polizisten. Sie waren noch jung und wurden ziemlich grün im Gesicht, als sie einen Blick in das Wohnzimmer warfen. Doch dann sorgten sie pflichtbewußt dafür, daß nichts berührt wurde, zogen mit der entsprechenden Vorsicht diesbezüglich endlich den Stecker des Radios aus der Steckdose und machten sich schließlich an die Befragung von Dr. Howard und Larry Gratz. Bald trafen weitere Polizisten ein, darunter auch Beamte in Zivil. Dr. Howard meinte, Michael Curran könnte wohl an der Sache interessiert sein, und schlug vor, daß jemand ihn anrufe. Ein Polizeifotograf traf ein und schoß eine Aufnahme nach der anderen. Schließlich erschien auch der beamtete Leichenbeschauer für den Bezirk Cambridge.
Dr.
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