Todesbote
sein«, lachte Julia plötzlich.
Sie rannte und schrie, als das Wasser an ihren Hüften hinaufspritzte. Charlie schoss rasch ein paar Bilder, bevor er die Kamera wieder in seinen Umhängebeutel legte.
»Schauen wir mal, wer der alte Trottel ist.«
Er rannte ihr hinterher und tauchte unter Wasser. Als er wieder an die Oberfläche kam, hielt er sie fest in seinen Armen.
39
Ich kehrte in mein Hotelzimmer zurück und hörte den Anrufbeantworter ab. Die Frau mit dem Akzent hatte sich nicht mehr gemeldet. Sonst auch niemand. Ich startete meinen Rechner und schickte nach einer Weile eine ziemlich nette, siebenhundert Wörter lange Geschichte an Aronstein von der L . A. Times.
Nach getaner Arbeit schaltete ich den Fernseher ein. Kims Geschichte bildete den Hauptbeitrag der Zehn-Uhr-Nachrichten.
»Neueste Meldung« stand in einem Kasten. Die sprechenden Köpfe berichteten, dass Doug Cahill als mutmaÃlicher Täter in der mutmaÃlichen Entführung von Kim McDaniels galt. Cahills Bild wurde gezeigt â in voller Montur für ein Spiel der Chicago Bears mit Helm unter dem Arm und einem Lächeln für die Kamera wie ein Filmstar mit hundertfünfzehn Kilo bei einer GröÃe von einsneunzig.
Jedem war klar, dass sich Cahill die fünfzig Kilo schwere Kim McDaniels locker wie einen Football unter den Arm hätte klemmen können.
Doch plötzlich fielen mir beinahe die Augen aus dem Kopf.
Cahill wurde auf dem Bildschirm gezeigt. In einem Video, das zwei Stunden zuvor vor der Polizeistation in Kihei aufgenommen worden war, während ich mit Eddie Keola eine Pizza gegessen hatte.
Cahill wurde von zwei Anwälten begleitet, von denen ich einen wiedererkannte: Amos Brock. Der New Yorker
Strafverteidiger, elegant in einen perlgrauen Anzug gekleidet, zählte zu seinen Mandanten vor allem Prominente und groÃe Sportler, die die Grenze zum Bösen überschritten hatten. Brock war selbst zum Star geworden, und jetzt verteidigte er Doug Cahill.
Der Sender KTAU hatte seine Kameras auf Cahill und Brock gerichtet. Brock trat vors Mikrofon. »Gegen meinen Mandanten, Doug Cahill, wurde keine Anklage erhoben. Die Anschuldigungen gegen ihn sind völliger Schwachsinn. Es gibt keinen einzigen Beweis für den Quatsch, der behauptet wird, weswegen mein Mandant nicht angeklagt wurde. Doug möchte sich selbst dazu äuÃern, und zwar nur ein einziges Mal â hier und jetzt.«
Ich schnappte das Telefon, um Levon aus dem zu wecken, was sich, als er sich meldete, wie tiefer Schlaf anhörte. »Levon, hier ist Ben. Schalten Sie den Fernseher ein. Kanal 2. Schnell.«
Ich blieb am Telefon, während Cahill nach vorn trat. Er war unrasiert und trug ein blaues Baumwollhemd mit angeknöpftem Kragen unter einer gut geschnittenen Sportjacke. Ohne Polster und Sportkleidung sah er ziemlich zahm aus, wie ein Grünschnabel in einem Management-Trainingsprogramm der Wall Street.
»Ich kam nach Maui, um mich mit Kim zu treffen«, sagte Doug mit zitternder Stimme und tränennassen Wangen. »Ich sah sie vor drei Tagen für etwa zehn Minuten, dies war das einzige Mal. Ich habe ihr nichts getan. Ich liebe Kim und bleibe hier, bis wir sie gefunden haben.«
Cahill gab das Mikrofon an Brock zurück. »Ich wiederhole, Doug hat mit Kims Verschwinden nichts zu tun, und ich werde unwiderruflich jeden verklagen, der ihn verleumdet. Mehr haben wir im Moment nicht zu sagen. Danke.«
Levon meldete sich am anderen Ende des Telefons. »Was halten Sie davon?«, fragte er. »Vom Anwalt? Von Doug?«
»Doug war ziemlich überzeugend«, antwortete ich. »Entweder er liebt sie, oder er ist ein guter Lügner.«
Mir kam noch ein anderer Gedanke, einer, den ich Levon nicht mitteilte. Es ging um die siebenhundert Worte, die ich gerade an Aronstein von der L. A. Times geschickt hatte.
Die waren Schnee von gestern.
40
Ich rief Aronstein, meinen Redakteur, an, um ihm zu erzählen, dass sich Doug Cahill mit den Medien anfreundete und warum; dass ein geheimnisvoller Zeuge gesehen hatte, wie er sich mit Kim gezofft hatte; dass Cahill von Amos Brock vertreten wurde, dem gegenwärtigen Pitbull-Champion unter den Strafverteidigern.
»Ich habe dir den umgeschriebenen Artikel schon zugeschickt«, klärte ich Aronstein auf. »Wenigstens in puncto Schnelligkeit bin ich unschlagbar.«
AnschlieÃend rief ich Sam Paulson an, unseren Sportchef.
Paulson
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