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Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Schwester nach Hause bringen solltest, Ben!
Du!
«
    Ben riss seinen Arm los und trat zurück. Er sah seinen Vater an, dann seine Mutter. »Was soll das, wollt ihr mir die Sache anhängen? Bin ich jetzt schuld?«
    »Sie hätte nicht in Wallys Wagen steigen dürfen!«, sagte seine Mom und brach in Tränen aus.
    Sie blieben alle einen langen, starren Augenblick so stehen. Dann drehte Ben sich um und ging hinaus.
    »Ben!«, rief sein Vater, aber Ben blickte sich nicht einmal um. »Ben!«
    Sein Vater wollte ihm nachlaufen. Alex hörte, wie die Schwingtüren aufgingen, und als er aufblickte, sah er einen Mann in einer grünen OP -Montur hereinkommen. Der Mann sagte: »Die Familie von Katie Treven?«
    Alex’ Eltern eilten zu ihm. Ben machte kehrt und kam zurück in den Raum. Alex, voller Angst, zwang sich aufzustehen.
    »Wir sind Katies Eltern«, sagte Alex’ Vater mit leiser Stimme, und seine Kinnlade bewegte sich kaum dabei. »Wie geht es ihr?«
    »Sie hat Schädelverletzungen«, sagte der Mann in Grün, und Alex’ Mom schlug die Hände vor den Mund und unterdrückte einen Schluchzer. Sie sank gegen seinen Dad. Sein Dad atmete ein und aus wie eine Lokomotive. Tränen liefen ihm plötzlich übers Gesicht.
    »Ich bin Dr. Rosen«, sagte der Mann in Grün. »Kommen Sie, wir gehen nach nebenan, wo wir uns unterhalten können.«
    Dr. Rosen führte sie in einen kleinen Raum, der vom Wartezimmer abging. Es standen Stühle da, aber niemand setzte sich.
    »Ihre Tochter hat ein schweres Schädelhirntrauma mit Blutungen erlitten«, sagte Dr. Rosen. »Wir mussten operieren, um den Druck zu verringern.«
    Alex’ Mom presste sich eine Faust so fest auf den Mund, dass ihr der Arm zitterte.
    »Ist sie …«, setzte Alex’ Dad an, aber er konnte die Frage nicht beenden.
    »Wir haben getan, was wir konnten«, sagte Dr. Rosen. »Aber ich muss Ihnen leider sagen, dass ich Katies Chancen im Augenblick nicht gut einschätze. Sie müssen sich auf das Schlimmste gefasst machen.«
    Ein Laut entwich aus der Kehle von Alex’ Mom, ein hoher Ton, fast wie ein Schluckauf. Sie verdrehte die Faust an ihren Lippen.
    Alex spürte, wie ihm wieder die Tränen kamen, und diesmal konnte er sie nicht zurückhalten. Er sah Ben an. Der Mund seines Bruders war eine dünne rote Linie. Von ihnen vier war er der Einzige, der nicht weinte.
    »Können wir sie sehen?«, flüsterte sein Dad.
    Dr. Rosen nickte. »Natürlich. Sie ist nicht bei Bewusstsein. Ihr Kopf ist verbunden, und sie hat viele Prellungen. Außerdem ist sie intubiert – sie hat einen Schlauch im Mund.«
    Alex begriff, dass Dr. Rosen ihnen das alles erzählte, um sie vorzubereiten. Er war dankbar für die Warnung. Er wollte stark sein. Vielleicht konnte er nicht so stark sein wie Ben, aber er wollte es versuchen, und er wusste, dass er jede Hilfe brauchte.
    Dr. Rosen führte sie einen Gang entlang und in ein Einzelzimmer. Ben war hinter seinen Eltern. Alex, ängstlich und unsicher, bildete die Nachhut.
    Im ersten Moment dachte Alex, es müsse ein Irrtum vorliegen, Dr. Rosen hätte sie in das falsche Zimmer geführt. Die Person in dem Bett war nicht zu erkennen – der Kopf war mit Verbänden umwickelt, aus dem Mund ragte ein Plastikschlauch, die Augenlider waren lila verfärbt und zugeschwollen.
    Und dann erkannte er unter den Verbänden und Prellungen und dem geschundenen Fleisch Katie.
Katie.
Diesmal stiegen ihm die Tränen nicht bloß in die Augen, sie flossen ihm als heißer Strom über die Wangen.
    Seine Mutter sank neben dem Bett auf die Knie und nahm Katies Hand. »O Kleines«, flüsterte sie. »Mein liebes Kleines. Meine Kleine.«
    Sein Vater ging auf die andere Seite des Bettes und nahm Katies andere Hand. Er sprach nicht. Katie rührte sich nicht.
    Alex spürte, wie er schwitzte. Wieso heizten die den Raum so auf? Und sein Atem ging sehr schnell. Er konnte ihn einfach nicht verlangsamen.
    Ben drehte sich um und sah ihn an. Er legte Alex einen Arm um die Schultern und führte ihn aus dem Zimmer.
    Sie standen auf dem Flur, ohne zu sprechen. Alex merkte, dass er hyperventilierte, und er konnte nicht aufhören zu weinen.
    Bens Augen waren noch immer trocken. Er fuhr Alex durchs Haar. »Kommst du klar?«
    Alex nickte, doch das Mitgefühl in der Geste und in der Stimme seines Bruders ließ ihn noch heftiger weinen. Nach ein paar Minuten bekam er sich halbwegs wieder in den Griff. Der Trick bestand darin, nicht daran zu denken, wie Katie in dem Bett ausgesehen hatte. Wie klein und verletzt und

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