Todescode
nichts. Er hatte sich eindeutig verhört.
Er schloss die Augen und lehnte sich zurück. Vielleicht würde er doch noch ein paar Minuten im warmen Wasser bleiben.
Er hörte ein leises Klicken von unten.
Ihm stockte der Atem. Er setzte sich auf und lauschte.
Einige Sekunden verstrichen. Nichts.
Das Haus ist alt. Die Holzböden arbeiten, Balken knarren. Wie oft bist du um zwei Uhr morgens wach, um irgendwas zu hören? So klingt das Haus nun mal spätnachts.
Er atmete langsam aus. Herrgott, er war ganz schön schreckhaft. Wenn das so weiterging, würde er wohl den Rest der Nacht in der Wanne verbringen müssen.
Er hörte ein weiteres Geräusch. Ein leises Schaben, wie wenn eine Türgummidichtung über eine Metallschwelle gleitet.
Die Haustür.
Und plötzlich hämmerte sein Herz so laut, dass es ihm in den Ohren dröhnte. Er hätte fast gerufen,
Wer ist da
?, bremste sich aber gerade noch.
Was meinst du wohl, wer da ist?
, dachte er und kämpfte gegen die Panik an.
Ein Einbrecher. Eine andere Erklärung gab es nicht. Wenn er rief, könnte er ihn vielleicht vertreiben. Aber wenn nicht …
Ohne zu überlegen, legte er eine zitternde Hand auf den Wannenrand und hievte sich möglichst geräuschlos hoch. Wasser tropfte von seinem Körper auf den Fußboden, als er aus der Wanne stieg, und plötzlich war ihm eiskalt. Er überlegte hektisch, was er als Waffe benutzen könnte. Messer in der Küche, Golfschläger in der Garage.
Nein, verdammt noch mal. Irgendwas hier im Bad.
Seine Herz schlug jetzt wie eine Kriegstrommel. Er versuchte, gleichmäßig zu atmen.
Im Schrank unter dem Waschbecken standen ein paar Reinigungsmittel. Er wusste nicht genau, was die Putzfrau alles benutzte. Aber vielleicht war ja etwas Brauchbares dabei. Wenn er sich nur ganz still verhielt …
Wieder hörte er das Schaben von Gummi über Metall. Die Haustür, die jetzt geschlossen wurde.
Er machte vorsichtig die Badezimmertür zu und drückte den Verriegelungsknopf. Noch während er das tat, wusste er, wie sinnlos das war. So eine primitive Verriegelung ließ sich mit Leichtigkeit von außen öffnen. Aber egal. Er wollte wenigstens eine Barriere, irgendeine Barriere. Er traute sich nicht, das Licht anzumachen – es wäre unter der Tür zu sehen und vermutlich auch an den Rändern.
Er ging vor dem Unterschrank des Waschbeckens auf die Knie und öffnete ihn. Er tastete mit zitternden Händen in der Dunkelheit herum. Klopapier. Ein Stück Seife. Eine Plastikflasche.
Er nahm die Flasche heraus und drehte sie so lange, bis er das Etikett sehen konnte. WC -Reiniger.
Er stellte sie beiseite, dachte,
Los, los, los …
Eine weitere Flasche. Irgendein Scheuerpulver.
Als er erneut in den Schrank griff, zitterten seine Hände so stark, dass er fürchtete, irgendwas umzustoßen und sich dadurch zu verraten.
Schimmelentferner. So was enthielt doch Bleichmittel, Chlor oder so etwas … Er versuchte, das Etikett zu lesen, konnte aber die kleine Schrift im Dunkeln nicht entziffern. Er schraubte die Sprühkappe ab und schnüffelte. Blitzschnell zog er den Kopf zurück und musste einen Hustenanfall unterdrücken. Es roch ätzend.
Er stand auf und suchte auf der Spiegelablage nach irgendwas, um das Zeug hineinzufüllen. Nichts. Nicht mal ein Becher. Er benutzte dieses Badezimmer ausschließlich zum Baden.
Ein Licht schien unter der Tür auf. Der Strahl einer Taschenlampe, der die Dunkelheit durchschnitt. Er begriff, dass es dumm gewesen war, die Tür zu schließen. Dadurch hatte er verraten, wo er war.
Er fühlte sich wie gelähmt. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Bitte
, dachte er.
Bitte, es muss doch was da sein …
Er ging wieder auf die Knie und tastete in dem Schrank herum. Eine Scheuerbürste. Noch mehr Klopapier …
Seine Finger berührten etwas Kaltes und Hartes. Er nahm es heraus. Eine Tasse, eine große Kaffeetasse aus Keramik. Die Putzfrau musste sie da hineingestellt haben, benutzte sie vielleicht als Behälter für Putzmittel oder so.
Es rüttelte am Türknauf.
Gott, o Gott …
Er wich zurück, haltlos zitternd, und schaffte es irgendwie, das meiste von dem Schimmelentferner in die Tasse zu befördern. Er stellte die fast leere Flasche, so leise er konnte, hin und griff dann nach der Trennwand zwischen Wanne und Toilette, um sich zu stützen. Er hielt die Tasse in der rechten Hand und biss die Zähne zusammen, damit sie nicht klapperten.
Eine Sekunde verging. Zehn. Zehn weitere.
Vielleicht ist er wieder gegangen. Vielleicht
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