Todescode
besser, wenn du was hast, womit du zurückschießen kannst.«
Er zog die Vorhänge zu, ging dann zum Schreibtisch und riss ein Blatt von dem Notizblock neben dem Telefon. Er faltete es viermal, nahm ein Stück Klebeband aus seiner Brieftasche und klebte das gefaltete Blatt auf den Spion in der Tür, so dass es wie eine Klappe funktionierte. »Wenn du jetzt durch den Spion schauen musst«, sagte er zu Alex, »weiß die Person auf der anderen Seite nicht, dass du da bist. Mit den geschlossenen Vorhängen wirfst du keinen Schatten unter die Tür. Geh ganz nah ran, bevor du das Blatt vom Spion nimmst.«
»Du lebst wirklich so. Ich kann es nicht fassen.«
»Ich bin in einer Stunde wieder da. Ruf mich auf dem Handy an, wenn irgendwas ist.« Er schrieb seine Nummer auf und ging.
20 In weiteren tausend Jahren
Ben erkundigte sich an der Rezeption, ob von Sarahs Zimmer aus telefoniert worden war. Er hatte sich eine Geschichte zurechtgelegt, falls er seine Frage erklären müsste, irgendwas über seine verschwenderische Cousine Sarah, die die Telefon- und Zimmerservicekosten in die Höhe trieb, zum Ärger ihres Großvaters, der die Rechnung bezahlte, doch die Rezeptionistin verneinte bloß.
Gut. Sie hatte also niemanden angerufen. Zumindest noch nicht.
»Wir bräuchten übrigens
noch
ein Zimmer«, sagte er. »Möglichst auf derselben Etage.«
»Gern, Sir. Ich schaue nach, ob wir noch was frei haben.«
Sie hatten Glück – es war noch ein Zimmer erhältlich, direkt gegenüber den beiden, die sie belegten. Er nahm zwei Kartenschlüssel für das dritte Zimmer und verstaute die Schlüssel dann in separaten Taschen. Alex vorne links; Ben vorne rechts; Sarah hinten. Es war eine Kleinigkeit, wie das Umklappen des Anfangs einer Rolle Klebeband, aber es würde Zeit sparen, wenn es drauf ankam.
Auf dem Weg nach draußen inspizierte er die Lobby. Sie war klein mit nur zwei Sitzbereichen, beide im Blickfeld des Portiers und der Rezeption. Relativ ungeeignet, um sich auf die Lauer zu legen. Ein paar Marmorstufen führten in einen angrenzenden Tea-Room, der von dort, wo er stand, einzusehen war. In einer Ecke spielte eine Frau Harfe, deren sanfte Klänge nicht unpassender hätten sein können.
Er ging nach draußen und sah sich um. Vor dem Hotel parkte eine Reihe Autos. Sie waren allesamt leer, und offensichtlich brauchte man schon die Geduld eines Scharfschützen, um auf der Straße einen Parkplatz zu finden. Nicht gerade günstig, um in einem Fahrzeug sitzend zu warten. Und die Gebäude ringsherum waren ausschließlich Wohnhäuser. Wiederum unbrauchbar, um für einen Hinterhalt Posten zu beziehen. Was die Lobby und die Straße betraf, stellte das Hotel, das Alex ausgesucht hatte, ein halbwegs schwieriges Ziel dar. Obwohl das wahrlich nicht seine Entscheidungskriterien gewesen waren.
Er ging einmal um den Block und dann in Richtung Norden, um sich mit der Gegend vertraut zu machen. Die weißen Doppeltürme der Saints Peter and Paul Church leuchteten in der Mittagssonne, im Hintergrund das Blau der Bucht, Angel Island und die grünen Hügel von Tiburon. Er stieg die feuchten Stufen hinunter in den Stockton-Street-Tunnel. Die Betonwände waren mit Graffiti und Urinflecken bedeckt. Ein Schild warnte vor Überwachungskameras.
Ja, vielen Dank, sehr freundlich.
Er überquerte die California Street, und das Vibrieren der Zugseile, die durch die Metallkanäle liefen, erinnerte ihn an einen Kindheitsausflug nach San Francisco, den er zusammen mit seinen Eltern und Alex und Katie gemacht hatte. Sein Dad hatte ihnen erklärt, dass die Kabelwagen deshalb so hießen, weil sie von Metallkabeln gezogen wurden. Ben und Katie stellten sich dumm und fragten immer wieder:
Was? Weshalb heißen die Kabelwagen Kabelwagen?
Alex war noch zu klein, um den Scherz zu verstehen, und ihr Vater, durch und durch Ingenieur, zu ernsthaft. Alex und ihr Dad unternahmen einen Erklärungsversuch nach dem anderen –
Sie heißen Kabelwagen, weil es Wagen sind, die von Kabeln gezogen werden
–, wobei ihre Gesten dazu immer emphatischer wurden, bis die anderen schließlich in Gelächter ausbrachen und riefen:
Ach
, deshalb! Ihr Dad musste ebenfalls lachen, als er merkte, dass er verschaukelt worden war. Nur Alex fand das gar nicht witzig, wahrscheinlich, weil er unsicher war und Angst hatte, dass sie sich über ihn lustig machten.
Er ging weiter die Stockton Street hoch nach Chinatown. In einem dichten Gewühl von Fußgängern zwischen Verkaufsständen und
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