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Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Nalley würde heute Abend um acht Uhr auftreten.
Okay, Kim
, dachte er,
sing für mich
.
    Er ging nach draußen zu einem Münztelefon und rief Hort an, wobei er wie immer den Scrambler benutzte. »Hat sich irgendwas über den Russen in Istanbul ergeben?«, fragte er.
    »Nichts. Er scheint für niemanden gearbeitet zu haben. Ansonsten hätte ich Ihnen schon Bescheid gegeben.«
    »Ja, ich weiß. Der Hauptgrund für meinen Anruf ist ein anderer. Ich hab da was in den Nachrichten gesehen und gedacht, hoppla, vielleicht besteht da eine Verbindung.«
    »Was denn?«
    »Heute Morgen wurden in Palo Alto zwei Russen erschossen. Das heißt, dass die Toten Russen sind, wurde nicht gemeldet. Das hab ich auf anderem Wege erfahren.«
    Eine Pause entstand. Hort sagte: »Wie ich sehe, rufen Sie aus San Francisco an.«
    »Bin nur auf der Durchreise. Hab hier ein paar private Dinge zu erledigen.«
    »Ich werde Sie nicht fragen, ob Sie irgendwas mit den beiden toten Russen zu tun haben.«
    »Gut, dann muss ich es Ihnen auch nicht sagen.«
    »Waren sie hinter Ihnen her?«
    »Nein. Nicht hinter mir.«
    »Warum glauben Sie dann, es könnte eine Verbindung bestehen?«
    »Glaub ich gar nicht. Bloß … das sind in letzter Zeit einfach ein bisschen viele Russen. Wollen Sie ihre Namen? Vielleicht können Sie ein bisschen mehr rausfinden. Ich glaube, die sind von der russischen Mafia, aber offiziell ist nichts in Erfahrung zu bringen, und es wird wahrscheinlich länger dauern, bis die Polizei sie identifiziert hat.«
    »Lassen Sie hören.«
    Ben nannte ihm die Namen. Hort sagte: »Also schön, sobald ich was erfahre, ruf ich Sie an. Könnte ein Weilchen dauern. Es ist immer noch verdammt schwer, FBI und CIA dazu zu bringen, Informationen rauszurücken.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Übrigens, gute Arbeit in Istanbul. Laut abgefangenen Nachrichten sind die Iraner vor Wut außer sich. Die glauben, es waren die Israelis.«
    »Na, das ist doch gut.«
    »Ja. Ich melde mich, falls ich was über die Russen rausfinde.«
    Ben hängte ein und ging weiter. Einen Moment lang wusste er nicht so recht, was er jetzt machen sollte, und ehe er sich’s versah, merkte er, dass er die Kearny Street hochstieg, eine der steilen Straßen, für die San Francisco berühmt war. Noch immer kam ihm irgendwas falsch vor, aber er konnte nicht genau sagen, was. Er blieb an der Ecke zur Filbert Street stehen, gleich unterhalb des Coit Tower auf dem Telegraph Hill, und blickte nach Westen über die Stadt. Auch hier war er als Jugendlicher gern gewesen. Im Gegensatz zu der Gegend um Columbus Avenue und Broadway, dem Herzen von North Beach mit seinen Restaurants und Clubs, dem starken Verkehr und den Neonreklamen, lagen hier oben fast ausschließlich ruhige Wohnstraßen. Er erinnerte sich, wie er manchmal spätabends hier gestanden hatte, die Transamerica Pyramid hinter ihm, der Coit Tower direkt über ihm. Er hatte auf die fernen Verkehrsgeräusche gelauscht und den Strom der Autoscheinwerfer beobachtet, der über die Golden Gate Bridge floss, und dann hatte er das Gefühl gehabt, als könnte das alles ihm gehören, nicht bloß diese Stadt, sondern Hunderte von Städten und Orten, die er sich in dem Augenblick kaum vorstellen konnte und von denen die glitzernden Viertel unter ihm und das endlose Dunkel des Pazifiks dahinter bloß eine Andeutung, ein Vorgeschmack waren.
    Und dann auf einmal wurde ihm klar, was ihn daran irritierte, in San Francisco zu sein. Wenn er als Kind hierhergekommen war, waren es Besuche gewesen, die Spaß gemacht hatten und aufregend waren, voller Begeisterung und Arglosigkeit und Optimismus. Doch er wusste, er hatte sich verändert, seit er die Bay Area verlassen hatte. Das war fast zwanzig Jahre her, und wer veränderte sich nicht in zwanzig Jahren? Bei dem ganzen Mist, den er gesehen und getan hatte, hatte er sich natürlich noch mehr verändert als die meisten. Jetzt jedoch, wo er wieder hier war, begriff er, dass der Mensch, der er einmal gewesen war, sich nicht bloß verändert hatte, sondern regelrecht verschwunden war. Zum allerersten Mal machte er sich Gedanken darüber, ob das Verschwinden des Menschen von damals ein Grund für seine Traurigkeit war.
    Er räusperte sich und spuckte aus. Es war dumm gewesen, wieder herzukommen. Tja, aber Alex hatte ihm auch wirklich keine große Wahl gelassen, oder?
    Er ging die Kearny Street hinunter und betrat dann das Molinari’s, ein italienisches Deli an der Ecke Columbus und Vallejo. Er kaufte ein paar

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