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Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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es die etwas gewundenere Strecke war und er so auf der Fahrt nach San Francisco mehr Zeit zum Nachdenken hatte. Aber jetzt war er obendrein froh über die Ausblicke, die sich ihm boten. Er hatte vergessen, wie schön die Strecke war. Die I-101 dagegen war schon in seiner Kindheit ein Schandfleck gewesen – eine endlose Aneinanderreihung von Reklametafeln und Lärmschutzwänden und Industriebauten, deren Rückseiten direkt bis an den Rand des Highways reichten.
    »Wieso nach San Francisco?«, fragte Sarah. »Wieso nicht in ein Hotel am Flughafen? Das wäre anonym, oder? Und auch an der I-101 gibt es Dutzende Hotels.«
    »Sie haben eben selbst gesagt, warum«, erwiderte Ben.
    »Weil es mir als Erstes eingefallen ist?«
    »Ganz genau. Wenn sie die Suche ausweiten, fangen sie als Erstes damit an.«
    Es gab noch einen zweiten, wichtigeren Grund, den Ben allerdings unerwähnt ließ. In San Francisco hatte er bessere Möglichkeiten, die Frau zu testen und jeden zu überrumpeln, der aufgrund der Informationen aktiv wurde, mit der er sie versorgen würde.
    »Ich weiß ja nicht, wie’s bei euch aussieht«, sagte Alex, »aber ich hab noch nicht gefrühstückt. Können wir vielleicht irgendwo haltmachen auf einen Kaffee, vielleicht mit einem Muffin?«
    »Von mir aus«, sagte Ben.
    »Ich kenn da ein gutes Café«, sagte Sarah. »Ritual Coffee Roasters, auf der Valencia Street, im Mission District. An der Ausfahrt San Jose Avenue runter, dann nach links auf –«
    »Ich kenne den Weg zum Mission District«, sagte Alex. »Sagen Sie mir einfach welche Querstraßen.«
    »Zwischen Twenty-first und Twenty-second.«
    Ben behagte es gar nicht, dass Sarah das Lokal ausgesucht hatte, aber ihm fiel kein Grund ein, Einwände zu erheben. Sie hatte kein Handy. Sie konnte niemanden über irgendwas informieren. Wenn also das Ritual Coffee Roasters keine Fassade für irgendeine diabolische Organisation war, der Sarah angehörte, dürfte ihnen dort eigentlich nichts passieren.
    Vorläufig.
    Ben fiel das Café gleich an dem Pulk Menschen davor auf – eine Warteschlange, die gut fünf, sechs Meter lang war, überwiegend Hipster in den Zwanzigern, mit Gesichtsbehaarung und Piercings oder beidem. Auf einem roten Schild über der Tür war mit weißen Umrissen eine Kaffeetasse dargestellt, mit einem Stern darüber, der Ben vage an die Flagge des kommunistischen China erinnerte. Sie brauchten zehn Minuten für die Parkplatzsuche, da die Straße zugeparkt war und Ben nicht wollte, dass Alex den Wagen im Halteverbot abstellte, auch wenn sie nicht lange weg sein würden. Hätte bloß noch gefehlt, dass ein gelangweilter Verkehrspolizist ihnen ein Knöllchen verpasste und haarklein notierte, wo und wann der Mietwagen falsch geparkt hatte.
    Ben schaute sich um, während sie in der Schlange standen. Die Gegend war abgefahren: zwei- und dreistöckige Häuser mit grünen und gelben und rosa Fassaden; Läden mit Namen wie Lost Weekend Video und Aquarius Records und Beadissimo; exotische Restaurants und kleine Geschäfte Seite an Seite mit einer Werkstatt für ausländische Autos, einem Waschsalon und einer »umweltfreundlichen« Reinigung, was immer darunter auch zu verstehen war.
    »Wehe, der Kaffee hier ist nicht Weltklasse«, sagte Ben.
    »Es lohnt sich«, sagte Sarah. »Sie werden sehen.«
    Die Schlange bewegte sich schneller, als er erwartet hatte. Es war laut drinnen – Musik, die mit einem dumpfen Rhythmus aus den Deckenlautsprechern hämmerte; das Raunen von fünfzig Unterhaltungen an verstreuten Tischen und auf Sofas und Hockern an der Bar; das Zischen von Espressomaschinen. Jeder dritte Gast benutzte einen Laptop, allesamt Macs, und die abwechslungsreiche Haarfarben-Palette umfasste sogar Fuchsia und Magenta. Insgesamt war das Café ein bisschen zu hip für Bens Geschmack, aber er musste zugeben, es hatte nichts Inszeniertes an sich, und der Duft nach frisch geröstetem Kaffee machte alles wieder wett, was ihn am Ambiente störte.
    Ein Typ hinter der Theke, ein Weißer von Mitte zwanzig mit Vollbart und Panamahut, lächelte in ihre Richtung. »Hey, Sarah«, sagte er, und Ben dachte:
Ich glaub’s nicht, sie ist hier bekannt?
    »He, Gabe«, sagte Sarah. »Das Übliche.«
    »Zwei davon an einem Tag? Nicht dass du noch süchtig wirst.« Gabe sah kurz zu Ben und Alex hinüber. »Und für deine Freunde …?«
    Alex bestellte einen Latte und einen Muffin; Ben, der seinen Ärger hinunterschluckte, entschied sich für etwas, das sich »Guatemaltekischer

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