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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nächsten nicht durchbrechen können. Etwas versperrte ihr den Weg, eine Mauer, auf die sie bisher nie gestoßen war, eine bösartige, hindernde Macht. Sie war sicher, daß Satan da war, hinten im Lieferwagen, und daß er sie daran hinderte, in das Geisterreich einzutreten. All ihre Gebete hatten nicht ausgereicht, um den Teufel zu vertreiben und sie Gott nahezu bringen, wie sie das gewünscht hatte.
    Für den Augenblick waren sie besiegt, und deshalb hatten sie angehalten, um die Nacht in dem Motel zu verbringen. Sie hatten zusammen im Coffeeshop das Abendessen eingenommen, und die meisten von ihnen waren zu müde und zu verängstigt, um viel zu essen oder zu re den. Dann waren sie in ihre separaten Zimmer gegangen, wie Mönche in ihre Zellen, um zu beten und nachzudenken und auszuruhen.
    Aber Grace fand keinen Schlaf.
    Ihr Bett war fest und bequem, aber sie wurde von Stimmen aus dem Geisterreich abgelenkt. Obwohl sie sich nicht in Trance befand, sprachen sie aus dem Jenseits zu ihr, rie fen ihr Warnungen zu, die sie nicht ganz verstand, stellten Fragen, die sie nicht ganz begriff. Dies war das erste Mal, seit ihr die Gabe zuteil geworden war, daß sie nicht fähig war, mit der Geisterwelt zu kommunizieren, und das bereitete ihr zugleich Enttäuschung und Angst. Sie hatte Angst, weil sie wußte, was dies bedeutete. Die Macht des Teufels auf Erden nahm schnell zu; sein Selbstvertrauen war zu solchen Ausmaßen angewachsen, daß er sich jetzt bedenkenlos zwischen Grace und ihren Gott stellen konnte.
    Das Zwielicht kam schneller als erwartet.
    Die Tore der Hölle öffneten sich.
    Obwohl sie die Stimmen der Geister nicht länger verstehen konnte, obwohl ihre Rufe gedämpft und verzerrt wa ren, entdeckte sie in ihnen eine Eindringlichkeit und wußte, daß vor ihnen der Abgrund gähnte.
    Vielleicht, wenn sie ausruhte, etwas Schlaf bekam, würde sie stärker werden und damit eher die Fähigkeit besitzen, die Barriere zwischen dieser Welt und der nächsten zu durchbrechen. Aber es gab keine Ruhe. Nicht in so verzweifelten Zeiten.
    Sie hatte in den letzten Tagen fünf Pfund abgenommen, und ihre Augen brannten vom fehlenden Schlaf. Sie sehnte sich nach Schlaf. Aber die unverständlichen Geisterstimmen fuhren fort, sie zu bedrängen, ein beständiger Strom von Stimmen war das, wie ein Wasserfall, wie eine Flut von Botschaften aus der anderen Welt. Ihre Eindringlichkeit steckte sie an, trieb sie an den Rand der Panik.
    Ihre Zeit wurde knapp. Der Junge wurde immer stärker.
    Zuwenig Zeit, um all das zu tun, was notwendig war.
    Zuwenig Zeit. Vielleicht gar keine Zeit.
    Sie war überwältigt, und dies nicht nur von den Stimmen, sondern auch von Visionen. Wie sie so im Bett lag und zu der dunklen Decke emporstarrte, gewannen die Schatten plötzlich Leben, und die Hüllen der Nacht verwandelten sich in lederne schwarze Schwingen, und etwas Scheußliches stieg von der Decke herab, fiel auf sie, flatternd und zischend, und spuckte ihr ins Gesicht, etwas Schleimiges, Kaltes mit einem Atem, der nach Schwefel stank. Sie würgte und schlug um sich und versuchte nach Hilfe zu rufen, aber ihre Stimme versagte ihr, so wie sie im Dienste Gottes versagt hatte. Ihre Arme wurden festgepreßt. Sie wand sich, bäumte sich auf. Harte Hände packten sie, kniffen sie. Schlugen sie. Eine ölige Zunge leckte über ihr Gesicht. Sie sah Augen, in denen purpurnes Feuer leuchtete, die sie anfunkelten, sah einen grinsenden Mund voll bösartig scharfer Zähne, eine Fratze aus einem Alptraum, die teilweise menschlich war und teilweise wie ein Schwein und teils wie das Gesicht einer Fledermaus. Endlich konnte sie wieder sprechen, aber nur im Flüsterton. Sie rief verzweifelt einige der Namen Gottes und die der Heiligen an und sprach jene heiligen Worte, die auf den Schattendämon Wirkung hatten; er löste sich ein Stück von ihr, seine Augen verloren etwas von ihrem Leuchten, der Gestank seines Atems wurde schwächer, und dann erhob er sich barmherzigerweise von ihr, schwebte zur Decke, wirbelte in eine von Schatten erfüllte Ecke des Zimmers.
    Sie setzte sich auf. Warf die zerknüllten Laken von sich. Rutschte an den Bettrand. Tastete nach der Nachttischlampe. Ihre Hände zittten. Ihr Herz hämmerte so heftig, daß der Schmerz sich über ihre ganze Brust ausbreitete und sie glaubte, ihr Brustbein würde jeden Augenblick zerbrechen. Schließlich knipste sie die Nachttischlampe an. Da kauerte kein Dämon im Raum.
    Sie knipste die anderen Lampen an, ging ins

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