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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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vielleicht in anderer Hinsicht dazu beigetragen hatte, Joeys seelischen Zustand zu verschlechtern.
    Sie hatte sogar angefangen, sich um die Überlebenschancen des Hundes Sorgen zu machen. Er hatte zwar ein dickes Fell, aber seidig, nicht etwa den dicken Pelz, wie ihn Wölfe oder andere in dieser Klimazone beheimatete Tiere besaßen. An den Haarspitzen, an seinen Flanken und am Bauch hatte sich bereits Schnee in Klumpen angehängt, ebenso an seinem Schweif und seinen Ohrspitzen. Dem Hund schien das jetzt noch nichts auszumachen, und ihm war auch nicht zu kalt, aber wie würde er sich in einer Stunde fühlen? In zwei Stunden? Auch seine Pfoten waren nicht für dieses unwirt liche Terrain geschaffen. Chewbacca war trotz allem ein Haustier, das bequeme Leben der Vorstadt gewöhnt. Bald würden seine Füße zerschunden sein und wehtun, und er würde zu hinken beginnen, und statt vor ihnen herzurennen, würde er hinter ihnen zurückbleiben.
    Wenn Chewbacca es nicht schaffte, wenn der arme Teufel hier draußen umkam, was würde das in Joey bewirken? Ihn vielleicht unwiderruflich in seine eigene, stumme innere Welt schicken?
    Ein paar Minuten lang hörte Christine ein fernes Summen hinter ihnen und wußte, daß das die Schneemobile sein mußten, die die obere Wiese erreicht hatten und sich der Hütte näherten. Diese beunruhigende Tatsache mußte auch durch Joeys Nebel gedrungen sein, weil er sich ein paar Minuten lang besondere Mühe gab, sich schneller bewegte, wie gehetzt bergauf krabbelte. Als das Geräusch der Schneemobile dann erstarb, war es auch um seine Energie geschehen, und er schlug wieder ein langsameres, gequälteres Tempo an.
    Sie erreichten den Kamm und hielten an, um Atem zu holen, aber keiner von ihnen sprach, weil das Reden Energie erforderte, die sie besser einsetzen konnten. Außerdem wa r da nichts zu reden, es sei denn, wie bald man sie einholen und töten würde.
    Ein paar Meter von ihnen entfernt löste sich etwas aus einem Gebüsch und jagte quer durch den Wald. Erschreckte sie.
    Charlie nahm den Karabiner von der Schulter.
    Chewbacca erstarrte, kläffte kurz und scharf.
    Es war nur ein Graufuchs.
    Er verschwand in den Schatten.
    Christine vermutete, daß er hinter irgendeinem Wild her
    war, einem Eichhörnchen vielleicht oder einem Schneehasen oder so etwas. Das Leben hier oben mußte im Winter hart sein. Dennoch galt ihre Sympathie nicht dem Fuchs, sondern seiner Beute. Sie wußte, wie es war, wenn man gejagt wurde.
    Charlie hängte sich die Waffe wieder über die Schultern, und sie setzten ihren mühsamen Marsch fort.
    Über ihnen, auf dem letzten Abhang vor dem obersten Kamm, wurden die Bäume dünner, und es lag mehr Schnee auf dem Boden, wenn auch nicht so viel, daß sie Schneeschuhe brauchten. Charlie fand einen Hirschwechsel, der der Route des geringsten Widerstandes zu der flachen Partie des Kammes folgte. Wo der Weg unvermeidbar durch Tiefschnee führte, der Joey vielleicht Schwierigkeiten bereitet hätte, hatten die Hirsche den Weg für sie freigetreten — seit dem letzten großen Sturm mußten Dutzende von ihnen hier durchgekommen und den Schnee mit den Hufen festgetrampelt haben —, und so konnte der Junge ohne größere Schwierigkeiten weitergehen.
    Chewbacca wurde unruhig, als er die Witterung der Hirsche aufnahm, die hier vor ihnen durchgekommen waren, und er fing zu winseln und zu knurren an, bellte aber nicht. Ihr fiel jetzt auf, daß er nicht mehr gebellt hatte, seit sie die Hütte verlassen hatten. Selbst als der Fuchs ihn erschreckt hatte, hatte er nur einen einzigen kläffenden Laut von sich gegeben, der aber nicht besonders weit getragen hatte, so als fühlte er, daß sein Bellen für die Hexe ein sicheres Orientierungsmittel gewesen wäre. Möglicherweise hatte er ein fach nicht mehr genug Energie, um gleichzeitig klettern und bellen zu können. Er sah auch schon etwas mitgenommen aus.
    Jeder Schritt nach oben vergrößerte nicht nur den Abstand zwischen ihnen und ihren Verfolgern, sondern schien sie zugleich auch in noch schlimmeres Wetter zu tragen. Sie hatten den Eindruck, als wäre der Winter eine geographische Realität und nicht nur ein atmosphärischer Zustand, eher ein Ort als eine Jahreszeit, und als würden sie immer tiefer in sein eisiges Territorium eindringen.
    Der Himmel schien nur Zentimeter von den Baumwipfeln entfernt. Aus dem leichten Schneegestöber waren jetzt dichte Flocken geworden, die zwischen den Fichten und Kiefern schräg auf sie heruntertrieben.

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