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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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ein mechanischer Herzschlag oder vielleicht wie das Klopfen einer Klaue auf Glas.
    Der Feuerschein beleuchtete das gelbe Bären-Totem an der Wand mit flackerndem Licht und ließ es tanzen. Willkommene Wärme strömte von dem lodernden Holzhaufen. Der natürliche Abzug funktionierte so, wie Christine das gehofft hatte, sog den Rauch in weiter oben liegende Kavernen, so daß die Luft bei ihnen rein blieb. Tatsächlich trocknete das Feuer sogar die feuchte Höhle etwas und beseitigte damit den größten Teil der unangenehmen muffigen Gerüche, die sie beim ersten Betreten wahrgenommen hatte.
    Eine Weile genossen sie einfach die Wärme, taten nichts, sagten nichts, ja versuchten nicht einmal zu denken.
    Nach einer Weile zog Christine die Handschuhe aus, schob sich die Kapuze vom Kopf und zog schließlich sogar die Jacke selbst herunter. Die Höhle war nicht gerade warm, und aus den umliegenden Kavernen zog es, aber ihr Flanellhemd und die Thermo -Unterwäsche reichten jetzt aus. Sie war auch Charlie und Joey beim Ausziehen ihrer Jacken behilflich.
    Dann gab sie Charlie wieder Tylenol. Sie löste seinen Verband, gab Antibiotika und schmerzstillende Mittel auf seine Wunde.
    Er sagte, er hätte kaum mehr Schmerzen.
    Sie wußte, daß er log.
    Der Ausschlag des Jungen begann jetzt zurückzugehen. Die Schwellung ließ nach, und sein verquollenes Gesicht gewann langsam wieder die richtigen Proportionen zurück. Seine Nase öffnete sich, und er brauchte nicht mehr durch den Mund zu atmen, obwohl er immer noch leicht keuchte, als wären seine Lungen noch etwas verstopft.
    Bitte, lieber Gott, keine Lungenentzündung, dachte Christine.
    Seine Augen öffneten sich weiter, aber sie waren immer noch beängstigend leer. Sie lächelte ihm zu, schnitt ein paar spaßige Grimassen, versuchte eine Reaktion von ihm zu bekommen, aber ohne Erfolg. Soweit sie das feststellen konnte, sah er sie überhaupt nicht.
    Charlie glaubte nicht, daß er Hunger hätte, bis Christine anfing, in dem Aluminiumtopf, der zu ihrem Kochgeschirr gehörte, Bohnen und Wiener Würstchen zu kochen. Der Duft, der aus dem Topf aufstieg, ließ ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen; sein Magen fing an zu knurren, und plötzlich zitterte er vor Hunger.
    Als er freilich zu essen begann, war er schnell satt. Sein
    Magen blähte sich auf, und das Schlucken bereitete ihm zu nehmend Schwierigkeiten. Der bloße Akt des Kauens verstärkte die Schmerzen in seinem Kopf, die bis zu seinem Hals und seiner Schulterwunde ausstrahlten, so daß auch dort der Schmerz zunahm. Schließlich verlor das Essen seinen Geschmack und schien ihm dann sogar bitter. Er aß etwa ein Viertel von dem, was er sich zuerst zugetraut hatte, und selbst dieses kärgliche Mahl bereitete ihm Magenschmerzen.
    »Mehr kriegst du nicht hinunter?« fragte Christine. »Ich nehme mir später noch einmal.«
    »Was ist denn?«
    »Nichts.«
    »Ist dir nicht gut?«
    »Nein, nein, ich bin schon okay. Nur müde.«
    Sie studierte ihn schweigend einen Augenblick lang; er quälte sich um ihretwillen ein Lächeln ab, und sie sagte: »Na schön, wenn du noch etwas haben willst, dann wärme ich es auf.«
    Während das flackernde Feuer die Schatten über die Wände huschen ließ, sah Charlie ihr zu, wie sie Joey fütterte. Der Junge war bereit zu essen und konnte auch schlucken, aber sie mußte die Würstchen und die Bohnen zerdrücken und ihm alles in den Mund löffeln, als würde sie einen Säugling füttern und nicht einen Sechsjährigen.
    Wieder überkam Charlie das düstere Gefühl der Niederlage.
    Der Junge war aus seiner unerträglichen Situation geflo hen, aus einer Welt reiner Feindseligkeit, hinein in ein Reich der Fantasie, das ihm vertrauter erschien. Wie weit hatte er sich in jene innere Welt zurückgezogen? Zu weit, um je wieder zurückzukommen?
    Joey wollte jetzt nichts mehr essen. Seine Mutter war unzufrieden, daß er so wenig gegessen hatte, schaffte es aber nicht, ihm auch nur noch einen Löffel voll aufzunötigen.
    Dann fütterte sie den Hund, der einen besseren Appetit als sein Herrchen hatte. Charlie wollte ihr sagen, daß sie sich nicht leisten konnten, Essen an Chewbacca zu vergeuden. Wenn auf den ersten Sturm ein zweiter folgte, wenn das Wetter ein paar Tage nicht aufklarte, würden sie ihre wenigen Vorräte rationieren müssen, und dann würde ih nen jeder Bissen leid tun, den sie dem Hund gegeben hatten. Aber er wußte, wie sehr sie die Courage und die Anhänglichkeit des Hundes bewunderte und

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