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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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verlieh? Wahrscheinlich. Ihr Wahnsinn blockte jeden Zweifel, jede Müdigkeit ab, ebenso wie er sie vor Schmerz abgeschirmt hatte, als sie sich die Hände und Füße durchbohrt hatte, um Stigmata vorzutäuschen.
    Gott stehe uns bei, dachte Christine.
    Die Alte stand reglos und ungebeugt da, arrogant und trotzig, als wollte sie Christine herausfordern, doch abzu drücken, und Christine spürte selbst auf diese Entfernung die unheimliche und magnetische Kraft, die von den Augen der alten Frau ausging. Doch sie erwies sich dem hypnotischen Blick gegenüber immun und feuerte einen Schuß ab, wobei der Revolver in ihrer Hand hochruckte. Sie verfehlte ihr Ziel, obwohl die Entfernung nicht groß war, drückte erneut ab, wunderte sich, daß sie auf so kurze Distanz auch das zweite Mal das Ziel verfehlte, versuchte einen dritten Schuß, stellte aber fest, daß die Munition zu Ende war.
    O Gott.
    Keine Kugeln mehr. Keine anderen Waffen. Herrgott. Nichts außer ihren bloßen Händen.
    Okay, ich kann es, ich kann es, mit bloßen Händen, ich werde das Miststück erwürgen, ihr den verdammten Kopf abreißen.
    Schluchzend, fluchend, unartikuliert kreischend, von einer Welle des Schreckens getragen, setzte sie dazu an, Gra ce Spivey anzuspringen. Aber der andere Zwielichter, der Riese, der inzwischen hinter ein paar Felsbrocken Deckung gefunden hatte, begann auf sie zu schießen. Schüsse peitschten und prallten rings um sie durchdringend pfeifend von den Felsen ab. Sie fühlte, daß Kugeln ganz nahe an ihrem Kopf durch die Luft pfiffen. Sie begriff sofort, daß sie Joey nicht helfen konnte, wenn sie tot war, also hielt sie in ne und drehte sich zum Höhleneingang um.
    Wieder ein Schuß. Steinsplitter spritzten auf.
    Sie war immer noch von Hysterie getrieben, aber all die manische Energie hatte plötzlich ein anderes Ziel, hatte sich von Wut und Blutgier abgewandt und konzentrierte sich jetzt ganz auf den Überlebensinstinkt. Während hinter ihr weitere Schüsse peitschten, taumelte sie zur Höhle zurück. Der Riese verließ seine Deckung und folgte ihr. Kugeln prallten neben ihr von der Felswand ab, und sie rechnete je den Augenblick damit, am Rücken getroffen zu werden. Dann hatte sie den Höhleneingang hinter sich, befand sich im ersten Abschnitt des Z-förmigen Ganges, war außer Sichtweite des Schützen und glaubte in Sicherheit zu sein. Aber ein letzter Schuß prallte von der Tunnelwand ab und fetzte in ihren rechten Schenkel, warf sie um. Sie ging zu Boden, landete hart auf der Schulter und spürte, wie Dunkelheit sie umfing.
    Sie kämpfte gegen den lähmenden Schock an, rang nach Atem, wehrte sich verzweifelt gegen die aufwallende Finsternis, die sie verschlucken wollte, und schleppte sich weiter.
    Sie nahm nicht an, daß sie gleich nachkommen würden. Sie konnten nicht wissen, daß sie nur eine Schußwaffe besaß und keine Munition mehr hatte. Sie würden vorsichtig sein.
    Aber sie würden kommen. Vorsichtig. Langsam.
    Nicht langsam genug.
    Sie waren unerbittlich wie eine Bande in einem Wildwestfilm.
    Sie schwitzte trotz der Kälte, keuchte, zog ihr Bein hinter sich her, als wäre es ein Brocken Beton, und erreichte schließlich die Höhle, wo Charlie und Joey im tanzenden Flammenschein des Feuers warteten.
    »O Gott, du bist angeschossen«, sagte Charlie.
    Joey sagte nichts. Er stand neben dem Feuer, und das flackernde Licht hüllte sein Gesicht in blutroten Schein. Er lutschte an seinem Daumen und beobachtete sie mit riesigen Augen.
    Sie griff sich an den Schenkel, spürte klebriges Blut und weigerte sich hinzusehen. Wenn es kräftig blutete, würde sie eine Aderpresse brauchen. Aber für Erste Hilfe war jetzt keine Zeit. Wenn sie sich die Zeit nahm, eine Aderpresse anzulegen, dann konnte es sein, daß Spivey oder der Riese in die Höhle trat und sie abknallte.
    Sie war noch nicht benommen und auch nicht mehr in Gefahr, die Besinnung zu verlieren, fühlte aber Schwäche aufkommen.
    Sie hielt immer noch die leergeschossene und jetzt nutzlo se Waffe in der Hand. Sie ließ sie fallen.
    »Schmerzen?« fragte Charlie.
    »Nein.« Das stimmte sogar; im Augenblick spürte sie kaum etwas, wußte aber, daß der Schmerz sich bald einstellen würde.
    Draußen schrie der Riese: »Gib uns den Jungen! Wenn ihr uns den Jungen gebt, lassen wir euch leben.«
    Christine ignorierte ihn. »Ich habe zwei von den Drecks kerlen erwischt«, sagte sie zu Charlie.
    »Wie viele sind noch übrig?« fragte er.
    »Zwei«, sagte sie, ohne weitere

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