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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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brennenden Ast in der linken Hand und stützte sich mit der anderen an der Wand ab, hinkte jetzt, anstelle zu hüpfen, weil das schneller ging, wagte es, das verletzte Bein ein wenig zu gebrauchen, obwohl sie jedesmal ein stechender Schmerz durchzuckte, wenn sie ihr Gewicht zu sehr auf den rechten Fuß verlegte. Obwohl der Schmerz immer noch im Gleichklang mit ihrem Puls pochte, war es nicht länger ein dumpfer Schmerz; es war ein brennender, stechender Schmerz, der mit jedem quälenden Schlag ihres Herzens schlimmer wurde.
    Einen Augenblick lang fragte sie sich, wieviel Blut sie wohl verlieren mochte, aber dann sagte sie sich, daß das jetzt wohl ohne Belang war. Wenn sie nicht viel verlor, würde sie vielleicht den Zwielichtern ein letztes Gefecht liefern können. Wenn sie zu viel verlor, wenn das Blut aus einer größeren Vene strömte oder aus einer angeritzten Arterie spritzte, dann hatte es ohnehin keinen Sinn, sich zu vergewissern, ob es so war, weil eine Aderpresse sie nicht retten würde, nicht hier draußen, meilenweit vom nächsten Arzt entfernt.
    Als sie das andere Ende der Kaverne erreicht hatte und neben dem Eingangstunnel stehenblieb, war ihr schwindelig. Es würgte sie, und der Geschmack von Erbrochenem drang ihr in den Mund, aber sie würgte es hinunter. Das flackernde Licht der Flammen verlieh der Höhle eine Formlosigkeit, so als befänden sich die Dimensionen und Konturen der Kaverne in einem dauernden Fließzustand, als wäre der Stein gar nicht Stein, sondern irgendein fremdartiges Plastikmaterial, das beständig schmolz und sich neu formte: Die Wände zogen sich zurück, rückten jetzt wieder näher, zu nahe, und zogen sich erneut zurück; plötzlich war der Fels dort, wo er eben noch konkav gewesen war, konvex; der Boden wölbte sich auf und glitt dann wieder herunter, daß es so aussah, als würde er ganz unter ihr wegtauchen.
    In ihrer Verzweiflung schloß sie die Augen, preßte sie fest zusammen, biß sich auf die Lippen und atmete tief, bis der Schwächeanfall verebbte. Als sie die Augen wieder aufschlug, war die Kaverne wieder massiv und unverändert. Sie fühlte sich relativ stabil, wußte aber, daß das eine brüchige Stabilität war.
    Sie preßte sich gegen die Wand, in eine Vertiefung neben dem Tunnel. Die Fackel in der linken Hand haltend, griff sie mit der rechten Hand in die Tasche und holte die Spritzdose mit der Feuerzeugflüssigkeit heraus. Sie hielt sie mit drei Fingern und der Handtasche fest, schraubte mit Daumen und Zeigefinger den Deckel ab, so daß die Plastiktülle jetzt freilag. Sie war bereit. Sie hatte einen Plan. Einen guten Plan. Er mußte gut sein, weil er der einzige Plan war, der ihr einfallen wollte.
    Wahrscheinlich würde der große Mann als erster die Höhle betreten. Er würde eine Waffe haben, wahrscheinlich denselben halbautomatischen Karabiner, den er draußen benutzt hatte. Er würde die Waffe vor sich halten, nach vorne gerichtet, in Hüfthöhe. Das war das Problem: ihn zu bespritzen, ehe er den Lauf auf sie richten und den Abzug betätigen konnte. Das würde er vielleicht in zwei Sekunden schaffen. Vielleicht in einer. Der Überraschungseffekt war ihre beste und einzige Hoffnung. Vermutlich rechnete er mit Schüssen, Messern — aber nicht damit. Wenn sie ihn in dem Augenblick, in dem er auftauchte, mit Feuerzeugflüssigkeit bespritzte, würde er vielleicht hinreichend verblüfft sein, um eine ganze Sekunde Reaktionszeit zu verlieren, und eine weitere Sekunde im Schock, wenn er die Flüssigkeit roch und begriff, daß er mit etwas leicht Entzündbarem bespritzt worden war. Und das war der Zeitpunkt, den sie nutzten mußte, um ihn in Brand zu stecken.
    Sie hielt den Atem an, lauschte.
    Nichts.
    Selbst wenn die Flüssigkeit nicht auf die Haut des Riesen kam, nur seinen Parka benetzte, würde er höchstwahrscheinlich erschreckt den Karabiner fallen lassen und nach dem Feuer schlagen.
    Sie atmete tief durch, hielt den Atem an, lauschte erneut.
    Immer noch nichts.
    Wenn sie es schaffte, ihm ins Gesicht zu spritzen, würde ihn nicht nur die Panik dazu veranlassen, die Waffe fallen zu lassen. Dann würde ihn unerträglicher Schmerz packen, wenn sich auf seiner Haut Blasen bildeten und das Feuer sich in seine Augen fraß.
    Rauch kräuselte von ihrer Fackel in die Höhe und wehte zur Decke, suchte einen Fluchtweg aus der Kaverne.
    Am anderen Ende des Raumes warteten Charlie, Joey und Chewbacca stumm. Der müde Hund hatte sich wieder hingelegt.
    Komm, Spivey! Komm,

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