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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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anrief?«
    »Nein. Nur ihre Stimme«, sagte Sherry. »Sie klang sehr nett.«

12
    Nach ihrer Vision schickte Mutter Grace alle ihre Jünger, mit Ausnahme von Kyle Barlowe und Edna Vanoff, weg. Dann rief sie von dem Telefon im Keller der Kirche aus die Detektivagentur an, die Joey Scavello und seine Mutter aufgesucht hatten, und sprach kurz mit dem Jungen. Kyle begriff nicht recht, welchen Sinn das hatte, aber Mutter Grace war sehr zufrieden.
    »Es reicht nicht aus zu töten«, sagte sie, »wir müssen ihn in Angst und Schrecken versetzen und ihn demoralisieren. Über den Jungen werden wir Satan selbst in Angst und Verzweiflung treiben. Wir werden dem Teufel endlich klarmachen, daß der liebe Gott nie zulassen wird, daß er über die Erde herrscht, und dann wird er schließlich seine bösen Plä ne und seine Hoffnungen auf ewigen Ruhm aufgeben.«
    Kyle hörte sie gerne so reden. Wenn er Mutter Grace zu hörte, wußte er, daß er, Kyle Barlowe, an den allerwichtigsten Ereignissen in der Geschichte der Welt beteiligt war. Ehrfurcht und Demut machten ihm die Knie weich.
    Grace führte Kyle und Edna zum anderen Ende des Kellersaales, wo in einer vertäfelten Wand geschickt eine Tür versteckt war. Hinter der Tür lag ein sechs mal acht Meter großer Raum. Er war voller Waffen.
    Ganz zu Anfang ihrer Mission hatte Mutter Grace eine Vision gehabt, in der sie gewarnt worden war, sie müsse, wenn das Zwielicht kam, bereit sein, sich mit mehr als nur mit Ge beten zu verteidigen. Sie hatte die Vision sehr ernst genommen. Dies war nicht die einzige Waffenkammer der Kirche.
    Kyle war schon viele Male hier gewesen. Die Kühle des Raumes und der schwache Geruch von Waffenöl war ihm angenehm. Am meisten Freude bereitete ihm die Erkenntnis, daß auf diesen Regalen Tod und Ve rnichtung harrten, wie ein böser Dschinn in einer Flasche, der nur darauf wartete, daß eine Hand den Stöpsel entfernte.
    Kyle mochte Waffen. Es bereitete ihm Freude, eine Pistole in seinen riesigen Händen zu halten, sie hin und her zu dre hen, die ihr innewohnende Macht zu fühlen, so wie ein Blinder in der Braille-Schrift die Bedeutung fühlt.
    Manchmal, wenn sein Schlaf besonders tief und dunkel war, träumte er davon, eine große Pistole in beiden Händen zu halten und sie auf Leute zu richten. Es war eine Magnum mit einer Mündung, die ihm so groß erschien wie die einer Kanone, und wenn die Waffe aufbrüllte, dann war es wie die Stimme eines Drachens. Jedesmal, wenn sie sich in seiner Hand aufbäumte, ging das wie ein elektrischer Schlag durch ihn, was ihm ungeheures Vergnügen bereitete.
    Eine Weile war er wegen dieser nächtlichen Fantasien besorgt gewesen, weil er dachte, der Teufel wäre doch noch nicht ganz aus ihm ausgetrieben. Aber dann erkannte er, daß die Leute in seinen Träumen die Feinde Gottes waren und daß es gut für ihn war, von ihrer Vernichtung zu träumen. Kyle war dazu bestimmt, ein Instrument göttlicher Ge rechtigkeit zu sein. Das hatte Grace ihm gesagt.
    Jetzt ging Mutter Grace in der Waffenkammer zu den Regalen links von der Tür. Sie nahm eine Schachtel herunter, öffnete sie und entnahm ihr den in Plastik gehüllten Revolver, der darin lag, legte die Waffe auf einen Tisch. Die Waffe, die sie ausgewählt hatte, war eine 38er Smith & Wessen Chief's Special, eine kurzläufige, höchst wirksame Waffe. Sie holte eine weitere Schachtel vom Regal, entnahm ihr ebenfalls eine Waffe und legte sie neben die erste.
    Edna Vanoff wickelte die beiden Waffen aus.
    Ehe der Tag um war, würde der Junge tot sein, und vermutlich würde eine dieser Waffen das Werkzeug zu seiner Vernichtung sein.
    Mutter Grace holte eine Remington Schrotflinte von einem der Regale und brachte sie zu dem Tisch.
    Kyles Erregung stieg.

13
    Joey saß in Charlies Sessel hinter dem großen Schreibtisch und trank eine Cola, die Charlie ihm gebracht hatte.
    Christine hatte wieder auf dem Besucherstuhl Platz genommen. Sie war sichtlich erschüttert. Ein paarmal sah Charlie, wie sie den Fingernagel zwischen den Zähnen hatte und fast zubiß, ehe ihr klar wurde, daß sie dann auf Acryl gebissen hätte.
    Er war darüber verärgert, daß man sie hier, in seinem Büro, erreicht und gestört hatte. Sie waren zu ihm gekommen, um Hilfe, um Schutz zu suchen, und jetzt waren sie beide wieder verängstigt.
    Auf der Schreibtischkante sitzend, den Blick auf Joey gerichtet, sagte er: »Wenn du nicht über den Anruf reden willst, verstehe ich das. Aber ich würde dir wirklich gerne ein

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