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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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erklärte, sie sei nicht von Belang. Er stellte erleichtert fest, daß sie recht hatte; die Kugel hatte sie nur gestreift und unmittelbar über der Hüfte eine fünf Zentimeter lange Spur hinterlassen. Eigentlich war es eher eine Schürfung als eine Wunde, denn die Hitze der Kugel hatte sie größtenteils kauterisiert; die Kugel steckte nicht, und die Blutung war schwach gewesen. Trotzdem hielten sie an einem vierundzwanzig Stunden geöffneten Supermarkt an und kauften dort Alkohol, Jod und Verbandmaterial. Charlie versorgte die Wunde, während Vince am Steuer saß und weiterfuhr. Sie wechselten von Straße zu Straße, fuhren wieder ein Stück zurück, kreisten durch die regengepeitschte Finsternis wie ein fliegendes Insekt, das zögerte, sich irgendwo niederzulassen, aus Angst, erschlagen und zerdrückt zu werden.
    Sie setzten jede nur mögliche Vorsichtsmaßregel ein, um sicherzustellen, daß man sie nicht verfolgte, und erreichten das Safe -House in Laguna Beach erst gegen ein Uhr morgens. Es lag auf halber Höhe einer stark ansteigenden Straße und bot den Blick über das Meer; es war klein, beinahe nur ein Bungalow, zwei Schlafzimmer und ein Bad, etwa vierzig Jahre alt, aber sehr gepflegt, mit einer Pergola über der vorderen Veranda, altmodischen Fensterläden und von Bougainvillea eingewachsen, die eine ganze Wand und den größten Teil des Daches bedeckte. Das Haus gehörte Henry Rankins Tante, die gerade in Mexiko Urlaub machte, und es bestand keine Gefahr, daß Grace Spivey oder jemand aus der Kirche des Zwielichts davon wissen konnte.
    Charlie wünschte, sie wären früher hierhergekommen, und machte sich Vorwürfe, daß er Christine und Joey erlaubt hatte, in ihr eigenes Haus zurückzukehren. Natürlich hatte er nicht wissen können, daß Grace Spivey so bald und so brutal zuschlagen würde. Einen Hund zu töten, war eine Sache, aber mit Schrotflinten bewaffnete Meuchelmörder auszusenden, sie rücksichtslos und brutal in eine stille Wohngegend zu schicken... nun, daß sie so verrückt war, hatte er sich nicht vorstellen können. Jetzt hatte er zwei seiner Männer verloren, zwei seiner Freunde. Er hatte Pete Lockburn neun Jahre gekannt, Frank Reuther sechs - und hatte sie beide sehr gern gehabt. Obwohl er wußte, daß er an dem, was geschehen war, keine Schuld trug, machte er sich dennoch Vorwürfe.
    Er gab sich große Mühe, das Ausmaß seiner Wut und seines Leids in sich zu verbergen, weil er Christine nicht noch mehr beunruhigen wollte. Sie war wegen der Morde bedrückt und schien fest entschlossen, sich selbst einen Teil der Schuld zu geben. Er versuchte mit ihr zu argumentieren: Frank und Pete hatten das Risiko gekannt, als sie den Job übernahmen; wenn sie Klemet-Harrison nicht engagiert hätte, wären die Leichen, die jetzt zur Leichenhalle unterwegs waren, die von ihr und Joey; also hatte sie richtig gehandelt, indem sie Hilfe suchte. Doch trotz aller Argumente konnte sie ihr finsteres Gefühl der Verantwortung nicht abschütteln.
    Joey war im Wagen eingeschlafen, also trug Charlie ihn durch den immer noch heftigen Regen und durch die feuchte nächtliche Stille der Hügel von Laguna ins Haus. Er legte ihn im Elternschlafzimmer auf das Bett, und der Junge regte sich überhaupt nicht, murmelte nur leise im Schlaf und seufzte. Charlie und Christine zogen ihn gemeinsam aus und deckten ihn zu.
    »Ich denke, es macht nichts, wenn er einmal einen Abend auf das Zähneputzen verzichtet«, sagte sie besorgt.
    Charlie konnte sein Lächeln nicht unterdrücken, und sie sah ihn lächeln und schien erst jetzt zu begreifen, wie lä cherlich es war, sich um Zahnpflege zu sorgen, nur Stunden, nachdem der Junge drei Mördern entkommen war.
    Sie wurde rot und sagte: »Ich denke, wenn Gott ihn vor den Kugeln behütet hat, wird er ihn auch vor Paradontose schützen, wie?«
    »Die Wette würde ich halten.«
    Chewbacca ringelte sich neben dem Bett ein und gähnte herzhaft. Er hatte ebenfalls einen harten Tag hinter sich.
    Vince Fields kam an die Tür und sagte: »Wo wollen Sie mich haben, Boß?«
    Charlie zögerte, mußte wieder an Pete und Frank denken. Er hatte sie in die Schußlinie gebracht und wollte jetzt nicht auch noch Vince aufs Spiel setzen. Aber es war natürlich albern, so zu denken; schließlich konnte er Vince nicht gut sagen, er solle sich im Küchenschrank verstecken, wo er sicher sein würde. Vince' Beruf bestand darin, wenn nötig, in der Schußlinie zu sein; Vince wußte das, und Charlie wußte es, und

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