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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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ihre Sorge bezog. Er hörte auf, Chewbacca mit einem Stück Schinken zu necken, und legte eine seiner kleinen Hände auf Christines Arm, als würde er sie damit beruhigen, so wie er es bei Charlie gesehen hatte, und sagte: »Mach dir keine Sorgen, Mama. Die sind bestimmt in Ordnung. Wenn Charlie sie schickt, sind sie das ganz sicher.«
    »Die besten«, pflichtete George ihm bei.
    Joey wandte sich zu George und meinte: »Hey, erzählen Sie Mama doch die Geschichte von der sprechenden Giraffe und der Prinzessin, die kein Pferd hatte.«
    »Ich bezweifle, daß deine Mutter sich für solche Geschichten interessiert«, sagte George und lächelte.
    »Dann will ich sie noch einmal hören«, bat Joey. »Bitte.«
    Während George das Märchen erzählte, bei dem es sich um ein Eigenprodukt zu handeln schien, wandte sich Christines Aufmerksamkeit wieder dem regnerischen Tag draußen zu. Irgendwo dort draußen waren schon zwei von Charlies Leuten unterwegs, und in ihr wuchs die Überzeugung, daß wenigstens einer von ihnen ein Jünger dieser Spivey-Sekte war.
    Paranoia. Sie wußte, daß die Hälfte ihres Problems psychologischer Natur war. Sie machte sich unnötige Sorgen. Charlie hatte sie davor gewarnt. Sie würde weder Joey noch sich selbst nützen, wenn sie anfing, in jedem Schatten eine Gefahr zu wittern. Es war nur das verdammte, lausige Wetter, das sie einengte, der Regen und der Morgennebel, die sie wie ein Leichentuch einhüllten. Sie fühlte sich beengt, und ihre Fantasie machte Überstunden.
    All das war ihr bewußt.
    Doch das änderte nichts. Sie konnte sich ihre Ängste nicht ausreden. Sie wußte, daß etwas Schlimmes passieren würde, wenn die zwei neuen Männer auftauchten.

30
    Am Dienstagmorgen um acht traf sich Charlie mit Henry Rankin vor der Kirche des Zwielichts: Es war ein Bau im spanischen Stil mit Mosaikfenstern, einem roten Ziegeldach, zwei Glockentürmen und einer breiten Treppe, die zu sechs massiven Eichentüren hinaufführte. Der Regen peitschte gegen die Türen, strömte über die Treppenstufen und sammelte sich auf dem zersprungenen Pflaster in öligen Pfützen. Die Türen hätten eine neue Lackierung brauchen können und der Bau neuen Verputz; er war schäbig und vernachlässigt, aber das paßte zu der Umgebung, die schon seit Jahrzehnten im Abstieg begriffen war. Die Kirche war einmal der Sitz einer Presbyterianerkongregation gewesen, die zehn Straßen nach Norden gezogen war, an einen neuen Ort, wo es nicht so viele leerstehende Geschäftslokale, Pornoläden und zerfallene Häuser gab.
    »Du siehst ziemlich ausgepumpt aus«, sagte Henry. Er stand mit einem großen schwarzen Regenschirm in der Hand am Fuß der Kirchentreppe und sah Charlie mit gerunzelter Stirn entgegen, als dieser, ebenfalls mit einem Regenschirm in der Hand, herankam.
    »Ich bin erst um halb vier ins Bett gekommen«, erklärte Charlie.
    »Ich hatte versucht, die Verabredung für später zu tref fen«, sagte Henry. »Aber sie hatte nur jetzt Zeit.«
    »Das ist schon in Ordnung. Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, wäre ich bloß dagelegen und hätte die Decke angestarrt. Hat die Polizei gestern mit ihr gesprochen?«
    Henry nickte. »Ich habe heute schon am frühen Morgen mit Lieutenant Carella gesprochen. Sie haben die Spivey verhört, aber sie hat alles geleugnet.«
    »Glaubt man ihr?«
    »Sie sind argwöhnisch, allein schon deshalb, weil sie mit diesen Sekten immer Probleme haben.«
    Jedesmal, wenn auf der Straße ein Wagen vorbeifuhr, zischten dessen Reifen auf dem feuchten Asphalt wie eine aufgeschreckte Schlange.
    »Hat man die Namen der drei toten Männer herausfinden können?«
    »Bis jetzt noch nicht. Was die Waffen angeht, so stammen die Seriennummern aus einer Sendung, die ein Großhändler in New York vor zwei Jahren an eine Kette von Sportgeschäften im Südwesten geschickt hat. Die Sendung ist nie eingetroffen. Ein Raubüberfall. Also sind die Waffen auf dem schwarzen Markt erworben. Keine Chance herauszu finden, wer sie ge- oder verkauft hat.«
    »Die verwischen ihre Spuren gut«, sagte Charlie. Es war Zeit, mit Grace Spivey zu reden. Nicht, daß er sich auf das Gespräch freute. Er hatte keine Geduld für das psychotische Geschwätz, das man von diesen Sektierern häufig zu hören bekam. Außerdem war nach dem, was gestern nacht geschehen war, alles möglich; vielleicht riskierten sie sogar einen Mord in ihrem eigenen Gebäude.
    Er blickte zu seinem Wagen hinüber, der am Bordstein parkte. Einer seiner Männer,

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