Todesdrang: Thriller (German Edition)
begann, die Reste ihres Einkaufs einzusammeln. »Wo wolltest du denn in diesem Aufzug so eilig hin?«
»Ach …«, stammelte Dirk und blickte an seinem Pyjama herunter, »nirgendwohin, ich dachte nur, ich hätte diesen streunenden Köter aus der Nachbarschaft wieder auf unserem Grundstück gesehen.« In gewisser Weise, dachte er, traf das sogar zu.
Nachdem Anke die Lebensmittel in der Tüte verstaut hatte, erhob sie sich und deutete auf das Papier in Dirks Hand. »Was ist das?«
Reflexartig senkte sich Dirks Hand. »Nichts, nur ein Werbebrief«, erwiderte er. »Da will uns mal wieder jemand einen Kredit aufschwatzen.«
»Na, dann ist er ja bei dir an der richtigen Adresse, was?«, sagte sie, ohne dabei ihre Skepsis verbergen zu können.
Sie reichte ihm auch die zweite Tüte. »Sei so nett und bring die Einkäufe rein, ich fahre nur schnell den Wagen in die Garage.«
Nachdem Dirk die Tüten auf dem Küchentisch abgestellt hatte, blickte er abermals auf das Schreiben, das er noch immer in der Hand hielt. Es war ein Fehler gewesen, die Tür zu öffnen.
… er spiegelt Ihre Zukunft wider!
Obwohl sich ein mulmiges Gefühl in seinem Magen breitmachte, hielt er das Ganze nach wie vor für einen schlechten Scherz. Er beschloss, Anke nichts davon zu erzählen, um sie nicht unnötig zu beunruhigen. Dann zerknüllte er die Nachricht und warf sie in den Abfalleimer. Dieser Tag hatte zu gut begonnen, als dass er ihn sich durch diesen Wisch würde verderben lassen. Er widmete sich wieder den Einkäufen und nahm sich vor, nicht länger einen Gedanken daran zu verschwenden.
Dies war der zweite Fehler, den Dirk Bukowski an diesem Morgen beging.
Nach dem Mittagessen begab sich Dirk in die Garage, um das Versprechen einzulösen, das er seinem Nachbarn gegeben hatte. Da sich seine handwerklichen Fähigkeiten auf das gelegentliche Anstreichen von Wänden oder Zäunen beschränkten, besaß er an Werkzeug nicht viel mehr als einen handelsüblichen Werkzeugkasten, den er kaum benutzte, ein paar Pinsel und Farbrollen, eine kleine Axt und einen Spalthammer. Und natürlich die orangefarbene Kettensäge samt dem vorgeschriebenen Schutzanzug, der an einer Aufhängung an der Wand befestigt war. Nachdem Dirk den grünen Anzug angelegt hatte, füllte er die nötige Menge Zweitaktmischung in den Tank und wiegte die Säge andächtig in den Händen. Diese kleine Maschine war so ziemlich das einzige Werkzeug, das er wirklich beherrschte. Er mochte die körperliche Arbeit im Freien, da sie für ihn eine willkommene Abwechslung vom Büroalltag darstellte. Daher genoss er die alljährlichen Fahrten in die angrenzenden Wälder, wo er Ruhe und Einsamkeit fand, während er die Holzreserven für den heimischen Ofen aufstockte. Wie es aussah, hatte der Sturm in diesem Jahr die Holzsaison vorverlegt. Er klemmte sich den signalroten Schutzhelm unter den Arm und machte sich auf den Weg zu Niklas Webers Haus.
Es dauerte etwas mehr als zwei Stunden, bis die Überreste des Baumes zerkleinert, gespalten und zum Trocknen in einem Unterstand neben der Terrasse gestapelt waren. Anschließend hockten die beiden auf zwei kniehohen Baumstümpfen, die Niklas für dekorative Zwecke in seinem Garten verwenden wollte.
»Saubere Arbeit«, sagte er und betrachtete zufrieden die zwei Reihen Holz an seiner Terrassenwand. »Du kannst wirklich gut mit dem Ding umgehen. Der Aufkleber da hat mich anfangs ziemlich irritiert.«
Dirk sah auf den kreisrunden gelben Aufkleber, der seitlich am Gehäuse der Säge angebracht war. Darauf war ein kindlicher Schutzengel mit Heiligenschein abgebildet, der mit einem Stab Feenstaub versprühte. »Der ist von Kevin. Nur für alle Fälle, hat er gesagt.« Er lachte.
»Kluges Bürschchen, dein Sohn«, sagte Niklas. »Man kann nie vorsichtig genug sein.« Er kramte ein Päckchen Zigarillos aus der Tasche seiner mit alten Teerflecken überzogenen Arbeitsjacke. »Ich gehe mal davon aus, dass ich dir keine hiervon schmackhaft machen kann?« Er hielt ihm das Päckchen hin.
»Nein, danke. Mein Ofen ist der Einzige, der in unserem Haus raucht.«
Niklas grinste, wobei sich tiefe Falten in sein wettergegerbtes Gesicht gruben. »Immerhin hat der keinen Arzt, der ihm das verbieten will.« Er zündete sich einen der braunen Stängel an und schob sich seine Franzosenmütze aus dem Gesicht. »Sag bloß meiner Frau nichts davon, sonst darf ich heute Nacht wieder auf der Couch schlafen, was meiner Hüfte gar nicht gut bekommt.«
»Es wird nicht
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