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Todesdrang: Thriller (German Edition)

Todesdrang: Thriller (German Edition)

Titel: Todesdrang: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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seine Unterdrücker zu wehren. Es war nicht nur eine simple Emotion, die sich wie eine Welle auftürmte, um dann wieder zu verebben. Es war der stetig anwachsende Drang, etwas zerstören zu wollen, es unwiederbringlich zu vernichten.
    Wenige Augenblicke später saß er auf Fettsacks schwammiger Brust und schlug wie im Rausch auf dessen aufgedunsenes Gesicht ein, bis es aus jeder Pore zu bluten schien. Er weidete sich an den Schmerzensschreien des Jungen, wollte nicht, dass sie verstummten. Doch allmählich gingen sie in ein armseliges Winseln über. Er hörte auf, ihn zu schlagen, hoffte, dass sich sein Opfer erholen würde, sodass er es von Neuem zum Schreien bringen konnte. Aber Fettsack lag bloß wehrlos da und stöhnte. Also packte er den kleinen goldenen Ring, den dieser schwabbelnde Klumpen Dummheit in seinem linken Ohrläppchen trug, und riss ihn mit einem ratschenden Geräusch aus dem Fleisch.
    Trick und Track, die ihm eigentlich körperlich überlegen waren, traten entsetzt einige Schritte zurück, als sie den Ausdruck in seinen Augen sahen. Es war der Blick eines tollwütigen Tieres, mit dem er sie betrachtete, während er den blutigen Ohrring wie eine Trophäe hochhielt und sich erneut an den Schreien des Jungen unter ihm ergötzte. Schließlich wandten sich die beiden ab und liefen davon.
    Von diesem Tag an ließen sie ihn in Ruhe. Auch die anderen Kinder hielten einen respektvollen Abstand zu ihm ein. Niemand traute sich, ihn auch nur anzusprechen. Eine Zeitlang genoss er die Furcht der anderen, doch dann wurde der Drang in ihm wieder stärker, und er wünschte sich – sehnte es geradezu herbei –, dass ihn jemand herausforderte. Es war wie ein Feuer, das in ihm entfacht worden war und das nun nach neuer Nahrung gierte. Und er wusste auch schon, wie er die Flammen neuerlich anheizen konnte. Mit Peter Normann, einem Jungen aus der Abschlussklasse. Er war groß, athletisch, Spielführer der Fußballmannschaft und wurde von den Mädchen vergöttert. In der Hackordnung der Schule stand er ganz oben. Und genau wie die meisten anderen, die eine solche Stellung einnahmen, wusste auch er sie für seine Zwecke zu missbrauchen. Denn genau wie Fettsack schien auch Normann sich einen Spaß daraus zu machen, vermeintlich schwächere Kinder zu schikanieren und sich über sie lustig zu machen, um dadurch seinen eigenen Status zu stärken. Auf eine ihm unerklärliche Weise fühlte er sich diesen Kindern gegenüber verpflichtet, sah in ihnen Gleichgesinnte. Der Drang, Peter Normann wehzutun, ihn schreien und winseln zu hören, stieg ins schier Unermessliche. Doch er musste notgedrungen lernen, sich zu zügeln, da der Zusammenstoß mit Fettsack nicht ohne Folgen für ihn geblieben war.
    Der Schuldirektor hatte ihn dazu verdonnert, mit einem Psychologen zu sprechen. Einem älteren Mann mit Glatzkopf und schwarz geränderter Brille. Es war zwar nicht allzu schwer gewesen, diesem Quacksalber das zu erzählen, was er hören wollte, aber es ekelte ihn aufgrund der Heuchelei vor sich selbst. Er spielte den reumütigen Verfolgten, der sich nur zu wehren versucht hatte und dabei versehentlich zu weit gegangen war. Immerhin gelang es ihm dadurch, diesen neugierigen Spinner davon zu überzeugen, dass er kein Schläger war. Diese Erfahrung verdeutlichte ihm zum ersten Mal, wie manipulierbar Menschen im Grunde waren. Und auch, dass er anscheinend ein gewisses Talent dazu besaß. Nur Bernd Mahlbach, den Direktor der Schule, konnte er nicht hinters Licht führen. Immer wieder stellte er ihm nach und beobachtete ihn in den Unterrichtspausen. Er befragte die Lehrer nach eventuellen Auffälligkeiten in seinem Verhalten. Und einmal die Woche bestellte er ihn in sein Büro, um ihn persönlich ins Kreuzverhör zu nehmen. Er habe das Böse in seinen Augen gesehen, hatte er ihm erklärt. Und seiner Meinung nach sei es nur eine Frage der Zeit, bis es wieder hervorbrechen würde. Er würde ihn im Auge behalten.
    Dieser aufgeblasene Mistkerl ahnte ja nicht, wie recht er damit hatte. Denn der Drang wurde mächtiger, und das Feuer der Vergeltung loderte unaufhörlich in ihm.
    Es war etwa zu dieser Zeit, als in seiner unmittelbaren Nachbarschaft mehrere Haustiere als vermisst gemeldet wurden. Kleinere Hunde, Katzen und schließlich ein Kaninchen, das er aus einem Gehege im Garten eines Einfamilienhauses entführt hatte. Er hatte das wehrlose Tier in seinen Rucksack gepackt und war mit dem Rad in den angrenzenden Wald gefahren. Dort schnitt er ihm

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