Todesdrang: Thriller (German Edition)
Sie die Finger von meinem Sohn!«
»Das dürfte mir zugegebenermaßen schwerfallen. Denn nur, weil ich Sie auf die Machenschaften Ihres Mannes hingewiesen habe, heißt das nicht, dass ich seine Neigungen nicht teile.«
»Sie verdammtes Schwein«, fauchte Anke. »Wenn Sie ihm auch nur ein Haar krümmen, bringe ich Sie um!«
»Ich kann es kaum erwarten«, sagte der Mann. »Zwei zum Preis von einem. Mal sehen, wer von uns zuerst zum Zug kommt.«
Dann klickte es in der Leitung.
»Nein!«, schrie Anke panisch. »Legen Sie nicht auf! Ich tue alles, was Sie wollen … Hören Sie? …« Ihre Hände zitterten, als keine Reaktion auf ihr Flehen erfolgte. Wie in Trance ließ sie das Telefon auf den Boden fallen und rannte nach draußen zum Auto.
Mit blockierenden Reifen kam der Kombi wenige Minuten später vor der Kindertagesstätte zum Stehen. Panisch stürzte Anke aus dem Auto, ohne die Tür zu schließen. Nur mit Hausschuhen an den Füßen und einer weißen Bluse und Jeans bekleidet, rannte sie auf das Gebäude am Anfang der Klosterstraße zu. Die beißende Kälte, die mit jedem Atemzug in ihre Lungen strömte, nahm sie nicht wahr. Sie kannte nur ein Ziel. Wie von Sinnen stürmte sie durch den Eingang, vorbei an dem Verwaltungsbüro und Dutzenden von Kleiderhaken, an denen bunte Kinderjacken und Rucksäcke hingen, geradewegs auf die geschlossene Tür zu, hinter der die Gruppe ihres Sohnes betreut wurde. Ohne zu zögern, stieß sie sie auf.
Die Betreuerin, die mit zwei malenden Kindern an einem runden Tisch saß, erschrak.
Ankes Blick schwenkte hektisch hin und her, suchte jeden Winkel des Raumes nach ihrem Sohn ab. »Wo ist Kevin?«, schrie sie.
Die Betreuerin fasste sich und deutete zögernd in eine der hinteren Ecken des Raumes. »Er ist dahinten, in der Spielecke«, stammelte sie. »Stimmt etwas nicht, Frau Bukowski?«
Ohne auf die Frage einzugehen, rannte Anke in den hinteren Teil des Zimmers, der mit bunten Sitzkissen und Spielzeugen übersät war. Mittendrin saß Kevin. Er belud die Schütte eines Holz- LKW s mit Bauklötzen. Ein Anblick, der ihren rasenden Puls ein wenig beruhigte. Sie umarmte ihren Sohn, küsste ihn und fragte ihn immer wieder, ob alles mit ihm in Ordnung sei.
»Ja, Mama«, beteuerte Kevin, dem das übertrieben fürsorgliche Verhalten seiner Mutter im Beisein seiner Freunde sichtlich peinlich war.
»Frau Bukowski?«, erklang die verunsicherte Stimme der Betreuerin hinter ihr. »Gibt es ein Problem?«
»Bitte entschuldigen Sie diesen Überfall, Frau Mildner«, entgegnete Anke. Sie zitterte noch immer am ganzen Körper. »Ich werde Kevin heute früher mit nach Hause nehmen.«
»Wie Sie meinen, aber …«
»Hat heute irgendjemand nach ihm gefragt?« Sie erhob sich und nahm ihren Sohn bei der Hand. »Ein Mann vielleicht, der sich als Bekannter ausgegeben hat?«
Die Betreuerin dachte kurz nach. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, wir waren den ganzen Vormittag hier drin.«
Anke atmete erleichtert auf.
»Sie sind ja völlig außer sich«, sagte die Frau. »Was ist denn passiert?«
Anke überlegte einen Augenblick, ob sie Frau Mildner von dem Anruf erzählen sollte. Sie fürchtete, für verrückt erklärt zu werden. Schließlich war sie ohne nachvollziehbaren Grund in den Gruppenraum gestürmt und hatte mit ihrem Verhalten vermutlich sämtliche Kinder verängstigt. Verstohlen blickte sie auf ihre rosafarbenen Hausschuhe hinab. »Schon gut. Es ist nichts«, erwiderte sie. »Ich habe wohl etwas überreagiert.« Sie zwang sich zu einem müden Lächeln. »Wir machen uns dann mal besser auf den Weg.«
»Wie Sie meinen«, entgegnete die Betreuerin argwöhnisch, während Anke mit Kevin hinauseilte.
Anke bemerkte sofort, dass mit dem Wagen etwas nicht stimmte, als sie auf die Hauptstraße einbog und mit überhöhter Geschwindigkeit in Richtung Stadtgrenze fuhr. In jeder Kurve gab er ein kratzendes Geräusch von sich und ruckelte. Doch sie ignorierte beides, wollte nur noch weg. Ihre innere Stimme sagte ihr, dass sie zu Hause nicht mehr sicher waren. Schließlich wusste dieser Mann nur zu gut, wo sie wohnten. Er hatte bereits vor ihrer Haustür gestanden! Sie brauchten also ein Versteck. Nicht auszudenken, wenn Kevin etwas passiert wäre.
Sie passierten den Kreisel an der Ortsausfahrt. Wieder dieses kratzige Geräusch und das Ruckeln am Lenkrad.
»Wo fahren wir denn hin?«, fragte Kevin, der festgeschnallt auf der Rückbank in seinem Kindersitz saß und vor sich hin schmollte.
»Zu Kerstin
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