Todesdrang: Thriller (German Edition)
auch die gläserne Terrassentür offen stand. Er schaltete das Licht wieder aus und ging zurück in den Flur und in die übrigen Räume. Küche, Waschraum, Abstellkammer, Gäste- WC … Überall offene Türen und Fenster und halb geschlossene Rollos. Vor der breiten Steintreppe, die zum Obergeschoss führte, blieb er stehen.
Verschwinde von hier, und zwar schnell , sagte er sich. Das ist eine Falle, und du weißt es!
Ja, er spürte eine unterschwellige Bedrohung, die ihn wie ein kalter Windhauch umfing und seinen Puls in die Höhe trieb. Dennoch ging er weiter die Stufen hinauf.
Als er in der Mitte der Treppe angekommen war, nahm er einen metallischen Geruch wahr. Je weiter er nach oben ging, desto intensiver wurde er.
Es war der Geruch von Blut und Tod.
Dirk redete sich ein, dass die Angst, die unaufhaltsam von ihm Besitz ergriff, seinen Sinnen einen bösen Streich spielte. Die Wände schienen zu pulsieren, jeder Schatten wirkte dunkler, jede Farbe greller. Doch als er den oberen Treppenabsatz erreichte, holten ihn die Spuren, die er auf dem mit Laminat ausgelegten Boden entdeckte, schlagartig in die Realität zurück.
Blutige Schuhabdrücke. Und sie waren über den gesamten Gang verteilt.
Dirk merkte, wie die Kraft aus seinen Fingern wich, sodass ihm beinahe das Messer aus der Hand geglitten wäre.
Verschwinde! Mach, dass du hier wegkommst!
Doch er zwang sich dazu, diesem Fluchtimpuls zu widerstehen. Er würde niemanden hier antreffen, der noch am Leben war, so viel war sicher. Aber was immer dieser Irre ihm hier hinterlassen hatte, es würde bestimmt nicht zu seiner Entlastung beitragen. Die Polizei würde diese Adresse überprüfen, sobald sie die Nummer des Anrufers ermittelt hatte. Und Dirk musste auf jeden Fall wissen, was sie hier vorfinden würde.
Er sammelte all seinen verbliebenen Mut und ging weiter. Vier Türen gingen vom Flur ab. Sie standen allesamt offen, und Licht fiel durch sie herein. Zu seiner Rechten befand sich das Badezimmer, in dem er einige mit Blut getränkte Handtücher sah, die ordentlich auf ihren Haltern hingen. Auch die beiden Waschbecken waren mit rötlichen Schlieren und Flecken übersät. Wie es aussah, hatte der Kerl sich hier gesäubert, nachdem …
Dirk wollte es sich nicht ein weiteres Mal vorstellen. Der metallische Geruch war jetzt so allgegenwärtig, dass er ihn schmecken konnte. Trotz der Kälte, die durch das geöffnete Dachfenster hereinströmte, stand ihm der Schweiß auf der Stirn. Als er das Badezimmer schließlich betrat und in die Badewanne sah, musste er sich sogleich wieder abwenden und den unverzüglich einsetzenden Brechreiz unterdrücken.
In der Badewanne lagen die Überreste von Christian Kuhn. Blutige Stümpfe, Arme, Beine … Nur der Torso fehlte. Es sah aus wie ein grindiger Trog mit Schlachtabfällen.
Dirk hastete hinaus in den Flur, hielt sich die Hand vor den Mund und begann kräftig zu husten.
Was hast du erwartet: ein Musterhaus für Schöner Wohnen? Also reiß dich verdammt noch mal zusammen!
Er durfte jetzt nicht die Kontrolle über sich verlieren.
Dirk fiel auf, dass sich die Blutspuren auf dem Boden vom Badezimmer aus in Richtung der zwei gegenüberliegenden Räume verteilten. Obwohl er nicht mehr damit rechnete, auf einen Angreifer zu stoßen, trug er das Messer in seiner Hand wie einen Schutzschild vor sich her, als er eines der Zimmer auf der linken Seite betrat. Es war das Schlafzimmer. Und was er dort sah, verschlug ihm den Atem.
Auf dem Bett, hinter dem sich die in milchigem Grün gestrichene Dachschräge erhob, lag der nackte Leichnam von Peter Brunner. Arme und Beine waren zu beiden Seiten an die Bettpfosten gefesselt. Seine bleiche Haut war mit Striemen und blauen Flecken übersät. Um seinen Lendenbereich herum war das Laken mit Blut und Fäkalien getränkt. An der Stelle, an der sich einmal Brunners Genitalien befunden hatten, war nur noch ein glatter, dunkelroter Fleck zu erkennen. Seine Geschlechtsteile steckten in seinem weit aufgerissenen Mund. Doch sosehr Dirk dieser Anblick entsetzte, irritierend fand er vor allem Brunners Haare.
Sie waren gelb.
Und auf dem Kopfkissen neben ihm lag eine gelbe Farbsprühdose, die Dirk bekannt vorkam. Vermutlich stammte sie auch aus seiner Garage.
Die Farbe des Wahnsinns , sagte eine Stimme in Dirks Kopf, die nun nicht mehr wie seine eigene klang. Sie hatte den Charakter einer Bandansage angenommen. Fassungslos starrte Dirk auf den geschundenen Körper, der offensichtlich über
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