Todesdrang: Thriller (German Edition)
dunklen Flecken vor seinen Augen verschwunden waren. Mühsam richtete er sich auf. Als er nach oben sah, entdeckte er blutige Schlieren in den Schneeresten des Daches. Zunächst hielt er es für sein eigenes Blut, doch dann realisierte er, dass es von dem Blut an seinen Schuhen stammen musste. Zwar schmerzten sein rechter Fuß und die Schulter höllisch, doch es schien nichts gebrochen zu sein. Benommen sah er auf zu dem Fenster, aus dem er gerade gesprungen war. Nichts. Auch an der Terrassentür war niemand zu sehen. Anscheinend war sein halsbrecherischer Fluchtversuch noch nicht bemerkt worden.
Nichts wie weg hier!
So schnell er konnte, humpelte er durch den Garten. In seinem rechten Bein spürte er ein Brennen. Nicht stehen bleiben! Es konnte sich nur noch um Sekunden handeln, bis die Polizisten die Verfolgung aufnehmen würden.
Eilends sah er sich um. Der Streifenwagen parkte direkt vor dem Haus und hatte sicher für einiges Aufsehen gesorgt. Also stieg er über den Zaun und lief in der Deckung einiger Bäume etwa fünfzig Meter bis zur Hauptstraße. Dort stellte er den Kragen seines Mantels auf, klopfte sich den Schnee von der Kleidung und versuchte, trotz der Schmerzen möglichst normal zu gehen.
Der Feierabendverkehr hatte bereits eingesetzt, weswegen Dirk in eine der weniger frequentierten Nebenstraßen abbog. Im Vorübergehen riskierte er einen Blick zurück in die Westerwaldstraße.
An einigen Fenstern der umliegenden Häuser waren die Gardinen geöffnet worden, und Neugierige gafften hinüber zu Brunners Haus. Doch Dirk fiel vor allem ein Wagen auf, der mit dem Heck zu ihm auf der rechten Seite in der Mitte der Straße stand.
Es war ein schwarzer Ford-Kombi mit getönten Scheiben.
Derselbe Wagen, der vorhin an dir vorbeigefahren ist!
Sofort trat Dirk in den Schatten einer Hauswand. Von dort sah er, wie sich das Fenster auf der Fahrerseite des Fords senkte und ein Ellenbogen erschien. Mittlerweile hatte sich die Straßenbeleuchtung eingeschaltet, deren Licht vom Schnee grell reflektiert wurde. Dennoch konnte Dirk auf die Entfernung keine Details ausmachen.
Er zog sein Handy aus der Innentasche und wählte das Menü der eingebauten Kamera. Dann stellte er den Zoom auf höchste Stufe, bis der Kombi nahezu bildfüllend auf dem Display erschien. Die Elektronik hellte das Bild etwas auf, sodass Dirk eindeutig erkennen konnte, dass der Fahrer eine blaue Jacke trug.
Ich beobachte dich, Dreckskerl , ging es ihm mit Genugtuung durch den Kopf.
Schließlich betätigte Dirk den Auslöser und begutachtete anschließend das Resultat. Das Foto war durch die schlechten Lichtverhältnisse recht grobkörnig, trotzdem war das Auto einigermaßen zu erkennen. Er steckte das Handy wieder in die Tasche und beobachtete weiter den Wagen. Er fragte sich, ob ihm dieser Wagen schon früher aufgefallen war – vor seinem Haus oder auf dem Weg zur Arbeit. Aber er konnte sich nicht daran erinnern. Und doch war er sich sicher, dass er es war, dass er da drin saß und darauf wartete, dass Dirk in Handschellen abgeführt wurde. Er hatte alles perfekt inszeniert.
Ja, du sitzt da und genießt die Show, nicht wahr? Denn das kann sich dein krankes Ego nach all der Mühe nicht entgehen lassen. Es reicht dir nicht aus, einen Menschen in den Abgrund zu stürzen, du musst auch noch dabei zusehen, wie er unten aufschlägt. Aber nicht mit mir. Das Spiel ist noch nicht vorbei!
Er brannte auf Vergeltung, auf Gerechtigkeit. Alles um ihn herum verschwamm. Nur noch die Bestie in ihm existierte, und sie sah ihre Chance gekommen.
Seine Finger spürten den Griff des Messers in seiner Manteltasche, während er langsam aus dem Schatten trat.
Die kühle Luft, die durch das offene Seitenfenster ins Wageninnere strömte, wirkte angenehm erfrischend. Die nächtlichen Aktivitäten der letzten Tage hatten ihn erschöpft. Und sie hatten ihn – was noch viel schlimmer war – unvorsichtig werden lassen. Nicht auszudenken, wenn sein Gegenspieler das Weite gesucht hätte. Aber letztendlich hatte er nur ein vorbeifahrendes Auto gesehen. Nicht mehr und nicht weniger. Es war nicht davon auszugehen, dass Bukowski deswegen eine Verbindung zu ihm herstellen konnte.
Er seufzte zufrieden. Im Grunde machte es ihn immer ein wenig melancholisch, wenn ein Spiel zu Ende ging. All die Zeit und Mühe, die er investiert hatte, während er andere Dinge vernachlässigte. Seinen Job, seine Mutter … Der Drang war vorerst befriedigt, und seiner Erfahrung nach würde dies
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