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Todeseis

Todeseis

Titel: Todeseis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernward Schneider
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wir einen verdammten Ärger am Hals – vor allem ich!«
    »Kann man es nicht so hinbekommen, dass es wie Selbstmord aussieht?«
    »Das ginge nur in ihrer eigenen Kabine, aber wie sollen wir sie dort hinbekommen? Die Gänge draußen sind voll mit Leuten.«
    »Es gibt eine dritte Möglichkeit. Wir lassen sie am Leben. Sie ist gefesselt und geknebelt und kann nicht fort. Wenn das Schiff untergeht, ist das Problem erledigt, und wenn nicht …«
    »Wenn nicht – wird sie uns beschuldigen …«
    »Und wenn schon! Ihr Wort gegen das unsere. Kein Mensch wird ihr glauben. Sie ist eine Hure, deren Wort nicht zählt.«
    »Das ist doch verrückt! Nur wegen eines kleinen Malheurs, das das Schiff hat, gebe ich meinen Plan nicht auf. Nein, diese Katze stirbt so, wie ich es für sie vorgesehen habe. Es ist und bleibt der einzige Weg. Die Titanic und sinken – was für ein Unsinn!«
    »Machen Sie doch, was Sie wollen; ich gehe jedenfalls und sehe nach, was da draußen vor sich geht.« Nevil wandte sich zur Tür.
    »Halt!«
    Nevil hatte schon die Hand an der Klinke, hielt aber inne, als es draußen auf dem Gang ungewöhnlich laut wurde, und dann war ganz deutlich eine Stimme zu vernehmen, die rief: »Alle Passagiere mit angelegten Schwimmwesten an Deck!« Nevil drehte sich um.
    »Von wegen nicht sinkbar!«
    Von draußen schlug jemand laut gegen die Tür.
    »Aufstehen!«
    »Ja, in Ordnung!«, rief der Maskierte zurück und fügte gleich darauf leiser zu Nevil gewandt hinzu:
    »Das ist doch nur ein Scherz! Sie machen eine Übung!«
    Nevil schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Übung? Sie glauben im Ernst, dass der Kapitän ausgerechnet heute Nacht, wo wir ein Eisfeld erreichen, die Passagiere wecken lässt, um eine Übung zu machen?«
    »Den Engländern ist alles zuzutrauen!«, sagte der Maskierte. »Sind die Engländer nicht bekannt für diesen merkwürdigen Humor? Wer aufsteht, ist selbst schuld.«
    »Ich muss raus«, sagte Nevil. »Ich bin Steward. Wenn das Schiff in Gefahr ist, darf ich nicht in meiner Koje liegen bleiben.«
    Der Maskierte machte eine abwinkende Handbewegung.
    »Dieses Schiff hat 475 Stewards. Viel zu viele!«
    Nevil nahm noch einen Schluck von seinem Cognac.
    »Nun mal ganz im Ernst«, sagte er leise, und sein Blick streifte durch die Kabine. »Die Schlagseite des Schiffes ist nicht mehr zu übersehen. Sie wissen, was das bedeutet. Es läuft Wasser in das Schiff.«
    »Er weiß mehr als Sie, Nevil«, rief Gladys, »es ist ein abgekartetes Spiel. Sie wollen die Titanic absaufen lassen, und er wird dafür sorgen, dass Sie nicht unter den Überlebenden sind. Er weiß, dass die Titanic untergeht. Er hat selbst dafür gesorgt, dass es geschieht.«
    Der Maskierte sprang Gladys an und schlug ihr rechts und links ins Gesicht.
    »Du hältst den Mund, Miststück!« Er griff nach dem Schal und band ihn nun selbst Gladys um den Mund, sodass sie nicht mehr sprechen konnte.
    »Sie versucht, uns gegeneinander auszuspielen!«, sagte der furchtbare Mann zu seinem Gehilfen. »Lassen Sie sich nicht von ihr verrückt machen. Das Schiff wird sich noch lange halten, auch dann, wenn es eine Beschädigung haben sollte. Aber gut! Sehen Sie meinetwegen einmal nach, was da draußen los ist! Kommen Sie aber unverzüglich zurück! Und verlassen Sie sich nicht auf die Erzählungen der Passagiere, sondern sprechen Sie mit jemandem von der Besatzung, der fähig ist, die Lage des Schiffes zutreffend zu beurteilen.«
    Nevil zögerte nicht länger, trat zu der Kabinentür und öffnete sie vorsichtig einen Spalt, blickte hinaus und schlüpfte dann hindurch. Gladys war mit dem Maskierten allein. Sie überlegte fieberhaft. Gab es nicht eine Möglichkeit, diesen Teufel zu überlisten, indem sie sich seine Aggressivität nutzbar machte und ihn mit seinen eigenen Waffen schlug?
    »Machen Sie mich los!«, sagte sie.
    Ihr Peiniger gab keine Antwort, sondern betrachtete sie stumm, und sie bemerkte das böse Flackern, das durch die dunklen Augenschlitze drang.
    »Warum quälen Sie mich?«, fragte sie. »Haben Sie Spaß daran?«
    Er schien unter seiner Maske zu lächeln, aber er sagte nichts, sondern weidete sich stumm an ihrer Qual.
    »Wenn Sie mich losmachen, ziehe ich mein Kleid freiwillig aus.«
    Der Maskierte lachte.
    »Ist das ein Angebot?«
    Gladys nickte. »Ich tue es für Sie – zögern Sie nicht! Falls wirklich etwas mit dem Schiff nicht in Ordnung ist, sollten wir uns nicht zu viel Zeit lassen, um Spaß miteinander zu haben.«
    »Du würdest alles

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