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Todeseis

Todeseis

Titel: Todeseis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernward Schneider
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beabsichtigt, der Titanic einen Schaden zuzufügen«, sagte er. »Dies soll auf der Rückfahrt von New York nach Southampton geschehen, zu der die Titanic am 20. April aufbrechen wird.«
    »Wer will das tun?«, fragte Raubold. »Werden in dem Schreiben Namen genannt?«
    »Nein!« Carran wedelte mit dem Papier. »Nein, aber das Schreiben ist an Astor adressiert. Es handelt sich anscheinend um einen Durchschlag. Das Original wird Astor erhalten haben. Derjenige, der das Schreiben verfasste, wird gewusst haben, weshalb er es anonym aufgesetzt hat.« Er faltete das Papier zusammen und steckte es ein. »Kommen Sie, Mr. Raubold«, sagte er. »Wir müssen mit Astor sprechen.«
    Die Nachricht über die Notlage des Schiffes breitete sich langsam aus. Immer wieder wurden Carran und Raubold durch Gruppen von Passagieren aufgehalten, die darüber diskutierten, was zu unternehmen sei. Sie brauchten fast zehn Minuten, um die Kabine von Astor zu erreichen, aber sie kamen zu spät. Die Astors waren nicht mehr da, sondern hatten sich ihrerseits bereits an Deck begeben oder sich auf den Weg dorthin gemacht.
     
    *
     
    Das anschwellende Stimmengewirr und das Klirren von Gerätschaften, das man aus dem Inneren des Schiffes hörte, versetzte Nevil Boyes in Unruhe.
    »Das Schiff hat nicht nur eine Neigung, sondern es hat regelrecht Schlagseite bekommen«, sagte er. »Ich bin mir nicht so sicher, dass das Schiff bald weiterfährt. Es ist eher unwahrscheinlich. Wenn die Titanic einen Schaden hat, muss sie zumindest notdürftig repariert werden, bevor es weitergeht, und das kann Stunden dauern. Was ist, wenn die Passagiere in die Boote müssen? Ich habe den Eindruck, da oben werden schon die Rettungsboote klargemacht.«
    Auch der Maskierte war nachdenklich geworden. Er war aufgestanden und neben Gladys in die Mitte der Kabine getreten, um Nevils Behauptung zu überprüfen.
    »Aber wir sind auf der Titanic!«, erklärte er. »Dieses Schiff mag eine Beschädigung haben, aber es wird nicht gleich sinken! Also braucht man auch die Rettungsboote nicht!«
    »Und wenn doch?«, sagte Nevil.
    »Ach was! Die Titanic ist unsinkbar!«
    Auch Gladys spürte, dass der Boden der Kabine sich weiter geneigt hatte. Ihre zur Decke gestreckten Arme schmerzten grauenhaft. Aber sie bat nicht darum, ihr Erleichterung zu verschaffen. Es war so immer noch besser, als nackt und verschnürt am Boden zu liegen.
    »Ich muss herausfinden, was da draußen los ist«, sagte Nevil. »Dieses Getrampel mitten in der Nacht. Die Passagiere sind aufgewacht und laufen in den Gängen herum. Ich weiß, dass wir irgendetwas gerammt haben.« Er stand von seinem Sessel auf. »Ich glaube, ich sehe mal nach.«
    »Besser wäre es, wenn wir die Sache hier zuerst zu Ende bringen könnten«, sagte der Maskierte. »Wenn jemand Sie sieht, könnte er Verdacht schöpfen. Die Gefahr mag gering sein, aber wir sollten auf Nummer sicher gehen.«
    Sie war nur noch eine Sache, die zu Ende gebracht werden musste, dachte Gladys, und furchtbare Verzweiflung legte sich auf ihr Herz. Gab es überhaupt noch eine Hoffnung für sie? Suchte Roger nach ihr? Hatte er überhaupt schon bemerkt, dass sie verschwunden war? Anders als die anderen Passagiere konnte sie selbst nur hoffen, dass das Schiff tatsächlich einen ernsthaften Schaden davongetragen hatte und noch lange an der Weiterfahrt gehindert war, sodass Roger Gelegenheit hätte, sie zu finden. Seltsam, dass ausgerechnet das Schiffsunglück, das zu verhindern sie bestrebt gewesen waren, ihr nun zu Hilfe kam.
    Nevil schenkte sich einen weiteren Cognac ein und ging mit dem Glas in der Hand hin und her.
    »Am besten, wir geben ihr eine Kugel, und dann verschwinden wir hier und suchen uns in einem der Boote ein warmes Plätzchen.«
    »Ihre Leiche kann nicht hier in der Suite bleiben, das führt nur zu Ärger und Ermittlungen. Das ist Ihnen doch wohl klar! Sie muss in den Atlantik, dann ist sie weg, und jeglicher Ärger auch.«
    »Wenn das Schiff untergeht, hätte sich das Problem erledigt«, sagte Nevil. »So gesehen hätte es auch etwas Gutes, wenn die Titanic sinkt. Wir lassen ihre Leiche hier liegen und machen uns mit einem der Boote davon.«
    »Das ist kompletter Unsinn. Stellen Sie sich vor, was passieren kann, wenn ihre Leiche in der Kabine bleibt. Dann sind wir im Boot, und die Titanic säuft nicht ab. Irgendwann rudern die Boote zurück, und wir sind alle wieder auf dem Schiff. Oder noch schlimmer. Wir werden auf ein anderes Schiff gebracht. Dann haben

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