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Todesengel (Gesamtausgabe)

Todesengel (Gesamtausgabe)

Titel: Todesengel (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.L. WEEN
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vierte. Becker hatte versucht, sie vor einer Stunde zu erreichen und schließlich, als sie nicht ans Telefon ging, aufs Band gesprochen, obwohl er diese Art der Kommunikation sehr gering schätzte. Morgen früh um halb acht sollte sie sich mit kleinem Reisegepäck am Flughafen Tegel einfinden und ihren Dienstausweis mitbringen, er und Frankenstein erwarteten sie am Schalter von Air Berlin.
    Also doch! Niedergeschlagen schlurfte sie in die Küche, wärmte den Eintopf von gestern auf und aß dann im Wohnzimmer mit wenig Appetit die Reste der süßsauren Linsensuppe, trank dazu ein Bier und kam, als sie sich vor dem Schlafengehen noch für einige Minuten vor den Fernseher setzte, sofort wieder ins Grübeln. Wie konnte sie bei Clios Vernehmung vorgehen, ohne dem Mädchen zu schaden und sich illoyal gegenüber ihren Kollegen zu verhalten? Und zu welcher Seite würde die Waage sich neigen, wenn sie vor der Wahl stand, sich für den Verrat an dem Mädchen oder an der Sache zu entscheiden, der zu dienen sie einst feierlich geschworen hatte? Zutiefst verunsichert, zog sich die Oberkommissarin für die Nacht um, streichelte den schmusebedürftigen Kater noch einmal übers Fell und legte sich dann mit ihrem Stoffbären ins Bett.
    Eine Stunde später lag sie immer noch wach, trotz der Schlaftablette, die sie nach dem Essen zusammen mit einem zweiten Bier zu sich genommen hatte und so stand sie entnervt wieder auf, trank auf der Couch eine seit Tagen angebrochen herumstehende Flasche Wein aus, torkelte eine halbe Stunde nach Mitternacht schlaftrunken zum Bett zurück und fand, mit dem Teddybären in ihren Armen, endlich zur Ruhe.
    Nahezu übergangslos fiel sie in das dunkle Loch, in dem ihre Alpträume zuhause waren, sah sich als Kind allein im Garten ihrer Eltern spielen, frei von den Sorgen der Erwachsenen und ohne jeden Argwohn gegen die Welt jenseits der hohen Mauer, die das Grundstück umgab, doch dann näherte sich ein Mann, der ihr zugleich fremd und vertraut vorkam, unschuldig wie ein Neugeborenes lächelte und ihr im nächsten Augenblick grob zwischen die Beine fasste. Sie schrie um Hilfe, so laut sie konnte, aber niemand kam, um ihr beizustehen und so hatte der Schuft leichtes Spiel, entledigte sie erst ihres Sommerkleidchens, dann des Höschens, warf sie ins frisch gemähte Gras und rieb sein Ding an ihrem Unterleib, bis eine klebrige, warme Masse herauskam und sich auf ihrem von Krämpfen geschüttelten Bauch verteilte. Zufrieden ließ er von ihr ab, küsste sie zum Abschied auf dem Mund und endlich wusste sie, mit wem sie es zu tun hatte! Vor dem Geruch, der ihr entgegen strömte, hatte sie sich immer geekelt, wenn Onkel Gunnar, der beste Freund ihres Vaters, sie auf den Schoß genommen und mit ihr gespielt hatte!
    „Böser Mann! Böser Mann!“, schrie sie aus Leibeskräften und schreckte aus dem Schlaf hoch, wusste zunächst nicht, ob sie träumte oder wach war, schloss noch einmal die Augen und sprang dann, wie von der Tarantel gestochen, aus dem Bett. Sie musste Sauerbrei umbringen! Auf der Stelle! Und sie begriff nicht, warum sie so lange gebraucht hatte, um Licht ins Dunkel zu bringen, was sie daran gehindert hatte, den Oberstaatsanwalt als das Monster zu enttarnen, das ihr die Unschuld und mit ihr die Unbeschwertheit der Kindheit geraubt hatte. Mirjam wankte ins Bad, fühlte eine nicht gekannte Übelkeit in sich hochkommen, schaffte es mit Mühe, ihr Gesicht über das Klobecken zu bringen und erbrach im nächsten Moment nicht nur Linsen, Wein, Bier und was sich sonst in ihrem Magen angesammelt hatte, sondern auch noch, wie es ihr vorkam, alle Innereien, die Sauerbrei mit seinem Samen vergiftet hatte…

20.
    Schon der Start der Maschine war wegen der sich auftürmenden Wolkenberge über der Hauptstadt unruhig verlaufen und kurz nach Magdeburg hätte nicht viel gefehlt, dass den Ermittlern infolge der mit einem Gewitter einhergehenden Turbulenzen schlecht geworden wäre, doch jetzt, kurz vor dem Landeanflug auf den Frankfurter Airport, waren die widrigen Witterungsverhältnisse längst vergessen, strahlte die Sonne vom wolkenlosen Himmel und Becker kam, als er über die jüngste Entwicklung im Mordfall von Hoff nachdachte, nicht umhin, dem ungeliebten Oberstaatsanwalt Respekt zu zollen.
    Ein viertelstündiger Anruf beim Generalstaatsanwalt in Wiesbaden hatte gestern Nachmittag ausgereicht, um den ehemaligen Kommilitonen zu überzeugen und wenn er Sauerbrei danach richtig verstanden hatte, würde sie nach der

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