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Todesengel (Gesamtausgabe)

Todesengel (Gesamtausgabe)

Titel: Todesengel (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.L. WEEN
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verbergen?“
    Sie hätte sich für ihre Unbeherrschtheit am liebsten auf die Zunge gebissen, dachte schon, Clio für alle Zeiten gegen sich aufgebracht zu haben und war deshalb über ihre Reaktion umso verblüffter. Die ehemalige Berlinerin sackte urplötzlich zusammen, sah aus, als ob sie bald ein Geständnis ablegen würde, doch kaum wollte Mirjam, wie sie es in ihrer Ausbildung verinnerlicht hatte, in die offene Flanke der jungen Frau zu stoßen, hatte die sich wieder gefangen und umgab sich erneut mit dem Panzer der Unnahbarkeit.
    „Also, gut“, resümierte Mirjam und schaltete das Aufnahmegerät ein, „Sie haben nichts dagegen, dass ich das Gespräch aufzeichne! Es handelt sich um kein Verhör, sondern um eine Zeugenbefragung, aber Sie können trotzdem die Aussage verweigern, wenn diese Sie belasten würde! Ich gehe aber von Ihrer Unschuld aus und hoffe, dass Sie uns wertvolle Hinweise für unsere Ermittlungen geben können! Okay?“
    „Gar nichts ist okay“, schnaubte Clio Schieferhals, „Sie platzen sechs Jahre nach dieser Sache bei uns rein und reißen alte Wunden auf, als sei das die selbstverständlichste Sache der Welt! Und dann erwarten Sie auch noch, dass ich Ihnen den Henker des verdammten Arschlochs frei Haus liefere! Wissen Sie eigentlich, was der Kerl mir angetan hat?“
    „Nun, nun ja“, stotterte Mirjam, „ich, ich weiß nicht, eigentlich…“
    „Sehen Sie“, kreischte Clio, „das ist typisch für euch Bullen! Wenn Ihr helfen sollt, lasst ihr Euch nicht blicken, aber wenn so ein Schweinehund wie von Hoff endlich seine gerechte Strafe bekommt, läuft Euer Fahndungsapparat heiß! Dann scheut Ihr weder Kosten noch Mühe!“
    Sie hat ja Recht, schoss es Mirjam durch den Kopf, meine Hilferufe hat auch niemand gehört! Doch ehe der Gedanke sich auf ihrem Gesicht abzuzeichnen begann, verscheuchte sie die aufkeimende Sympathie für Clio und entgegnete: „Zu Ihren Vorwürfen möchte ich mich nicht äußern, Fräulein Schieferhals, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie ernsthaft glauben, die Polizei trage eine Mitschuld an Ihrer Vergewaltigung! Wenn Sie totale Sicherheit für sich beanspruchen, müssen Sie Verhältnisse wie in George Orwells Roman 1984 akzeptieren! Und wenn das Opfer die an ihm verübte Straftat nicht anzeigt und seine Eltern sich ihr Schweigen sogar teuer bezahlen lassen, weiß ich wirklich nicht, gegen wen sich Ihre Vorwürfe eigentlich richten! Ich möchte jetzt aber endlich zur Anhörung kommen und bitte Sie, alle Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, es sei denn, Sie ziehen es vor, zu schweigen, weil Sie etwas mit dem Mord an von Hoff zu tun haben…“
    „Hab ich nicht!“, schrie Clio und war nahe daran, sich auf Mirjam zu stürzen, die sich von Clio aber nicht mehr aus der Ruhe bringen ließ und betont höflich um die Angabe der Personalien bat. An sich etwas Läppisches, hatte sie doch alle erforderlichen Daten längst im Kopf, aber sie hatte gelernt, dass die Fragen nach dem Namen, Geburtsort und - datum, Familienstand und Beruf zur Versachlichung einer Vernehmung beitrugen und oft erst den Boden für ein halbwegs fruchtbares Zwiegespräch bereiteten.
    Mit den Worten: „Kommen wir jetzt zu den inhaltlichen Fragen!“ begann Mirjam die eigentliche Vernehmung und fuhr dann fort: „Sie können mir sicher sagen, wo Sie sich am letzten Mittwoch, also am 4. Mai, zwischen 7 und 12 Uhr aufgehalten haben! Nicht, dass Sie ein Alibi brauchen...“
    „Weshalb fragen Sie dann danach?“
    „Um ehrlich zu sein, fragen wir jeden, der ein Motiv haben könnte!“
    „Na gut“, lenkte Clio ein, „wir hatten am letzten Dienstag in der Aula unserer Schule die Abiturfeier und weil wir dem Alkohol mehr zusprachen, als uns gut tat, übernachteten fast alle dort, wir hatten ja unsere Luftmatratzen mit. Am Mittwochvormittag brachten wir dann die Aula wieder auf Vordermann und trennten uns kurz nach 12 Uhr! Wenn Sie Zeugen brauchen, die mein Alibi bestätigen, kann ich Ihnen gern die Namen der Klassenkameraden nennen, die wie ich in der Schule geschlafen haben...“
    „Schon gut“, warf Mirjam ein, „wir werden das nachprüfen, aber ich gehe nach Ihrer Schilderung davon aus, dass Sie sich am Tag des Verbrechens nicht in Berlin aufgehalten haben! Trotzdem würde ich gern von Ihnen wissen, ob Sie in den letzten Jahren irgendeinen Kontakt zu von Hoff hatten! Vielleicht hat er sie angerufen, um sich zu entschuldigen oder Sie haben bei einem Berlinbesuch aus Anhänglichkeit in

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