Todesengel (Gesamtausgabe)
Ich habe dem Kardinal versprechen müssen, die Vorkommnisse nicht an die Presse zu geben und ich pflege mein Wort zu halten! Haben wir uns verstanden, meine Damen und Herren?“
Die meisten Ermittler nickten gottergeben, doch war allen anzusehen, dass sie in ihrer Wut die Neuigkeit am liebsten in die Welt hinausposaunt hätten. Von Meierberg gefiel die Reaktion der Beamten jedenfalls nicht sonderlich und wies mit strengem Blick auf die disziplinarrechtlichen Konsequenzen hin, die der Bruch des Dienstgeheimnisses für jeden Einzelnen hätte und verließ die Sitzung dann nach einem kurzen Wortwechsel mit Sauerbrei. Kaum hatte von Meierberg den Besprechungsraum verlassen, kam wieder Unruhe auf und Frankenstein hatte Ruhe, die Gemüter zu besänftigen, bat dann seinen Stellvertreter, die Gesprächsführung für ihn zu übernehmen und Becker ließ sich zum Glück nicht zweimal bitten, blätterte kurz in seinem Notizblock und begann dann, seinen Plan für das weitere Vorgehen der Sonderkommission zu entwickeln:
„Wir sollten als Erstes mit dem vom Priester vergewaltigten Mädchen sprechen und dann, getrennt voneinander, mit Vater und Mutter! Die geistlichen Herren haben doch hoffentlich die Adresse der Familie Schieferhals mitgeteilt?“ Becker bemerkte die Verlegenheit von Sauerbrei und Frankenstein und wandte sich an seinen Chef: „Habt Ihr etwa…?“
„Wir haben alle benötigten Unterlagen“, versicherte ihm Frankenstein, „aber so einfach, wie du dir das vorstellst, ist es leider nicht, die Familie zu befragen!“
„Und warum nicht?“, wollte der Hauptkommissar wissen und sein Chef verdeutlichte den Ermittlern mit grimmigem Gesicht die Zwangslage, in der sie wegen der dem Kardinal gegebenen Zusage steckten: „Ihr habt gehört, dass die Familie nach Hessen, genauer gesagt in ein kleines Städtchen nahe Frankfurt gezogen ist! Wir können also nicht selbst tätig werden, sondern müssen unsere Kollegen in Wiesbaden um Amtshilfe bitten! Ob das aber mit der vereinbarten Diskretion in Übereinstimmung zu bringen ist, wage ich ernsthaft zu bezweifeln...“
„Mist!“, brummte Becker und auch die meisten anderen Ermittler wirkten jetzt ziemlich ratlos, nicht aber Fati, der aufgeregt mit den Fingern schnippte, sodass ihm der Hauptkommissar das Wort erteilte.
„Ich wüsste einen Ausweg aus dem Dilemma!“, behauptete der Jüngste im Team und erläuterte, als ihn die anderen Sitzungsteilnehmer erstaunt ansahen, seinen Vorschlag. Die Sonderkommission müsse nur über ihren Schatten springen und ausnahmsweise die Zuständigkeit der hessischen Polizei ignorieren, dann sei das vermeintliche Problem aus der Welt geschafft. Und sollten die Kollegen im anderen Bundesland, was er nicht glaube, Wind von der Sache bekommen, ließe sich der Fauxpas bestimmt mit einem netten Entschuldigungsschreiben heilen. Becker schüttelte schon, während Fati noch redete, den Kopf, wies die Idee in der ihm eigenen, ein wenig rüden Art als völlig abwegig zurück und auch die anderen Kriminalbeamten konnten dem Plan nichts abgewinnen, wohl aber Sauerbrei:
„So schlecht finde ich den Vorschlag gar nicht!“, meinte er und stellte seine Sicht der Dinge dar: „Natürlich kommen wir nicht darum herum, die hessischen Behörden in die Ermittlungen einzubeziehen, aber wer schreibt uns eigentlich vor, den üblichen Instanzenweg zu beschreiten? Ich kenne den hessischen Generalstaatsanwalt persönlich und könnte mir durchaus vorstellen, bei dieser Gelegenheit unsere Freundschaft wiederaufleben zu lassen, die sich seinerzeit während unseres gemeinsamen Studiums entwickelt hat! Wenn mein Kommilitone sich seitdem nicht völlig verändert hat, wird er für unser Problem gewiss Verständnis aufbringen und seine Beziehungen spielen lassen, zumal er ein gläubiger Katholik ist! Er wird zwar zwei oder drei vertrauenswürdige Mitarbeiter in unseren Plan einweihen müssen, aber das ist mit immer noch lieber, als wenn die ganze hessische Kripo sich das Maul über die Kirche zerreißt und uns in Schwierigkeiten bringt! Wenn Sie nichts dagegen haben, spreche ich nachher mit Prälat Walsleben und anschließend, wenn der Kirchenmann hierzu seine Zustimmung gibt, mit meinem ehemaligen Kommilitonen! Ich kann mir vorstellen, dass wir noch im Verlauf des heutigen Tages grünes Licht für unseren Einsatz bekommen und empfehle Frankenstein und Becker, sich darauf vorzubereiten, morgen früh nach Frankfurt zu fliegen!“
„Ich will auf jeden Fall mit!“, meinte
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