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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Taschengelderpressern in Schutz genommen hat und dafür totgeprügelt wurde. Das hat damals noch Aufsehen erregt. Der Bundespräsident ist zur Beerdigung gekommen, man hat Holi posthum das Bundesverdienstkreuz verliehen, auf Halbmast geflaggt und Schweigeminuten abgehalten.«
    »Ah ja, stimmt, jetzt fällt es mir wieder ein«, sagte der Psychologe und legte erneut die Stirn in Falten. »Denkst du, das hat wirklich etwas mit dem Racheengel zu tun? Dass da jemand … na ja, Rache nimmt für damals?«
    Ambick massierte seine Schläfen. »Keine Ahnung. Das frage ich mich ja gerade. Wenn das tatsächlich ein ernst zu nehmender Hinweis sein sollte, wäre es die erste konkrete Spur, die wir haben.«
    Die Tür wurde aufgestoßen, traf Johannes Barth ins Kreuz, wie üblich. Es war Enno, der hereinkam, ein Blatt Papier in der Hand schwenkend.
    »Hier, ich hab eine Liste der Beteiligten zusammengestellt«, sagte er und legte Ambick den Zettel hin. Darauf standen jeweils zwei Namen nebeneinander, unter manchen davon auch Adressen. »Die Täter habe ich schon gecheckt; die wurden damals zu neun, sieben und vier Jahren verurteilt. Einer lebt nicht mehr, der hier.« Er tippte auf den Namen Brodowski, Hans . »Unfall unter Alkoholeinfluss, vor drei Jahren. Die anderen sind unter den angegebenen Adressen gemeldet.«
    Sein Finger glitt die Seite hinab. »Das ab dem Querstrich sind die Opfer. Elisabeth Holi ist die Witwe, klar. Victoria Thimm ist Übersetzerin. Zu Alexander Wenger und Ulrich Blier hab ich noch nichts gefunden, Peter Donsbach ist Pfarrer an der Sankt-Jakob-Kirche.«
    »Der Ärmste«, kommentierte Johannes Barth.
    »Wieso?«, wollte Ambick wissen.
    »Ist ein heißes Gebiet dort«, meinte Enno.
    Ambick nahm ihm das Blatt aus der Hand, faltete es der Länge nach in der Mitte und riss es am Falz durch. Die Hälfte mit den beiden ungeklärten Namen reichte er Enno. »Okay. Wir teilen uns die Sache. Das sind deine.«
    Enno musterte das Papierstück. »Ist das gerecht? Du hast einen Toten und ansonsten lauter geprüfte Adressen, und ich …?«
    »Bist du jetzt der große Computerspezialist oder nicht?« Ambick faltete seine Liste, steckte sie ein und erhob sich. »An die Arbeit. Ein bisschen Bewegung wird uns guttun.«
    Auf dem Weg zum Parkplatz beschloss Ambick, bei der Frau zu beginnen. Igelstraße, das war nicht weit.
    So stand er zehn Minuten später vor einem dieser wunderbaren alten Herrenhäuser aus der Gründerzeit, in denen in Fernsehserien immer dynamische junge Leute mit abwechslungsreichem Liebesleben wohnten. Es ging ein paar altehrwürdige Stufen hinauf zu einer massiven Holztüre mit allerlei verwitterten, handgeschnitzt wirkenden Ornamenten darin. Die Sprechanlage allerdings war neu. Es gab nur einen Klingelknopf, beschriftet mit V. Thimm . Ambick drückte ihn.
    Es dauerte eine Weile, dann meldete sich eine leise Stimme. »Ja, bitte?«
    Ambick wandte sich dem halbkugelförmigen weißen Auge der Videokamera zu, straffte unwillkürlich die Schultern. »Guten Tag. Ich bin Kriminalhauptkommissar Ambick und würde gerne mit Frau Victoria Thimm sprechen.«
    »Worum geht es?« Eine Stimme wie die eines zerbrechlichen Vögelchens.
    »Um den Fall Florian Holi. Besser gesagt darum, ob es Verbindungen zwischen damals und –« Er hielt inne, schalt sich einen Narren, so unprofessionell vorzugehen. Er betrachtete die Abdeckung des Lautsprechers. »Hören Sie, Frau Thimm, ich möchte das ungern hier auf der Straße herumposaunen. Könnte ich vielleicht kurz hereinkommen? Nur zehn Minuten?«
    Pause. Dann: »Bin ich verpflichtet, Sie hereinzulassen?«
    »Nein«, räumte Ambick ein. »Aber ich fürchte, Sie sind verpflichtet, mit mir zu sprechen, egal wo. Es kann auch in meinem Büro passieren. Ich will es Ihnen nur einfacher machen.«
    »Ich bin eine allein lebende Frau. Ich lasse für gewöhnlich niemanden herein, den ich nicht kenne.«
    »Das ist auch richtig so. Ich zeige Ihnen selbstverständlich meinen Dienstausweis. Und wie gesagt, Sie können gern auch zu mir ins Büro kommen.«
    Nochmals Bedenkzeit. Dann kam ein halb gehauchtes, halb geseufztes: »Warten Sie.«
    Ambick hörte Schritte auf einer Treppe und wie eine Sicherheitskette vorgelegt wurde. Dann öffnete sich die Tür. Ein blasses Gesicht und ein ausdrucksvolles Auge mit kornblumenblauer Iris tauchten in dem Spalt auf. »Kann ich diesen Dienstausweis jetzt bitte sehen?«
    »Natürlich.« Ambick hielt ihr den in Plastik eingeschweißten Ausweis hin. Da er seine

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