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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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was sonst im Haus geschah.
    Sie stiegen die Treppen hinauf. Im zweiten Stock stand an einer der Türen T. Diewers . Ambick klingelte.
    Erst nichts. Dann hörten sie Schritte, es wurde geöffnet. Eine schmalgesichtige Frau streckte den Kopf heraus. Keine Sicherheitskette, registrierte Ambick.
    »Guten Tag«, sagte er. »Sind Sie Frau Diewers?«
    »Ja.«
    Er hielt ihr seinen Dienstausweis hin. »Mein Name ist Justus Ambick, Kriminalhauptkommissar. Das ist mein Kollege, Kriminaloberkommissar Kader. Wir würden Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
    »Bitte«, sagte sie, ohne die Tür auch nur einen Zentimeter weiter zu öffnen.
    »Wann haben Sie Ihren Bruder Alexander Wenger zum letzten Mal gesehen?«
    Sie seufzte entsagungsvoll. »Vor zwanzig Minuten. Er ist gerade gegangen.«

33
Heute war ein besonders grauer Tag, fand Victoria, während sie am Fenster stand und auf den Briefträger wartete, der nicht kam und nicht kam. Autos fuhren vorbei, Passanten ließen die Köpfe hängen, hielten die Mäntel und Jacken eng um sich geschlungen. Eine rot getigerte Katze überquerte die Straße mit bewundernswerter Gelassenheit.
    Wo er nur blieb? Victoria ging immer wieder zurück ins Wohnzimmer, um auf die Uhr zu sehen, durchzuatmen, sich zu sagen, dass es keine Rolle spielte. Dann endlich, mit einer Stunde Verspätung, klingelte er.
    »Guten Tag, Frau Thimm«, dröhnte er, als sie die Tür öffnete, »ich hab bunte Papierchen für Sie.«
    »Guten Tag, Herr Gellert«, sagte sie. »Sie sind später dran als sonst.«
    »Oh, erinnern Sie mich nicht«, bat er, die Mappe mit den Geldsachen aus seiner Tasche fummelnd. »Betriebsversammlung. Heute Morgen. Wir werden mal wieder umorganisiert.« Es war unverkennbar, dass er nichts davon hielt.
    »Sie bleiben aber für mich zuständig, oder?«
    Er lächelte sie väterlich an. »Keine Sorge. Was das anbelangt, bleibt alles beim Alten.« Er öffnete den Reißverschluss der ledernen Mappe. »Ich hab Ihnen kleine Scheine besorgt, wie üblich, aber einen Hunderter musste ich trotzdem nehmen. Ist das in Ordnung?«
    »Ja, ja«, sagte Victoria hastig. »Kein Problem.«
    Sie unterschrieb die erforderlichen Formulare und nahm das Geld in Empfang, ohne nachzuzählen – es stimmte immer.
    »Ich muss gleich weiter«, erklärte er danach, verlegen, weil sie normalerweise stets ein wenig plauderten. Aber heute war es Victoria recht. Sie dankte ihm, verabschiedete ihn und schloss die Tür.
    Sie legte die Fünfer und Zehner in die Trinkgeldkasse in der obersten Schublade der Flurkommode, gewohnheitsmäßig, denn sie musste immer Trinkgeld griffbereit haben, damit alles funktionierte. Dann fiel ihr ein, dass sie das Geld heute anderweitig brauchen würde, und sie nahm die Scheine wieder heraus.
    »Ich hab leider überhaupt keine Zeit«, sagte Theresa Diewers. »Ich bin auf dem Sprung zur U-Bahn, ich muss zum Dienst.«
    »Ins Ringhospital?«, fragte Ambick. »Wir fahren Sie hin, dann können wir unterwegs reden.« Als sie ihn zweifelnd ansah, fügte er hinzu: »Keine Sorge, es ist ein Zivilfahrzeug.«
    Doch als sie sich hineinsetzten, Enno hinten, Theresa Diewers auf dem Beifahrersitz, kam Ambick unangenehm zu Bewusstsein, dass es sich um ein ziemlich ungepflegtes Zivilfahrzeug handelte. Die Scheiben waren verschmiert, die Ablagen steckten voller leerer Schachteln und Packungen, überall lagen Brösel herum, und die Wagenheizung stank nach verbranntem Staub.
    Sie schien glücklicherweise keinen Gedanken daran zu verschwenden, war in ihrem Beruf wohl Schlimmeres gewöhnt. »Er hat bis vorhin dagesessen«, erzählte sie, »hat meditiert oder im Sitzen geschlafen, keine Ahnung. Dann ist er plötzlich aufgestanden und hat gesagt, es ist so weit, ich muss los. Ich hab mir gerade die Haare gefönt. Bis ich aus dem Bad war, war er schon aus der Tür.«
    »Wie kommt es, dass er bei Ihnen wohnt?«
    »Das war vor drei Wochen oder so. Nicht ganz. Da hat er eines Abends vor der Tür gestanden und gesagt, ich muss ihm helfen. Ihn verstecken, niemandem etwas davon sagen, dass er wieder da ist. Auch nicht unseren Eltern.«
    »Hat er gesagt, warum?«
    »Nein. Nur, dass er was Wichtiges erledigen muss. Etwas Lebenswichtiges, so hat er es gesagt. Lebenswichtig.«
    »Lebenswichtig«, wiederholte Ambick nachdenklich.
    Theresa Diewers schlang die Arme um sich, starrte geradeaus. »Wenn Sie ihn finden«, fragte sie, »können Sie ihn dazu bringen, zu einem Arzt zu gehen? Ihn zwingen? Die Polizei kann das doch, oder?«
    »Das

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