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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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der die Unterführung? Um diese Uhrzeit ist dort auf der Straße praktisch nichts los. Man kann sie problemlos überqueren, wo und wann man will.«
    Jo lachte wieder meckernd. »Wie ein Engel sieht der aber nicht gerade aus.«
    »Vielleicht ist es ein vorsichtiger Mensch«, meinte Ortheil. »Oder er macht es aus Gewohnheit. Auf jeden Fall haut es zeitlich nicht hin.«
    »Ja«, musste Ambick zugeben. Er ließ die Videos weiterlaufen. Der Mann verschwand aus dem Bild des Nordgangs, um wenig später auf einem anderen Bild in genau demselben leichtfüßigen Schritt die Südtreppe emporzusteigen und in der Nacht zu verschwinden.
    Ambick merkte, dass er an einem Nagel kaute. Schlechte Angewohnheit. Er legte die Hand in den Schoß und sagte: »Und wenn es jemand war, der gar nicht auf den Bildern auftaucht? Jemand, der sich schon auf dem Bahnsteig befunden hat. Auf der anderen Seite der Treppe zum Beispiel. Wenn er von dort aus eingegriffen hat, würde er auf den Videos überhaupt nicht auftauchen.«
    »Und wie ist er danach verschwunden?«, fragte Ortheil.
    »Wenn er sich die Nacht über im Fahrtunnel versteckt hätte, hätten wir ihn nicht bemerkt.«
    »Wie unwahrscheinlich ist das denn?« Ortheil richtete sich entschlossen auf. »Nein, es war der Alte. Er hatte seine frühere Dienstpistole dabei. Vielleicht, weil ihm irgendwann schon mal einer dumm gekommen ist. Er hat die beiden abgeknallt, und als er nachschauen wollte, ob er sie auch erledigt hat, ist er umgekippt. Die Aufregung, was weiß ich.« Der Staatsanwalt nahm die Mappe mit den Berichten, warf sie Ambick wieder auf den Schreibtisch. »Wir müssen noch einmal nach der Waffe suchen. Und Klein soll einen zweiten Schmauchspurentest machen. Oder halt – nein, nicht Klein, der ist mir zu schlampig. Schicken Sie jemand anders. Die Hoffmann vielleicht. Die hat doch damals –«
    In diesem Moment klopfte es kurz, dann wurde die Tür aufgestoßen, dem Psychologen ins Kreuz.
    »Entschuldigung«, sagte der sommersprossige junge Mann, der den Kopf hereinstreckte. Sein Blick suchte Ambick. »Herr Kommissar? Die Resultate aus der ballistischen Untersuchung. Sie wollten die gleich haben.«
    »Geben Sie her.« Ambick griff nach der Mappe, die der Mann ihm reichte. »Danke. Sagen Sie den Kollegen einen schönen Gruß von mir.«
    Während Jo Barth etwas murmelte von wegen, man habe ihm beinahe das Rückgrat gebrochen, und Ortheil rasch seine SMS sichtete, überflog Ambick den Bericht. Als er lachen musste, sahen beide zu ihm her.
    »Es wird immer unwahrscheinlicher«, erklärte Ambick und reichte die Mappe an den Staatsanwalt weiter. »Die Kugeln stammen eindeutig aus zwei verschiedenen Waffen. Beide vom Typ Makarow PM – aber eben zwei .«
    »Fuck!« Abgrundtiefe Missbilligung klang aus der Stimme Ortheils.
    Ambick lehnte sich zufrieden in seinen Sessel. Damit war die Theorie beerdigt. Dass ein Rentner gleich zwei Waffen dabeigehabt, mit beiden geschossen haben sollte und beide spurlos hatte verschwinden lassen, war mehr als unwahrscheinlich.
    Der Staatsanwalt stand ruckartig auf. »Wir halten das zurück«, ordnete er an. »Kein Wort davon an die Öffentlichkeit. Falls hier gerade ein Bandenkrieg anfängt, will ich kein Öl ins Feuer gießen.«
    Professor Doktor Markus Neci wohnte nicht irgendwo, sondern in einem altehrwürdigen Gründerzeithaus am vornehmsten Ende von Blankenhagen. Alter Baumbestand hinter schmiedeeisernem Gartenzaun und eine Garage, groß genug für drei Autos: Der Inhaber des Lehrstuhls für Soziologie fuhr einen silbergrauen Jaguar X300, ein jederzeit auf Hochglanz poliertes Liebhaberstück. Gegenüber wohnte der Aufsichtsratsvorsitzende der Landesbank, nebenan genoss ein ehemaliger Verfassungsrichter seinen Ruhestand. Und so weiter.
    Ausgeschlossen, damit konkurrieren zu wollen, ging es Ingo durch den Kopf, als er den hundert Jahre alten Klingelknopf aus massivem Messing drückte.
    In Wahrheit finanzierte Neci das alles nicht etwa aus dem Salär, das ihm die Universität zahlte, und auch nicht aus seinen Buchtantiemen, Vortragshonoraren und seinen zahlreichen sonstigen Nebentätigkeiten, sondern schlicht aus seinem elterlichen Erbe: Sein Vater hatte eine lukrative Import-Export-Gesellschaft geführt und kurz vor seinem Tod für etliche Millionen verkauft, sodass sein einziger Sohn ohne jedes Zutun zum reichen Mann geworden war.
    Aber solche profanen Details interessierten natürlich niemanden.
    Melanie riss die Haustür auf. »Na endlich.«
    Sie wirkte

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