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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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anderen Sachen herausragte.
    Jetzt hatte er keinen Hunger mehr.
    Als Ambick am nächsten Morgen im Kommissariat eintraf, waren die Vorbereitungen für die Pressekonferenz schon in vollem Gang. Konferenzraum 1, der größte, den sie hatten, füllte sich ungewöhnlich schnell und früh. Das Thema war heiß, da hatte Ortheil recht.
    »Ambick. Sie schauen besorgt aus«, begrüßte ihn der Staatsanwalt. Er war heute wieder bestens aufgebrezelt, absolut kameratauglich. Und erstaunlich guter Laune, nachdem er am Vortag wegen des Zeitungsartikels fast ausgerastet wäre.
    »Offen gestanden macht mir Ihr Dementi von gestern Bauchschmerzen«, bekannte Ambick. »Ich meine, nach der Aussage des Jungen vom Stuttgarter Platz –«
    »Ja, ja«, unterbrach ihn der Staatsanwalt, schon merklich weniger gut gelaunt. »Aber sollte an dieser Geschichte tatsächlich was dran sein – was ich irgendwie immer noch nicht glauben kann –, dann hieße das, dass da draußen irgendein durchgeknallter Profilneurotiker unterwegs ist, der nur darauf giert, sich in den Medien wiederzufinden. Dem dürfen wir unter keinen Umständen auch noch Zucker geben, verstehen Sie?«
    »Ja, aber uns hinsichtlich des alten Mannes so festzulegen … ich weiß nicht«, beharrte Ambick. »Denken Sie daran, der Teufel ist ein Eichhörnchen.«
    »Ich würde was drauf wetten, dass diese DDR-Grenzer auch Eichhörnchen abgeknallt haben. Kommen Sie.« Ortheil fasste ihn am Arm, um ihn in Bewegung zu setzen. Die Uhr zeigte neun. »Überlassen Sie das Reden mir, dann blamiert sich im schlimmsten Fall nur einer.«
    Sie betraten den Konferenzraum. Kameras blitzten. Ortheil setzte sein Filmstarlächeln auf. Die Gelegenheit, Bedenken vorzubringen, war vorüber.
    Justus Ambick setzte sich voller Unbehagen neben den Staatsanwalt. In seinem bisherigen Leben hatte er bei solchen Veranstaltungen höchstens eine Nebenrolle gespielt; einen der Plätze einzunehmen, auf die die Objektive der Kameras gerichtet waren, war eine neue Erfahrung.
    Er war froh, als er Enno Kader ausmachte. Der kümmerte sich wohl um das Technische, war gerade mit der Verkabelung des Beamers beschäftigt.
    »Zum Anlass dieser Pressekonferenz muss ich, glaube ich, nicht viel erklären«, begann Ortheil. »Eine große Zeitung hat gestern ein Interview mit dem Überlebenden des Vorfalls in der U-Bahn-Station Dominikstraße veröffentlicht. Darin macht dieser Aussagen, die wir im Hinblick auf die Ermittlungen und vor allem auf den Betreffenden selbst einstweilen lieber unveröffentlicht gesehen hätten.« Er hob das Abendblatt vom Vortag hoch, dessen Titelseite die Zeichnung eines schneeweißen Superhelden mit Flügeln zierte. »Ich spreche von der Behauptung, ein Engel habe eingegriffen.«
    Niemand lachte. Rote Lämpchen über den Objektiven. Alles wurde aufgezeichnet. Ambick bemühte sich, ein ausdrucksloses Gesicht zu machen.
    »Sie haben die Schilderungen alle gelesen, also will ich nicht weiter darauf eingehen«, fuhr Ortheil fort. Man konnte, wenn man wollte, Missbilligung aus dem Klang seiner Stimme heraushören. »Ich will mich auch nicht über die theologischen oder philosophischen Fragwürdigkeiten dieser Behauptung auslassen, sondern schlicht und einfach feststellen, dass sie sich mit den Beweismitteln, die uns vorliegen, nicht in Übereinstimmung bringen lässt. Ich rede von den Aufzeichnungen der Überwachungskameras.«
    Er erklärte noch einmal ausführlich, was man an dieser Stelle wissen musste, nämlich dass die installierten Kameras vor allem der Überwachung des Verkehrs dienten, nicht der Überwachung der Passanten, und dass es deshalb viele blinde Flecken gab, unter anderem eben auch den Tatort selbst. »Aber – und das ist der springende Punkt«, schloss Ortheil, »sämtliche Zu- und Ausgänge der U-Bahn-Station sind erfasst. Bitte, Herr Kader.«
    Enno dunkelte den Raum ab und ließ das Video ablaufen. Auf der großen Leinwand wirkte es noch einmal anders. Eindrucksvoller. Ambick verfolgte die sattsam bekannten Bewegungen der Menschen, die auf den verschiedenen Bildern zu sehen waren, und merkte plötzlich, dass ihn etwas daran störte. Irgendetwas war unrund an diesen Aufnahmen, er wusste nur nicht, was.
    Es war eine Irritation von der Art, über die man nicht einfach hinweggehen durfte.
    »Sie sehen insgesamt drei Menschen«, erläuterte Ortheil mit seiner sonoren Ich-habe-alles-im-Griff- Stimme. »Von der Frau denken wir, dass sie es war, die den Notruf abgesetzt hat. Der Mann – der, wie

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