Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
Büros tobte der übliche Wahnsinn, klingelten Telefone, surrten Drucker, klapperten Tastaturen. Draußen spiegelte sich die grelle Morgensonne im Gebäude gegenüber, das zwar kleiner war als der City-Media-Westturm, aber im obersten Stockwerk schräge Fenster hatte. »Von wem hast du das?«, wollte er wissen.
    »Darf ich nicht sagen«, erwiderte Ingo. »Quellenschutz.«
    »Die unbekannte Frau, schätze ich.« Dumm war Rado nicht, das musste man ihm lassen. »Wie bist du denn an die rangekommen?«
    »Betriebsgeheimnis.«
    »Ah. Okay.« Rado zog die Schublade auf, holte einen seiner Standardverträge heraus, zückte den Stift und musterte Ingo nachdenklich. »Das Video bringt dir natürlich einen Bonus ein. Sagen wir … dreitausend. Ach, ich will mal nicht so sein – weil du’s bist, fünftausend. Okay?«
    Ingo hob die Schultern. »Was es dir wert ist. Mir egal. Weißt du doch. Ich will bloß meine Miete zahlen können.«
    Rado sah ärgerlich hoch. »Und deine Quelle? Will die nichts?«
    »Nein.«
    »Mann, du machst es einem echt schwer. Warum kannst du nicht genauso feilschen wie all die anderen Teppichhändler, die ich beschäftige?« Rado setzte den Kugelschreiber neu an, überlegte. »Also gut. Zehntausend, und wenn ich’s so loskriege, wie ich mir das gerade vorstelle, noch einmal fünf.« Er schrieb es hin, ohne Ingos Einverständnis abzuwarten, und schob ihm das Blatt hin.
    »Es gibt eine Bedingung«, sagte Ingo, anstatt zu unterschreiben.
    »Ah ja?«
    »Ich habe das Video unter der Auflage bekommen, dass damit keinerlei Hetze gegen Ausländer gemacht werden darf. Beziehungsweise gegen Mitbürger mit Migrationshintergrund, wie es ja heute heißt.«
    »Migrationshintergrund hab ich selber«, fauchte Rado. »Wie käm ich dazu?«
    Rado stammte aus Serbien. Seine Eltern hatten sich lange vor dem Jugoslawienkrieg getrennt, seine Mutter war mit ihm nach Deutschland gezogen, hatte hier wieder geheiratet. Seinem Stiefvater verdankte Rado den Nachnamen.
    »Du nicht, klar«, sagte Ingo. »Aber du wirst das Video mindestens einem anderen Blatt und einem der großen Fernsehsender anbieten, für eine zeitgleiche Veröffentlichung, und einen Haufen Kohle dafür verlangen. Ich will nur, dass du die auch dazu verpflichtest.«
    »Mach ich sowieso immer.«
    »Dann können wir’s doch in den Vertrag reinschreiben, oder?«
    Rado verdrehte die Augen. »Also gut, gib her, du Heiliger.« Er nahm das Formular und kritzelte etwas auf die gepunkteten Linien unter dem Punkt Sonstiges . Dann legte er es wieder vor Ingo hin. »Okay so?«
    Es gilt als vereinbart, dass das Video nicht verwendet werden darf, um ausländische Mitbürger zu diskriminieren. Eventuelle weitere Lizenznehmer sind ebenfalls in diesem Sinne zu verpflichten.
    »Ja«, sagte Ingo und unterschrieb.
    Rado krallte sich den Vertrag. »Kriegst gleich eine Kopie.« Er griff nach dem Telefonhörer und drückte eine Taste mit der Aufschrift MA. »Törlich. Marketing und Webdesign sollen alles fallen lassen und in einer halben Stunde im großen Konferenzraum sein. Und schon mal den Beamer anwerfen.«
    Seine Augen funkelten, wie immer, wenn er eine Chance sah, die Medienwelt aufzumischen. Er betrachtete den USB-Stick mit dem Video, als handele es sich um einen kostbaren Diamanten. »Fast schade, dass wir das auch der Polizei geben müssen.«
    »Ach ja«, fiel Ingo ein. »Das mache ich übrigens persönlich.«
    Rado musterte ihn befremdet. »Du spinnst.«
    »Die haben mir eins reingewürgt mit ihrer Pressekonferenz«, beharrte Ingo. »Jetzt bin ich dran.«
    »Ja, bist du ganz bestimmt, wenn du das machst«, schnaubte Rado. »Die suchen diese Zeugin noch immer. Glaubst du, die lassen dich einfach so wieder rausspazieren? Nee, lass das mal unseren Anwalt erledigen. Dafür zahlen wir ihn ja schließlich.«
    »Es ist was Persönliches«, beharrte Ingo. Und das war es. Er war auf einer Mission. Er diente einem höheren Ziel. Es kam nicht infrage, sich zu verstecken. Er musste seinen Widersachern selber gegenübertreten, Auge in Auge.
    Rado sah ihn forschend an, seufzte. »Ach du Scheiße.« Er beugte sich vor, drückte einen anderen Knopf an seiner Sprechanlage. »Birgit? Belegen Sie den kleinen Konferenzraum. Doktor Schneider von der Rechtsabteilung soll dorthin kommen. Und rufen Sie die IT an, die sollen ihren besten Crack schicken. Sofort.«
    Justus Ambick saß gerade mit dem Staatsanwalt zusammen, um die Entwicklungen in zwei anderen Mordfällen zu besprechen, als ein junger

Weitere Kostenlose Bücher