Todesengel
spricht jedenfalls nicht gerade für einen logischen Verstand«, erwiderte David. »Vergiß nicht, daß wir in einer Kleinstadt leben. Wir sollten uns hier besser keine Feinde machen.«
»David, ich bitte dich! Ein Mensch ist brutal ermordet worden, und anschließend hat man die Leiche in unserem Keller eingemauert. Und die Polizei scheint nicht das geringste Interesse daran zu haben, den Mörder zu finden.
Willst du das einfach mit ansehen und nichts dagegen tun?«
»Es ist zwar bedauerlich, daß Hodges tot ist«, erwiderte David, »aber wir haben doch nichts damit zu tun. Meiner Meinung nach sollten wir die ganze Angelegenheit einfach den Behörden überlassen.«
»Wie bitte?« schrie Angela. »Der Mann ist in unserem Haus, in unserer Küche totgeschlagen worden. Ob du es nun willst oder nicht: Wir haben etwas damit zu tun, und ich will herausfinden, wer der Mörder ist. Es macht mich ganz verrückt, wenn ich daran denke, daß er hier herumläuft, und ich werde etwas unternehmen, damit er so schnell wie möglich gefaßt wird. Als erstes sollten wir mal versuchen, etwas mehr über Dennis Hodges herauszufinden.«
»Ich finde, du dramatisierst die ganze Geschichte ein bißchen«, sagte David.
»Das hast du bereits deutlich genug gesagt«, erwiderte Angela. »Ich sehe das aber etwas anders.« Angela schäumte vor Wut; am meisten ärgerte sie sich über Robertson, ein bißchen aber auch über David. Am liebsten hätte sie ihm an den Kopf geworfen, daß er nicht im geringsten der rationale und nette Partner sei, für den er sich immer halte. Doch sie hielt lieber den Mund. Als sie am Krankenhaus ankamen, fanden sie zunächst keinen Parkplatz und mußten das Auto schließlich weit entfernt vom Eingang abstellen. Sie stiegen aus und gingen zurück zum Hauptgebäude.
»Ich finde, wir haben im Moment schon genug Probleme«, bemerkte David. »Ich habe wirklich keine Lust, mir jetzt noch mehr aufzuhalsen.«
»Vielleicht sollten wir jemanden engagieren, der für uns ein paar Nachforschungen anstellt«, schlug Angela vor. »Das kann ja wohl nicht dein Ernst sein.« David blieb abrupt stehen. »Ich glaube nicht, daß wir genug Geld haben, um es für einen solchen Schwachsinn aus dem Fenster werfen zu können.«
»Du scheinst mir nicht richtig zugehört zu haben«, versetzte Angela. »Ich bin nicht der Meinung, daß es Schwachsinn ist, Nachforschungen anzustellen. Vielleicht muß ich es noch einmal wiederholen: Ein Mörder läuft frei in der Stadt herum, und dieser Mörder ist in unserem Haus gewesen. Womöglich sind wir ihm sogar schon begegnet. Wenn ich daran denke, kriege ich das kalte Grausen.«
»Ich bitte dich, Angela!« erwiderte David und ging langsam weiter. »Wir haben es doch nicht mit einem Serienkiller zu tun. Ich finde es nicht besonders verwunderlich, daß der Mörder noch nicht gefunden wurde. Hast du denn noch nie die Geschichten über Mörder in Kleinstädten gelesen? Daß niemand den Mörder verrät, obwohl alle wissen, wer es getan hat? So was nennt man Selbstjustiz: Die Leute gehen davon aus, daß das Opfer verdient hat, was es bekommen hat. Und den alten Hodges hat man in Bartlet offenbar nicht gerade geliebt.«
Schließlich erreichten sie den Eingang des Krankenhauses. In der Eingangshalle blieben sie noch einmal stehen. »Ich bin nicht bereit, die Geschichte unter der Rubrik Selbstjustiz abzuhaken«, stellte Angela klar. »Ich glaube vielmehr, daß es hier um unsere elementare gesellschaftliche Verantwortung geht. Wir leben schließlich in einer Gesellschaft, in der es Gesetze gibt.«
»Ich bin völlig baff«, sagte David. Obwohl er sich gerade noch aufgeregt hatte, lächelte er jetzt. »Daß ausgerechnet du mir einen Vortrag über gesellschaftliche Verantwortung halten willst, ist wirklich der Gipfel. Du kannst dich manchmal so idealistisch geben, daß es mich einfach umhaut. Aber genau das ist es ja, was ich so an dir liebe.« Dann gab er Angela einen Kuß auf die Wange. »Laß uns später weiterreden. Beruhige dich erst mal! Du hast doch schon genug mit Wadley zu tun. Da würde ich mir an deiner Stelle lieber nicht noch ein weiteres Problem aufladen.« David winkte noch einmal kurz und ging. Angela blickte ihm nach, bis er hinter einer Ecke verschwunden war. Sie war gerührt, daß David ihr gerade so spontan gezeigt hatte, wie sehr er sie mochte. Und da sie mit einer solchen Geste nicht gerechnet hatte, fühlte sie sich schlagartig besser. Doch als sie ein paar Minuten später an ihrem Tisch
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