Todesengel
ausgestattet, und durch die dicken Samtvorhänge drang kaum Tageslicht ins Zimmer. Obwohl es zwölf Uhr mittags war, hatte Clara den Kronleuchter und sämtliche Tischlampen eingeschaltet.
Angela und David stellten sich vor und erzählten Clara, daß sie die Käufer ihres ehemaligen Hauses in Bartlet seien.
»Hoffentlich fühlen Sie sich darin wohl«, sagte Clara. »Mir hat das Haus nie gefallen. Für zwei Leute war es viel zu groß, und außerdem zog es an allen Ecken und Enden.« Dann fragte sie ihre Gäste, ob sie gerne Tee trinken würden. David nahm das Angebot dankbar an; von dem Zigarettenqualm in Calhouns Auto tränten ihm nicht nur die Augen, er hatte auch einen wahnsinnigen Durst bekommen.
»Ich kann nicht gerade sagen, daß ich mich auf Ihren Besuch gefreut habe«, sagte Clara, als sie den Tee eingeschenkt hatte. »Diese gräßliche Geschichte hat mich ziemlich durcheinandergebracht. Ich hatte mich gerade damit abgefunden, daß Dennis mit unbekanntem Ziel verschwunden war, und dann mußte ich erfahren, daß er ermordet worden ist.«
»Aber Sie sind doch sicherlich genauso wie wir daran interessiert, daß der Mörder Ihres Mannes hinter Gitter gebracht wird«, bemerkte Calhoun.
»Davon haben wir doch nichts«, erwiderte Clara. »Dann würden wir auch noch alle vorgeladen, um in dem Mordprozeß auszusagen. Da ist es mir doch lieber, nicht zu wissen, wer ihn umgebracht hat.«
»Haben Sie denn irgend jemanden in Verdacht, der Ihren Mann umgebracht haben könnte?« fragte Calhoun. »Ich fürchte, da gibt es jede Menge Kandidaten«, antwortete Clara. »Um diese ganze Geschichte zu verstehen, müssen Sie zwei Dinge über Dennis wissen. Zum einen war er ein unverbesserlicher Dickkopf; deshalb war es nicht einfach, mit ihm zurechtzukommen, was allerdings nicht heißt, daß er nicht auch seine guten Seiten gehabt hätte. Und zum anderen achtete er wie ein Luchs darauf, was im Krankenhaus geschah. Er lag sozusagen mit dem Krankenhausvorstand und mit der neuen Verwaltungsleiterin im Dauerclinch.«
Clara schien einen Augenblick nachzudenken und fuhr dann fort.
»Wahrscheinlich gab es in Bartlet viele Menschen, die so sauer auf Dennis waren, daß sie ihn am liebsten um die Ecke gebracht hätten. Andererseits kann ich mir aber nicht vorstellen, wer von diesen Leuten es tatsächlich fertiggebracht hätte, ihn totzuschlagen. Bei einem Kampf macht man sich doch die Hände schmutzig - und das mögen all diese Ärzte und Bürokraten nicht, meinen Sie nicht auch?«
»Wie ich gehört habe, glaubte Ihr Mann zu wissen, wer der maskierte Täter war, der all die Frauen vergewaltigt hat«, sagte Calhoun. »Können Sie das bestätigen?«
»Ja«, erwiderte Clara. »Er hat es jedenfalls behauptet.«
»Hat er Ihnen gegenüber jemals irgendeinen Namen erwähnt?« fragte Calhoun.
»Nein«, erwiderte Clara. »Er hat mir nur gesagt, daß der Mann etwas mit dem Krankenhaus zu tun hat.«
»Ein Angestellter des Krankenhauses also?« fragte Calhoun.
»Er hat mir nichts Näheres darüber erzählt«, sagte Clara. »Meinem Mann hat es immer Spaß gemacht, andere Leute im Ungewissen zu lassen. Ich erinnere mich allerdings, daß er vorhatte, selber mit der Person zu reden, weil er glaubte, daß der Mann dann damit aufhören würde.«
»Ach, du lieber Himmel!« entfuhr es Calhoun. »Wissen Sie, ob er tatsächlich mit dem Verdächtigen geredet hat?«
»Nein«, erwiderte Clara. »Ich weiß es nicht, aber es ist durchaus möglich. Auf jeden Fall hat er dann beschlossen, zu diesem Widerling Wayne Robertson zu gehen und ihn von seinem Verdacht in Kenntnis zu setzen. Ich erinnere mich so gut daran, weil Dennis und ich uns deshalb furchtbar in die Haare gekriegt haben. Ich wollte ihn davon abbringen, sich mit Robertson zu treffen, denn ich wußte genau, daß die beiden wieder aneinandergeraten würden. Robertson hat meinen Mann schon lange auf dem Kieker. Deshalb habe ich Dennis gesagt, er solle Robertson doch einen Brief schreiben oder ihm seinen Verdacht telefonisch mitteilen; aber Dennis wollte nicht auf mich hören. Er war eben ein Dickkopf.«
»War das an dem Tag, an dem er verschwunden ist?« fragte Calhoun.
»Ja«, bestätigte Clara. »Aber letztendlich ist er dann doch nicht zu Robertson gegangen. Glauben Sie aber bloß nicht, er hätte auf meinen Rat gehört! Das hätte er nie getan! Er hat sich an dem Tag unheimlich aufgeregt, weil wieder einer seiner ehemaligen Patienten gestorben war. Deshalb wollte er sich mit Dr. Holster zum
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