Todesengel
mit der die Krankenversicherung ihre Kosten immer ganz genau kalkulieren kann. Sie wird von der Regierung empfohlen und von den meisten Versicherungen bevorzugt.«
»Ich finde, das ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie Krankenhäuser und Ärzte unter Druck gesetzt und gezwungen werden, den Versicherungen Zugeständnisse zu machen«, sagte Angela.
»Ja, das ist wirklich eine üble Sache«, stimmte David ihr zu. »Dadurch, daß die Klinik die Pro-Kopf-Beiträge akzeptieren muß, ist sie gezwungen, wie eine Versicherung zu kalkulieren. Das Krankenhaus selbst - und nicht etwa die CMV - trägt also einen großen Teil des Risikos, daß die Versicherten auch mal krank werden und somit Geld kosten.«
»Was heißt denn ›Pro-Kopf-Beitrag‹?« schaltete sich Nikki ein.
David drehte sich zu seiner Tochter um. »Wenn Pro-Kopf-Beiträge abgeführt werden, heißt das, daß für jede versicherte Person eine festgelegte Geldsumme an das Krankenhaus bezahlt wird. Normalerweise werden diese Beiträge monatlich gezahlt.«
Nikki blickte David immer noch ziemlich verdutzt an. »Ich will dir das mal an einem Beispiel erklären«, fuhr David fort. »Sagen wir mal, die CMV zahlt für jedes ihrer Mitglieder jeden Monat eintausend Dollar an das Städtische Krankenhaus von Bartlet. Wenn dann eines dieser Mitglieder ins Krankenhaus eingewiesen werden muß, dann ist die Sache für die CMV bereits erledigt; sie muß zusätzlich zu dem Pro-Kopf-Beitrag nichts mehr bezahlen. Das heißt wiederum: Wenn einen Monat lang niemand krank wird, dann scheffelt die Klinik eine Menge Geld. Aber was passiert wohl, wenn viele Leute krank werden und ins Krankenhaus müssen? Was glaubst du, Nikki?«
»Das hat sie nicht verstanden, David«, warf Angela ein. »Hab’ ich natürlich verstanden«, erwiderte Nikki. »Wenn alle Leute krank werden würden, ginge das Krankenhaus pleite.«
David grinste zufrieden und knuffte Angela in die Seite. »Hast du’s gehört?« fragte er triumphierend. »Sie ist eben meine Tochter.«
Ein paar Stunden später waren die Wilsons wieder im Southend von Boston angelangt. Angela freute sich, weil sie nur einen halben Block von der Eingangstür zu ihrem Apartment einen Parkplatz gefunden hatte. David weckte Nikki, die auf dem Rücksitz eingeschlafen war. Gemeinsam gingen sie ins Haus und marschierten die Treppen zu ihrer Wohnung hinauf, die sich im vierten Stock befand.
»Nein! Das darf doch nicht wahr sein!« schrie Angela. Sie hatte die Wohnungstür als erste erreicht. »Was ist denn los?« fragte David und schaute ihr über die Schulter.
Angela zeigte auf die Tür. An der Stelle, an der die Einbrecher ein Brecheisen angesetzt hatten, war das Holz gespalten. David drückte gegen die Tür. Sie ließ sich ohne weiteres öffnen, denn alle drei Schlösser waren geknackt worden.
David tastete sich zum Lichtschalter vor. Die ganze Wohnung war auf den Kopf gestellt worden: Umgeworfene Möbel lagen kreuz und quer, Schubladen waren aus den Schränken gerissen und ihr Inhalt auf dem Boden verteilt worden.
»Oh, nein!« rief Angela. Sie war den Tränen nahe. »Bloß nicht aufregen!« sagte David. »Was passiert ist, ist passiert. Laß uns jetzt nicht hysterisch werden.«
»Was soll das heißen? ›Laß uns nicht hysterisch werden!‹« fragte Angela mit schriller Stimme. »Die Wohnung ist ruiniert. Und der Fernseher ist auch weg!«
»Dann kaufen wir eben einen neuen Fernseher«, sagte David ruhig.
Nikki kam aus ihrem Zimmer zurück und berichtete, daß dort alles in Ordnung sei.
»Na, das ist ja wenigstens etwas«, bemerkte David. Während Angela im Schlafzimmer verschwand, inspizierte er die Küche. Außer einem Fleck Vanilleeis, das auf der Arbeitsfläche geschmolzen war, schien die Küche ebenfalls in Ordnung zu sein.
David nahm den Telefonhörer ab und wählte die Nummer der Polizei. Während er noch darauf wartete, daß am anderen Ende jemand abnahm, kam Angela aus dem Schlafzimmer zurück und hielt ein leeres Schmuckkästchen in der Hand; Tränen liefen über ihre Wangen. Nachdem David der Polizei die nötigen Einzelheiten durchgegeben hatte, kümmerte er sich um Angela. Sie hatte alle Mühe, ihre Nerven unter Kontrolle zu halten. »Bitte, komm mir jetzt nicht mit noch so einem vernünftigen Spruch«, stammelte Angela unter Tränen. »Und sag bloß nicht, wir können ja neuen Schmuck kaufen.«
»Okay. Ich sag’ nichts«, erwiderte David. Angela rieb sich mit dem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht. »Es ist so
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