Todesengel
recht«, gestand David. »Die Vorstellung, noch einmal mit Robertson sprechen zu müssen, haut mich nicht gerade vom Hocker.«
Daß David zuerst bei Robert Scali vorbeifuhr, lag vor allem daran, daß er furchtbar neugierig war. Er hatte gehofft, daß der Ex-Freund seiner Frau wie ein langweiliger Akademiker aussah, doch zu seiner Enttäuschung mußte er feststellen, daß Robert ein recht gutaussehender Mann war; er hatte ein sonnengebräuntes Gesicht und wirkte ziemlich sportlich. Und zu allem Unglück schien er auch noch ein richtig netter Kerl zu sein.
Sie schüttelten sich zur Begrüßung die Hände. David merkte, daß auch er genau von Robert ins Visier genommen wurde.
»Vielen Dank für Ihre Arbeit«, sagte David. »Sie waren uns eine große Hilfe.«
»Dafür sind Freunde doch da«, winkte Robert ab und überreichte David eine weitere Kiste voller Unterlagen. »Ich habe übrigens noch etwas Neues über die finanzielle Situation eines Ihrer Verdächtigen in Erfahrung gebracht, das Sie vielleicht interessieren dürfte«, sagte Robert. »Ich habe herausgefunden, daß Werner van Slyke im vergangenen Jahr mehrere neue Bankkonten eröffnet hat; und dazu ist er immer nach Albany oder nach Boston gefahren. Gestern hatte ich diese Information noch nicht, weil ich mich vor allem darauf konzentriert hatte herauszufinden, was die Verdächtigen mit ihren Kreditkarten gekauft haben und ob sie verschuldet sind.«
»Das ist ja seltsam«, bemerkte David. »Hat er denn viel Geld auf seinen Konten?«
»Auf keinem der Konten hat er mehr als zehntausend Dollar. Wahrscheinlich wollte er vermeiden, daß die Banken seine Kontenbewegungen melden, denn bei Einzahlungen von mehr als zehntausend Dollar sind sie dazu gesetzlich verpflichtet.«
»Es ist trotzdem ein Haufen Geld für einen Mann, der die Werkstatt eines Kleinstadt-Krankenhauses leitet«, stellte David fest.
»Heutzutage muß man wohl davon ausgehen, daß dieser Knabe der Anführer eines kleinen Drogenringes ist«, vermutete Robert. »Aber wenn ich mit dieser Annahme richtig liege, sollte er sein Geld besser nicht auf Bankkonten deponieren, sondern es in Plastiktüten verpacken und verbuddeln. So macht man das nämlich.«
»Vielleicht haben Sie recht«, sagte David. »Ich habe ein paar Teenager behandelt, die mir erzählt haben, daß man in der High School von Bartlet ganz einfach an Marihuana kommen kann.«
»Da sehen Sie’s«, triumphierte Robert. »Vielleicht gelingt es Ihnen und Angela ja nicht nur, diesen Fall zu lösen, sondern auch noch dazu beizutragen, daß Amerika eines Tages drogenfrei ist.«
David lachte und dankte Robert noch einmal für seine Hilfe.
»Wenn Sie und Angela mal wieder in die Stadt kommen, müssen Sie mir unbedingt rechtzeitig Bescheid sagen«, verlangte Robert zum Abschied. »Hier gibt es ein sehr gutes Restaurant, in das ich Sie gerne einladen würde. Es ist das Anago Bistro.«
»Gerne. Wir melden uns«, versprach David im Weggehen. Nachdem er die Kiste mit den Computerausdrucken im Kofferraum verstaut hatte, überquerte David den Charles River und fuhr dann über den Fenway stadtauswärts. Da am Sonntagnachmittag kaum Autos unterwegs waren, brauchte er nur zwanzig Minuten bis zum Veteranen-Krankenhaus.
David ließ Nicole ausrufen und wartete in der Eingangshalle des Krankenhauses auf sie. Nachdem sie sich freundlich, aber zurückhaltend begrüßt hatten, fühlten sie sich beide ein wenig unwohl. Doch als David erfuhr, daß es in Nicoles Leben einen neuen Mann gab, war er erleichtert und entspannte sich. Nicole schlug vor, in den Aufenthaltsraum für Ärzte zu gehen, damit sie sich ungestört unterhalten könnten. Als sie sich dort niedergelassen hatten, erzählte David ihr die ganze verhängnisvolle Geschichte, die er mit Angela in Bartlet erlebt hatte. Danach bat er sie um ihre Hilfe.
»Was meinst du?« fragte David. »Würdest du so nett sein und in deinem Computer nachsehen, was über die Verdächtigen gespeichert wurde?«
»Bleibt es unter uns, wenn ich dir helfe?« fragte Nicole. »Ich gebe dir mein Ehrenwort«, versprach David. »Ich werde nur mit Angela darüber reden.«
»Okay, damit kann ich leben«, sagte Nicole und nickte. »Wenn wirklich jemand Patienten ermordet, dann kann ich wohl guten Gewissens eine Vertraulichkeitsvorschrift übertreten, denn in diesem Fall, glaube ich, heiligt der Zweck die Mittel.«
David gab Nicole die Liste mit den Namen der Hauptverdächtigen: Devonshire, van Slyke, Forbs, Ullhof und
Weitere Kostenlose Bücher