Todesengel
Krempe seiner Mütze. Er war groß und schlaksig; im Gegensatz zu Robertson trug er seine Uniform. In der Hand hielt er eine riesige Taschenlampe.
»Officer Morris hat mich sofort nach Ihrem Anruf von zu Hause abgeholt«, erklärte Robertson. »Eigentlich habe ich dienstfrei, aber was Sie da erzählt haben, klang so interessant, daß ich mitkommen wollte.« Angela nickte. »Vielen Dank, daß Sie gekommen sind.« David und Angela führten die Polizisten in den Keller. Nikki blieb oben im Wohnzimmer. Robertson nahm Morris die Lampe aus der Hand und steckte den Kopf durch das Loch. »Das gibt’s doch gar nicht!« rief er. »Da liegt ja unser alter Doktor.«
Er zog seinen Kopf wieder heraus und sagte: »Tut mir leid, daß Ihnen das passieren mußte. Der Leichnam ist zwar nicht mehr gerade der frischeste, aber ich habe trotzdem sofort erkannt, wer da liegt. Das ist Dr. Dennis Hodges. Sie wissen ja sicherlich, daß Sie in seinem ehemaligen Haus wohnen.«
Angela sah David an. Eine kalte Gänsehaut lief ihr über den Rücken.
»Wir müßten den Rest der Mauer einschlagen, damit wir die Leiche rausholen können. Geht das, oder gibt das irgendwelche Probleme?«
»Müssen Sie nicht einen Gerichtsmediziner verständigen?« fragte Angela. Da sie sich selbst für dieses Gebiet interessierte, wußte sie, daß man üblicherweise bei jeder ungeklärten Todesursache einen Gerichtsmediziner hinzuzog. Und der Fund einer halbverwesten Leiche war wohl Grund genug, einen Experten zu verständigen. Robertson sah Angela kurz an und überlegte, was er erwidern sollte. Er mochte es gar nicht, wenn ihm jemand in seinen Job hineinredete, und noch weniger konnte er es leiden, wenn der Einwand von einer Frau kam. Das Problem war nur, daß Angela recht hatte. Und jetzt mußte er tatsächlich den Gerichtsmediziner anrufen. »Wo ist das Telefon?« fragte Robertson. »In der Küche«, erwiderte Angela. Zunächst mußten sie Nikki vom Telefon loseisen. Sie hatte bereits Arni und Caroline angerufen, um ihnen aufgeregt mitzuteilen, daß sie im Keller eine Leiche gefunden hatten.
Als der Gerichtsmediziner informiert war, machten Robertson und Morris sich an die Arbeit und rissen die Mauer ein.
David holte eine Verlängerungsschnur und eine Stehlampe, damit die Polizisten besser sehen konnten, wo sie den Hammer ansetzen mußten. Gleichzeitig sorgte das zusätzliche Licht dafür, daß man die Leiche besser erkennen konnte. Im großen und ganzen war sie noch recht gut erhalten; nur der untere Teil des Gesichts war schon beinahe komplett skelettiert. Die Kieferknochen und die meisten Zähne waren vollkommen freigelegt und hoben sich grell vom übrigen Gesicht ab. Überraschenderweise war die obere Gesichtshälfte nahezu unversehrt. Die Augen des toten Hodges waren weit aufgerissen, und auf der Stirn, etwa am Haaransatz, klaffte eine tiefe Aushöhlung, die mit grünem Schimmel bedeckt war. »Da hinten liegt ein Haufen Zeug in der Ecke«, sagte Robertson. »Es sieht aus wie leere Zementsäcke. Und daneben liegt eine Maurerkelle. Mein Gott! Offenbar hat er alles mit hier drinnen gehabt. Vielleicht war es ja Selbstmord.«
David und Angela sahen sich an und dachten beide das gleiche: Entweder war Robertson der schlechteste Polizist der Welt, oder er hatte ein Faible für schwarzen Humor.
»Ich frage mich, was das wohl für Unterlagen sind«, sagte Robertson und richtete den Lichtstrahl jetzt auf den Boden der Gruft, wo verstreut ein paar Blätter herumlagen. »Sieht aus, als seien es Kopien von irgend etwas«, mutmaßte David.
»Jetzt sehen Sie sich das mal an«, rief Robertson und deutete mit der Taschenlampe auf ein Werkzeug, das halb unter der Leiche lag. Es sah aus wie eine flache Brechstange. »Was ist das denn?« fragte David. »Ein Brecheisen«, antwortete Robertson. »Man kann es für alle möglichen Zwecke benutzen, meistens wird es beim Abbruch von Häusern verwendet.« Im selben Augenblick rief Nikki von oben, daß der Gerichtsmediziner eingetroffen sei. Angela ging hinaus, um ihn in Empfang zu nehmen. Dr. Tracy Cornish war ein schlanker, mittelgroßer Mann mit Nickelbrille. In der Hand hielt er eine große, altmodische Tasche aus schwarzem Leder.
Angela stellte sich vor, und anschließend ging sie mit Dr. Cornish dann nach unten. Für ein paar Minuten blieb er stehen und betrachtete die Szenerie. »Interessant«, sagte er. »Die Leiche ist noch erstaunlich gut erhalten. Seit wann wird der Mann vermißt?«
»Seit ungefähr acht Monaten«,
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