Todesfahrt: Thriller (German Edition)
müssen.«
»Da sind Sie nicht allein, Fahrner!« Dietrich bedankte sich bei dem französischen Leutnant und sah dann Jamanah an. »Ich würde gerne etwas essen. Hast du auch Hunger?«
So viel Deutsch, um diese Frage verstehen zu können, hatte Jamanah bereits von ihm und seinen Leuten aufgeschnappt. Mit dem Gefühl, dass sie sich auf ihn verlassen konnte, strahlte sie ihn lächelnd an und antwortete auf Deutsch: »Ja, ich Hunger!«
SECHZEHN
H
enriette wünschte sich, unsichtbar zu sein und am besten auch unhörbar. Zwei Piraten standen unter ihr und erweckten nicht den Eindruck, als würden sie in absehbarer Zeit verschwinden. Dabei versperrten die Kerle ihr den Weg zu einer Wartungsluke, von der eine Leiter ein Deck tiefer zu dem Verteilerkasten führte, der in Petras Plänen eine entscheidende Rolle spielte. Ihre Hand griff fast wie von selbst zu ihrer Gasdruckpistole, und erst als sie bereits auf einen der beiden Kerle zielte, fragte sie sich, ob sie in ihrem Job bereits zu einer kaltblütigen Mörderin geworden war.
Ein Teil ihrer selbst gab Antwort. Die Männer waren Feinde, und es ging darum, das Schiff und die Geiseln darauf zu befreien. Im Guten war dies nicht möglich, also konnte nur Gewalt helfen. Da die Piraten nach dem Verschwinden ihres deutschen Söldners ruhig geblieben waren, hoffte sie, dass auch der Verlust zweier weiterer Männer sie nicht misstrauisch machen würde.
Ein Risiko war es trotzdem, und sie zögerte. Da sagte einer der Männer lachend etwas zu dem anderen und schlenderte davon.
Nur noch einer, sagte Henriette sich und zählte bis dreißig. Dann würde der andere weit genug weg sein. Der Pirat setzte sich jetzt auf den Sessel des Chefingenieurs, nahm seine MP, eine moderne Cobray M-11, in den Arm und starrte ins Leere.
Henriette überlegte, ob sie ihn auf eine andere Weise ausschalten konnte, doch jede Alternative barg in ihren Augen ein zu großes Risiko. Zudem war der Raum zu groß für den Einsatz einer Gaspatrone. Der Pirat brauchte nur eine einzige Kugel abzufeuern, dann war hier der Teufel los. Daher wartete sie, bis sie das Gefühl hatte, der Mann würde dösen, legte an, atmete einmal tief durch und drückte ab.
Der Somali zuckte zusammen und griff sich mit der Rechten an den Hals, als hätte ihn dort ein Insekt gestochen. Ein paar Sekunden lang keuchte er schwer, dann erschlafften die Glieder, und er hing im Sessel, als schlafe er.
Henriette unterdrückte ihre Gewissensbisse, huschte in den Raum, öffnete die Luke und stieg in die Tiefe. Der Verteilerkasten war riesig, und für einen Moment bezweifelte sie, dass sie ihre Aufgabe zu Petras Zufriedenheit erledigen konnte. Mit zusammengebissenen Zähnen öffnete sie die Abdeckung des Kastens und suchte in dem Gewirr der Kabel nach der richtigen Leitung. Als sie diese gefunden hatte, kontrollierte sie mit einem Phasenprüfer, ob sie unter Strom stand. Das war nicht der Fall, denn die Piraten hatten die meisten Generatoren an Bord abgeschaltet.
Erleichtert löste Henriette die Schrauben der Klemme, in der die vier Drähte der Leitung befestigt waren, zog diese heraus und begann, einen nach dem anderen in einer anderen Klemme wieder festzuschrauben. Als sie damit fertig war, funkte sie Petra kurz an.
»Alles okay!«, kam es leise zurück.
Henriette schraubte die Verkleidung wieder an und stieg nach oben. Bis auf den toten Piraten herrschte im Maschinenraum gähnende Leere. Für einen Augenblick überlegte sie, ob sie den Mann verschwinden lassen sollte, sagte sich dann aber, dass sie damit mehr Unruhe auslösen würde, als wenn die Kumpane des Kerls glaubten, er wäre auf natürliche Weise ums Leben gekommen.
Auf Schleichwegen kehrte sie zu Petra und Evelyne Wide zurück und genehmigte sich dort erst einmal eine Flasche Mineralwasser, um den unangenehmen Geschmack zu vertreiben, der sich in ihrem Mund breitgemacht hatte.
»Jetzt wären wir so weit. Henriette, du kannst Torsten das Signal senden. Ich fange nämlich an!« Petra hatte ihren Laptop in eine Buchse hinter einer Wandverkleidung gestöpselt und zusätzlich eine Art Joystick angeschlossen. Sie probierte diesen aus und nickte zufrieden.
»Jetzt geht’s los«, sagte sie leise und gab über die Tasten eine Ziffernkombination ein. Auf dem Bildschirm erschien ein Frame, der Henriette an die Anzeigenkonsolen eines Flugzeugs erinnerte. Es handelte sich um die Steuerung der Lady of the Sea , die Petra eben auf ihren Laptop umgeleitet hatte.
Erneut drückte
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