Todesfahrt: Thriller (German Edition)
Petra mehrere Tasten. Ein Aufröhren im Bauch des Schiffes und ein leichtes Vibrieren zeigten ihnen an, dass die Maschinen der Lady anliefen. Mit einem weiteren Tastenbefehl betätigte Petra die Ankerwinden. Danach schloss sie sämtliche Schotten an Bord. Nun konnten die Piraten nicht mehr ungehindert von einem Teil des Schiffes in einen anderen gelangen. Sie versperrte auch die Zugänge zu den Lagerräumen, in denen die Mannschaftsmitglieder und der größte Teil der Passagiere eingesperrt worden waren, sodass diese es nur noch mit ihren Wächtern zu tun hatten. Auf diese Weise, so hoffte sie, würde es nicht zu einem größeren Blutbad kommen. Dann schaltete sie auf ein anderes Bild um, das ihr die wieder funktionierende Radaranlage lieferte, und nahm den Joystick in die rechte Hand.
»Kurs Nordnordost«, murmelte sie mit vor Aufregung zitternder Stimme.
Evelyne hatte ihr verständnislos zugesehen und wandte sich jetzt an Henriette. »Was macht sie da?«
Petra antwortete selbst. »Kapitänin zur See Petra Waitl geht auf große Fahrt!«
»Und was heißt das?«
Henriette versuchte zu lächeln. »Wir haben die Steuerung des Schiffes und die Kontrolle über sämtliche Maschinen in diesen Raum umgeleitet und die Lady übernommen. Die Piraten müssten jetzt schon die Maschinen in die Luft sprengen, um uns zu stoppen. Das zu verhindern wird meine Aufgabe sein.«
SIEBZEHN
H
anif saß an Deck, blickte zu den Sternen und fragte sich, weshalb diese nicht auf ein friedliches und glückliches Volk der Somalis scheinen konnten. Allmählich bezweifelte er, dass der Weg, den Wafal Saifullah unter dem Einfluss seiner Tochter eingeschlagen hatte, zum Frieden führen würde.
Sie hatten Tod und Verderben über die Majerten, die Warsangeli und die Isaaq gebracht. Zwar würden sie deren Gebiete erobern, aber diese Stämme niemals für sich gewinnen können. Irgendwann würden die Unterworfenen sich erheben und sich gegen die Dulbahante wenden, obwohl diese im Grunde die ersten Opfer der fanatischen Witwe geworden waren. Ihr Vater und ihr verstorbener Mann hatten nur einen kleinen Teil des Stammes beherrscht. Unter ihrem Einfluss aber war der Rest mit Drohungen und Versprechungen zu einem Bündnis gezwungen worden. Dabei war noch jeder gescheitert, der die Somalis mit Gewalt hatte beherrschen wollen, ob dies ein Diktator wie Siad Barre gewesen war, Warlords wie Mohammed und Hussein Aidid oder die Fanantiker der islamischen Al-Shabaab.
»Werden auch wir so enden?«, fragte Hanif sich und dachte unwillkürlich an das Schicksal der Geiseln auf dem Schiff. Was würde Sayyida tun, wenn die deutsche Regierung kein Lösegeld zahlte? Sie brauchte das Geld dringend, um ihre Anhänger bei der Stange zu halten. Was würde werden, wenn die Deutschen statt Geld Soldaten schickten, um die Entführung der Schiffe und den Tod der Geiseln zu rächen? Dann würden Tausende Somalis sterben, weil eine einzige Frau vom Ehrgeiz zerfressen war und ihren Willen hatte durchsetzen können.
Hanif wünschte sich, mit Sven Kunath Fußball spielen und sich mit ihm über Sport unterhalten zu können, anstatt ein Schiff und über zweitausend Geiseln bewachen zu müssen. Wenn Sayyida befahl, die Gefangenen zu töten, würde auch dieser Mann sterben. Dabei konnte Sven Kunath ebenso wenig wie die meisten anderen Geiseln etwas dafür, dass ihre Regierung die Isaaq in Somaliland unterstützte.
Bei dem Gedanken sah Hanif zur Caroline hinüber und schüttelte verwundert den Kopf, als er den Frachter nicht mehr an der Stelle fand, an der er ihn vorhin noch gesehen hatte. Nun wurde er auf einen leichten Luftzug aufmerksam, der über das Deck strich, und glaubte, ein Geräusch wahrzunehmen, das aus dem Bauch des Schiffes drang.
Erschrocken sprang er auf und sah sich um. Es war die Lady of the Sea , die sich bewegte! Das Schiff hatte Kurs auf die offene See genommen. Aber das war unmöglich! Sie hatten alle Maschinen abgeschaltet und die Brücke lahmgelegt, um der Besatzung keine Möglichkeit zu bieten, das Schiff wieder an sich zu bringen. Verwirrt eilte er zum Heck und starrte mit aufgerissenen Augen auf den weiß fluoreszierenden Streifen, zu dem die Schiffsschrauben das Wasser verwirbelten.
In dem Augenblick schob Hanif alle Zweifel beiseite, die ihn eben noch bedrückt hatten, und riss seine Cobray M-11 hoch. Die Geschossgarbe raste wie glühende Funken in den Himmel und weckte auch den letzten Piraten auf.
»Alarm! Jemand hat das Schiff in seine Gewalt
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