Todesfahrt: Thriller (German Edition)
können den Absendern sagen, sie sollen Flaschen besser verpacken. Hier sind mindestens zwei mit Schnaps zerbrochen. Riechen Sie nur, wie das stinkt!«
Torsten betrachtete das Paket, das tatsächlich so aussah, als hätte jemand es als Fußball benützt. Wie Wagner es geschafft hatte, es in diesem Zustand und noch dazu mit einer völlig aus der Luft gegriffenen Absenderadresse hierherzuschicken, vermochte er nicht einmal zu erraten. Sogar die Briefmarken und der Poststempel sahen original aus.
Er bedachte die empörte Frau mit einem amüsierten Blick. »Sehen Sie doch das Positive an der Sache. Schnaps, der ausgelaufen ist, kann keiner mehr trinken. Damit wird schon wieder jemand vor dem Alkohol gerettet.«
»Ich werde nach Feierabend über diesen Witz lachen«, fauchte die Frau und knallte ihm einen Vordruck hin. »Hier unterschreiben!«
Torsten tat ihr den Gefallen, nahm das Paket an sich und verließ, noch immer feixend, das Botschaftsgelände. Für sein Gefühl hatte Wagner es diesmal mit der Tarnung ein wenig übertrieben. Andererseits hatte sein Vorgesetzter sichergestellt, dass sich niemand an dem Paket vergriff.
Eine halbe Stunde später saß Torsten in seinem Zimmer im Hotel D’Afrique und schnitt den Bindfaden auf, mit dem das Paket umwickelt worden war. Obwohl er Wagner vertraute, war er doch in Sorge, ob seine Sphinx AT2000 die Reise gut überstanden hatte.
Henriette und Petra würden mich auslachen, könnten sie mich jetzt sehen, dachte er. Wahrscheinlich werden die beiden meine Beziehung zu dieser Waffe nie begreifen.
Als er das Paket öffnete, traf er zuerst auf die beiden zerbrochenen Rumflaschen. Diese steckten in einem engmaschigen Plastiknetz, um zu verhindern, dass er sich an den Scherben schnitt. Er legte sie ebenso beiseite wie mehrere zerquetschte Bananen und ein vom Rum verfärbtes Taschenbuch. Danach stieß er auf die eigentliche, in Plastikfolie eingeschweißte Sendung mit seiner im Schulterhalfter steckenden Waffe sowie einem dicken Bündel amerikanischer Dollars, die dafür gedacht waren, Freunde und Feinde bei guter Laune zu halten. Ein angeblich hier in Addis Abeba ausgestelltes Ticket für einen Flug nach Dire Dawa war ebenso dabei wie sein Kampfmesser und einige weitere Ausrüstungsgegenstände.
Torsten legte das Schulterhalfter um und zog seine Leinenjacke wieder an. Als er sich prüfend vor den Spiegel stellte, fletschte er die Zähne. Anders als bei seinem weit geschnittenen Lederblouson zeichnete sich die Waffe unter diesem Kleidungsstück ab.
So konnte er nicht in die Maschine nach Dire Dawa steigen. Er packte die Waffe und das, was für ihn wichtig war, in seinen Koffer. Die zerbrochenen Flaschen und die Bananen wanderten in den Abfallkorb, dann griff er zum Haustelefon und bestellte sich eine Flasche Mineralwasser.
Als er kurz darauf am Fenster saß und auf die Stadt hinausblickte, dachte er, dass sein Aufenthalt in Afrika abgesehen von einer verärgerten Botschaftsangestellten relativ harmlos begonnen hatte. Sein Gefühl sagte ihm jedoch, dass dies wohl kaum so bleiben würde, und er wartete gespannt auf das, was vor ihm lag.
ZEHN
W
agner hatte den Flug nach Dire Dawa bei Ethiopian Airlines gebucht, und so fand Torsten sich als einziger Europäer zwischen mehreren zusammengehörenden Gruppen wieder, die von der Hauptstadt in ihre Heimat zurückkehren wollten. Die meisten verstanden nur ihre eigene Sprache. Zwar konnte Torsten anhand der Wortmelodie verschiedene Dialekte unterscheiden, hatte aber von keinem mehr als rudimentäre Kenntnisse.
Ein junger Mann jedoch verstand Englisch und schien es als seine Aufgabe anzusehen, den Fremden zu unterhalten und ihm Ratschläge für Aufenthalt und Unterkunft in Dire Dawa zu erteilen. Torsten erklärte ihm, dass ein Zimmer im Ras-Hotel für ihn reserviert sei.
»Ras-Hotel ist sehr gutes Hotel! Wird Ihnen gefallen, Mister. Aber wenn Sie etwas erleben wollen, kann ich Ihnen helfen. Ich kenne mich sehr gut aus in Dire Dawa. Gibt gute Bar dort und hübsche Mädchen. Sind jung und knackig. Können ganz helle haben oder auch schwarz wie die Nacht. Na, wie wäre es, Mister?«
Torsten nahm an, dass der Bursche Prozente bekam, wenn er Freier in diesen Puff schleppte, und schüttelte den Kopf. »Ich brauche keine Frauen!«
»Gibt auch Jungs. Sehr knackig«, bot der andere an.
»Ich brauche auch keine Jungs«, gab Torsten freundlich zurück.
Der junge Mann sah bereits seine Felle davonschwimmen. »Aber so was braucht man
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