Todesfahrt: Thriller (German Edition)
Helferin ihres Vaters und ihres Sohnes, der noch zu jung war, sie anzuführen. Deshalb war Sayyida etwas Besonderes und mit keinem anderen weiblichen Wesen zu vergleichen, am wenigsten mit einer schwächlichen Deutschen, die bereits zusammenzuckte, wenn man nur mit den Fingern schnippte.
Evelyne fand sich daher schneller entlassen, als sie befürchtet hatte, und strebte mit ihrer Tagesration ihrer Kabine zu. Als Erstes trank sie dort einen Schluck Wasser. Dann riss sie die Thunfischdose auf und aß den öligen Fisch mangels Besteck mit den Fingern. Die leere Dose warf sie auf ihren überquellenden Papierkorb und wollte dann die Hände in ihrem Badezimmer waschen. Doch als sie den Hahn aufdrehte, erinnerte sie sich daran, dass die Wasserversorgung an Bord nur für eine Viertelstunde am Abend eingeschaltet wurde, damit die Toiletten durchgespült werden konnten. Ärgerlich leckte sie die Finger ab und rieb sie mit einem nicht mehr ganz sauberen Handtuch trocken.
Als sie anschließend den Laptop aufklappte, tröstete sie sich damit, dass ihr auch dieser Tag genug Stoff für eine gute Reportage bot.
SECHZEHN
A
ls Evelyne Wide wieder auf Sendung ging, wurde ihr Bericht auch von Petra Waitl empfangen. Diese nahm die Reportage auf und ließ sie dann mehrfach ablaufen. Dabei achteten sie und Henriette auf jede Einzelheit.
»Das sind ja Bedingungen!«, stöhnte Petra, während die Journalistin berichtete, wie die Passagiere behandelt wurden. Als ihr der Bericht über die Prügel und Demütigungen der Menschen an Bord zu viel wurde, rettete sie sich in ihren schrägen Humor. »Wenn ich mir vorstelle, dass ich am Tag nur etwas Brot und eine Dose Thunfisch bekommen würde und den öligen Fisch dann auch noch mit den Fingern essen müsste, wird mir schlecht.«
Henriettes Gedanken liefen in eine andere Richtung. »Was meinst du, können wir mit der Reporterin an Bord Kontakt aufnehmen?«
»Das ist kein Problem. Die E-Mail-Adresse kriege ich leicht heraus.« Petra klickte sich in die Datenbanken des Fernsehsenders und mehrerer überregionaler Zeitungen ein und suchte dort nach Informationen. Nach einer Weile sah sie vom Bildschirm auf.
»Die Wide gehört zur Abteilung Klatsch und Tratsch, geht allerdings Risiken ein. Ich glaube, sie könnte uns helfen, Informationen zu sammeln. Dummerweise hat sie seit der Kaperung der Lady mehrere hundert E-Mails erhalten. Also müssen wir dafür Sorge tragen, dass unsere Nachricht nicht im Spamordner verschwindet.«
»Du machst das schon«, sagte Henriette mit einem unternehmungslustigen Lächeln.
»Ich gestalte die Betreffzeile auf ihrem Gerät rot und blinkend, dann schaut sie mit Sicherheit nach. Was soll ich ihr schreiben? Am besten machst du das! Du kennst dich bei Außeneinsätzen besser aus als ich.« Petra räumte großzügig den Platz vor dem Laptop und sah zu, wie ihre Kollegin ihre Fragen in knappen Worten formulierte.
Nachdem Henriette den Text noch einmal gelesen hatte und ihr nichts mehr einfiel, was wichtig sein könnte, schickte sie die Mail ab. Sie drehte sich zu Petra: »Und was machen wir jetzt?«
»Erst einmal auf Hans warten und schauen, ob er etwas Nahrhaftes aufgetrieben hat. Ich habe Hunger. Außerdem könnte ich einen Kaffee brauchen. Meine kleinen grauen Zellen schlafen bald ein.« Petra nahm eine Mineralwasserflasche, trank sie leer, ohne einmal abzusetzen, und schüttelte sich wieder. »Puh, das Wasser ist ja beinahe so warm wie Suppe. Noch ein paar Grad mehr, und ich könnte mir eine Brühe machen.«
»Brühe wäre gar nicht so schlecht. Die ersetzt den Salzverlust beim Schwitzen«, erklärte Henriette.
»Aber dafür ist es viel zu heiß. Ich ziehe ein isotonisches Getränk vor.«
»Dann muss wohl entweder unser Guru den Leuten hier im Camp klarmachen, dass sie für unsere Versorgung zuständig sind, oder wir schicken Hans in die Stadt in der Hoffnung, dass er dort einen Supermarkt auftreibt, in dem er alles kaufen kann, was wir brauchen.«
Auch Henriette sehnte sich nach einem kühlen Schluck Wasser oder Eistee. Sie unterdrückte diesen Drang jedoch und konzentrierte sich wieder auf ihren Job. »Wir sollten versuchen, mehr über die Piraten herauszufinden. Gibt es Nachrichten von unserer Dienststelle?«
»Es gab eine weitere Pressekonferenz, auf der die Kanzlerin wieder einmal erklärt hat, es werde alles Menschenmögliche getan, um das Leben der Passagiere und der Besatzungsmitglieder auf der Lady zu schützen. Langsam könnte sie auch einen
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