Todesfahrt: Thriller (German Edition)
das Beste daraus zu machen.
SIEBZEHN
M
a ggie Dometer war einer Ohnmacht nahe, als sie und Sven Kunath vor der Lobby standen, in der die Passagiere der Lady of the Sea sich von den Piraten registrieren lassen mussten. Zwar hatte sie sich schon mehrmals erfolgreich gegen Erpresser zur Wehr gesetzt, doch diesmal sah sie keinen Ausweg. Wenn die Kerle erfuhren, wer sie war, würden sie sie auch dann nicht freilassen, wenn die Regierung auf die Bedingungen der Piraten eingegangen war, sondern weitere Lösegeldforderungen für sie stellen.
»Ich habe Angst«, flüsterte sie Sven zu und sah sich im nächsten Moment erschrocken um. Doch der nächststehende Pirat kaute auf seinen Katblättern herum und schien angenehmen Träumen nachzuhängen. Wahrscheinlich zählt er in Gedanken bereits die Geldscheine, die er als Beuteanteil bekommt, fuhr es Maggie durch den Kopf.
Auch Sven machte sich Gedanken. Zwar glaubte er nicht, so viel wert zu sein, dass die Piraten ihn wie einige andere aus der Masse der übrigen Passagiere herausholen würden, trotzdem spürte er einen harten Klumpen im Magen. Obwohl er ein bekannter Fußballspieler gewesen war, hatte er nie zu den ganz Großen seines Metiers gehört und in der Bundesliga nur bei nachrangigen Mannschaften gespielt. Im Grunde bin ich gescheitert, sagte er sich. Sein durch Fußballspielen verdientes Geld hatte er durch verfehlte Spekulationen seines Vermögensberaters verloren und musste nun froh sein, wenn er sich ein paar Euros bei Fernsehsendungen oder Auftritten in der Provinz verdiente.
Auch auf der Lady of the Sea war er nicht als zahlender Passagier mitgefahren, sondern sollte zum Gaudium der Zuschauer zeigen, dass er einen Fußball mehrere hundert Mal mit dem Kopf oder den Füßen jonglieren konnte, ohne dass dieser zu Boden fiel. Wirkliche Verantwortung hatte er – außer auf dem Fußballplatz – in seinem ganzen Leben noch nicht übernehmen müssen. Nun aber klammerte sich eine zitternde Frau an ihn, als sei er ihr einziger Halt auf der Welt.
»Eintreten, vorwärts!« Einer der Piraten versetzte ihm einen Stoß in den Rücken. Bevor der Kerl auch Maggie schlagen konnte, schob Sven sie vor sich und nahm den zweiten Schlag mit einem leisen Stöhnen hin.
Maggie drehte sich zu ihm um und sah ihn dankbar an. Das entschädigte ihn für die Schmerzen, und er zwang sich jenes geschäftsmäßige Lächeln auf, das er vor der Kamera zeigen musste, selbst wenn ihm Vogelspinnen über den Arm und den Rücken liefen. Schließlich war es sein Job, in solchen Situationen den Helden zu spielen.
Als sie die Lobby betraten, die bis auf einen Mann hinter der Bar und drei bewaffnete Wächter leer war, hatte er sich so weit in der Gewalt, dass er alles, was um ihn herum geschah, als einen – wenn auch bösartigen Scherz – ansehen konnte.
»Salem aleikum«, grüßte er die Piraten frei nach Karl May.
Der Mann hinter der Theke sah auf und schien ihn mit seinem Blick durchbohren zu wollen. »Wer bist du?«
»Kunath, um es genau zu sagen, Sven Kunath.«
»Was machst du?«
»Im Moment stehe ich hier. Ich sehe, ihr habt die ganze Bar ausgeräumt. Habt ihr nicht irgendwo ein kleines Fläschchen Bier übrig? Allerdings hätte ich es gerne gut gekühlt.«
Bislang hatte der Pirat Passagiere erlebt, die entweder vor Angst geschlottert hatten oder in ihrer Wut ausfallend geworden waren. Doch ein Mann, der ihn nach einem kühlen Bier fragte, war ihm noch nicht untergekommen.
»Beruf«, erklärte er und überlegte, ob er seine Kumpane auffordern sollte, den übermütigen Deutschen ein wenig zurechtzustutzen. Der lehnte sich gerade gegen die Barumrandung und deutete mit der Rechten auf seine Füße.
»Ich war Fußballspieler! Bundesliga!«
Das Gesicht des Somali entspannte sich, und zum ersten Mal zeigte sich ein Lächeln. »Mein Name ist Hanif. Ich spiele auch Fußball mit meinen Kameraden im Camp. Ich will sehen, ob ich besser bin als du.«
»Gern! Machen wir es hier oder oben auf dem Promenadendeck? Aber wenn ich gewinne, kriege ich eine Flasche Bier, verstanden?«
Der andere nickte. »Wir spielen hier. Wenn du gewinnst, bekommst du dein Bier.«
Dann wandte er sich an einen seiner Kumpane und forderte ihn auf, einen Ball zu holen. Bis dies geschehen war, unterhielt er sich mit Sven Kunath über Fußball und wusste dabei erstaunlich gut über die englische Premier League und auch über die Bundesliga Bescheid.
»Kennst du Ballack?«, fragte er.
Sven nickte. »Ich habe ein
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