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Todesfalle Triton

Todesfalle Triton

Titel: Todesfalle Triton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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selbst. Er wußte auch, daß seine und Rugovs Wirklichkeiten sich überlappten. Was er nicht wußte war, welche Vorteile sein Gegner aus seiner guten Beziehung zur Matriarchin und deren Haß auf Rotmans Vater geschlagen hatte. Der Siebzehnjährige war auf alles gefaßt.
    Er zog die Beine an, ging in die Hocke, stieß sich ab, schnellte hoch und ließ sich im nächsten Augenblick wieder ins Gras fallen. Für einen Moment hatte er über die Ährenköpfe des Grases hinwegsehen können: Hundertfünfzig Schritte rechts von ihm ragte eine Gruppe achtzig bis hundert Meter hoher Laubbäume mit weit ausladenden Kronen aus dem Gras. Links von ihm, vielleicht zweihundert Schritte entfernt, hatte etwas Gelbliches zwischen den Spitzen des Grases geglänzt –, ohne Zweifel Rugovs Haarschopf – und ungefähr vierhundert Schritte hinter ihm, hochaufgerichtet im Gras, stand die Echse auf den Hinterläufen – lehmbraun, mit einem Stachelkamm vom Scheitel bis zur Schwanzspitze und mit Hornplatten, handtellergroß am Hals und im Nacken und lukengroß am Rücken, hielt sie ihre stumpfe Schnauze in die Luft und schnüffelte und lauschte.
    Fieberhaft überlegte er, ob er von so einem Tier je gehört hatte. Doch – sein Vater hatte erzählt, daß es auf einem Planeten namens Berlin derartige Reptilien gab. In den Regenwäldern entlang der Canyons rund um den Äquator. Wie hieß die Kreatur? Was waren noch einmal ihre hervorstechenden Eigenschaften?
    Er versuchte sich zu erinnern. Ein Waranus saurus maximus , genau! Hatte sein Vater das Tier nicht so genannt? So ähnlich jedenfalls. Kurzsichtig war es, eine feine Nase hatte es und ein noch feineres Gehör.
    Rotman zog das Messer aus dem Gurt und schleuderte es hinter sich. Fast im selben Moment lag zu seinen Füßen etwas, das zuvor nicht dort gelegen hatte: ein Seil. Der Tausch entsprach den Regeln für derartige Kämpfe.
    Er bückte sich nach dem Seil, wand es um seine Hüfte und spurtete nach rechts in Richtung der Bäume. Sie würden die Furche sehen, die er zwischen den Ähren zog, beide, die Bestie und sein Gegner. Sollten sie.
    Vierzig Schritte trennten ihn noch von den Bäumen, als die Erde wieder zu vibrieren begann. Der Waranus saurus stapfte heran, dabei stieß er ein Gebrüll aus, das Rotman an die Sprengung eines Gletschers denken ließ. Er richtete sich auf, jetzt kam es nicht mehr darauf an. So schnell er konnte, rannte er.
    Fünf Sekunden später der erste Baum. Er ließ ihn rechts liegen, rannte weiter, erreichte den nächsten. Genau den Ast packte er, den er vor sich gesehen hatte, seit er sich seinem fotografischen Gedächtnis eingebrannt hatte. Er schwang sich auf ihn, griff nach dem nächsten, zog sich hinauf, balancierte zum Stamm, stieg dort von Ast zu Ast weiter in die Krone hinein.
    Als er sich zum erstenmal umschaute, stapfte die Echse knapp hundert Schritte entfernt durch das Gras. Nach jedem zweiten Schritt blieb sie stehen, um zu schnüffeln und zu lauschen. Ihre aufgerichteten Ohren drehten sich nach allen Seiten. Als er zum zweiten Mal nach ihr sah, war sie bis auf dreißig Meter herangekommen, und er hatte einen Ast erreicht, der sich ungefähr in ihrer Augenhöhe befand, wenn sie sich auf den Hinterläufen aufrichtete. Rotman unterdrückte die aufkommende Panik. »Weiter«, keuchte er. »Weiter, Roter, du schaffst es …!«
    Seine hinausgespienen Worte waren bis in die letzten Sitzreihen der Arena zu hören, und jeder der Zuschauer hielt den Atem an. Seine Mutter Natalya preßte ihre Stirn gegen die Schulter seines Vaters. Sein Vater legte den rechten Arm um sie und drückte die linke Faust gegen seine Brust, um den stechenden Schmerz darin zu bändigen. Die Matriarchin aber hielt es nicht länger auf ihrem Platz. Sie stand wie festgefroren, und ihre massige Gestalt verdeckte den hinter ihr Sitzenden die Sicht auf die Viquafelder. Sie ballte die Fäuste an ihren Wangen, sie drückte die Daumen auf die Zeigefinger, sie murmelte den Namen des Blonden. »Castor, Castor, mein süßer, starker Castor …«
    Von all dem bekam Rotman nichts mit. Er erschauerte unter dem Gebrüll der Bestie. Er bildete sich ein, ihren heißen Atem im Nacken zu spüren, so nah an seinem Ohr dröhnte ihr Brüllen. Der Oberkörper der Echse brach in die Baumkrone ein, mit ihren Vorderläufen schlug sie ins Geäst, mit dem Gewicht ihres gigantischen Körpers warf sie sich gegen den Stamm.
    Der Baum schwankte, sein Geäst zitterte, Zweige splitterten. Die Schreie aus der dunklen Arena

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