Todesfee
Ziehbruder zu haben?«
»Ich habe zwei Schwestern. Da war es gut, einen
comaltae
zu haben.«
»Das ist ganz natürlich«, stimmte Fidelma zu. »Mochten alle in deiner Familie Enda? Deine Schwestern, zum Beispiel?«
»Meine Schwestern mögenüberhaupt keine Jungen. Deshalb fand ich es toll, einen
comaltae
zu haben. Die Lehrlinge meines Vaters sind zu alt, um sich mit mir abzugeben. Sie interessieren sich nur für ihre Arbeit und für die albernen Mädchen im Dorf, mit denen sie tanzen gehen …
tanzen
!«
Den Jungen schüttelte es, als er das Wort aussprach.
»Du warst also als Einziger mit Enda befreundet.«
»Ich denke schon. Er war zwei Jahre jünger als ich.«
»Aber du mochtest ihn?«
»Ich denke schon.«
»Wie haben deine Eltern ihn behandelt? Nein, schau sie nicht an, Maine. Schau mich an«, fügte sie schnell hinzu, als Colla und seine Frau Anstalten machten, sich von ihren Stühlen zu erheben. Sie warf ihnen einen raschen Blick zu und sagte: »Ihr habt beide zu schweigen, während ich eine Zeugenbefragung durchführe.«
|407| Sie wandte sich wieder dem Jungen zu und wiederholte ihre Frage: »Wie haben deine Eltern ihn behandelt?«
Maine hob die Schultern. »Mein Vater hatte nicht viel mit uns zutun, außer wenn er uns das Wagenbauen und dergleichen beibrachte. Mutter hat sich ständig über irgendetwas beschwert. Ich glaube nicht, dass Enda sie mochte, aber so ist sie eben.«
»Sie hat an euch allen etwas auszusetzen?«
Maine zuckte wieder mit den Schultern. »An Enda mehr als an mir oder meinen Schwestern.«
»Kommen wir dazu, wie du die Leiche gefunden hast. Ich habe gehört, ihr habt an jenem Morgen alle zusammen gespielt?«
Der Junge stieß die Fußspitze auf den Boden.
»Weil Faife gesagt hat, wir müssen. Sie ist meine älteste Schwester und … na, du weißt schon, wie ältere Schwestern sind.«
Fidelma lächelte leicht. »Sag es mir.«
»Sie kommandieren einen immer herum. Du weißt schon.«
»Ihr seid also alle zusammen spielen gegangen, weil Faife es so bestimmt hat? Was habt ihr gespielt?«
»Verstecken. Im Wald. Es war langweilig, weil die Mädchen immer so einfach zu finden sind. Enda hatte schließlich die Nase voll und wollte nach Hause zurückgehen.«
»Aber du bist noch geblieben?«
»Eine Weile. Faife war dran, sich zu verstecken, und wir haben sie lange gesucht. Dieses Mal hatte sie sich gut versteckt. Wäre nicht das mit Enda passiert, wäre unsere Mutter bestimmt böse auf sie gewesen.«
»Böse? Warum?«
»Ich hab sie unter einem Busch gefunden, wo es nass und matschig war. Ihr Kleid war sehr schmutzig. Mutter hätte ihr eine ordentliche Abreibung verpasst, wenn nicht … na, du weißt schon.«
|408| »Was habt ihr dann getan?«
»Faife wollte noch eine Runde spielen, aber mir wurde es langweilig, wie Enda. Ich beschloss, ihn suchen zu gehen.«
»Und dann hast du ihn im Teich gefunden?«
Der Junge nickte rasch.
»Als ich ihn in der Mitte des Teiches gesehen habe, bin ich sofort zu meinem Vater gerannt.«
»Zwei Fragen noch. Wie weit war der Teich von dem Ort entfernt, an dem ihr Verstecken gespielt habt?«
Der Junge runzelte die Stirn. »Nicht sehr weit.«
»Hast du von dem Eierdiebstahl gewusst?«
Maine nickte.
»Was hat Enda gesagt, als er beschuldigt wurde, die Eier genommen zu haben?«
»Er sagte, dass er es nicht getan hat. Dass die Mädchen sich das nur ausgedacht hätten, weil sie ihn nicht mochten. Mutter wollte, dass Vater Enda verprügelt, aber Vater hat gesagt, das dürfe er nicht, aber er wolle bei Gelegenheit mit Endas Vater darüber sprechen.«
Fidelma entließ ihn und rief Una nach vorn. Sie war acht Jahre alt und wirkte ängstlich.
»Mochtest du Enda?«, frage Fidelma.
»Nicht besonders. Jungen sind so grob. Ich weiß nicht, warum er bei uns wohnen musste. Er war …«
Fidelma blickte sie scharf an. »Er war – was?«
»Ein Dieb. Das hat Mama gesagt. Diebe werden bestraft. Deshalb ist er wahrscheinlich im Teich ertrunken. Gott hat ihn wahrscheinlich ertränkt. Das hat Mama gesagt.«
»Aber Enda hat gesagt, er hätte die Eier nicht genommen.«
»Aber sicher hat er sie genommen. Er war ein Lügner, Mama hat das gesagt.«
»Und du glaubst alles, was deine Mutter sagt?«
|409| »Sie ist meine Mutter«, antwortete das Mädchen einfach.
Fidelma ließ sie zu ihrem Platz zurückkehren.
Faife war elf Jahre alt, sie wirkte ernst und versuchte, sich wie eine Erwachsene zu benehmen. Als Fidelma ihr die erste Frage stellte, legte das
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