Todesfee
Bienenzüchter entließ. Eine Weile saß sie in Gedanken versunken da.
»Ich unterbreche die Verhandlung jetzt für einige Zeit«, verkündete sie plötzlich. »Ich möchte den Ort sehen, an dem der Junge starb, damit ich den Tathergang nachvollziehen kann.«
Sie benötigten beinahe eine Stunde, um Collas Gehöft zu erreichen. Fécho, Tassach, Niall, und Colla und Dublemna und ihre Kinder sowie auch ihr Nachbar Mel begleiteten Fidelma und Bruder Corbb. Auf Fidelmas Bitte hin gingen sie alle zu dem Teich, in dem Enda gefunden wurde. Ein kleiner Erlenhain schirmte ihn vom Haus ab. Alle blieben in respektvollem Abstand zurück, als Fidelma sich dem Wasser näherte. Der Teich war so, wie Colla ihn beschrieben hatte. Die Ufer waren tatsächlich so flach, dass der Junge nicht aus Unachtsamkeit hätte hineinfallen können. Fidelma ging mehrmals um den Teich herum und suchte in seiner Umgebung nach Steinen oder etwas anderem, das die von Tassach und Niall beschriebene Wunde an Endas Hinterkopf verursacht haben könnte.
Dann winkte sie Maine zu sich heran.
»Ich möchte, dass du mir zeigst, wo ihr an jenem Morgen gespielt habt«, sagte sie zu ihm.
Der Junge deutete auf das Wäldchen.
»Wo genau?«, wollte sie wissen.
Der Junge führte sie ins Wäldchen hinein. Die Bäume standen dicht, sodass wenige Schritte genügten, um im Wäldchen zu verschwinden. Fidelma fiel auf, dass der Boden hier recht hart und steinig war. Auf einer Lichtung lagen ein paar große Steine. Es war sinnlos, nach genau dem Stein zu suchen, der Endas Hinterkopf verletzt hatte.
»Erzähl mir noch einmal, Maine, was geschehen ist«, sagte |413| Fidelma. »Ihr habt also hier gespielt und Enda wurde das Spiel langweilig. Er ging weg.«
Der Junge nickte.
»Und ihr anderen habt weitergespielt, solange bis es dir ebenfalls zu langweilig wurde und du Enda gefolgt bist?«
»Genau.«
»Hast du eine Vorstellung, wie viel Zeit verstrich, bist du auch weggingst?« Sie fragte das ohne große Hoffnung, denn sie wusste, dass Kinder nicht dasselbe Zeitempfinden haben wie Erwachsene.
»Ich glaube, es war lange nachdem Enda verschwunden war. Faife hatte inzwischen verlangt, eine weitere Runde Verstecken zu spielen. Und es hat eine Weile gedauert, bis wir sie fanden. Una dachte schon, Faife wäre nach Hause gegangen, denn ich war mit Suchen dran. Una habe ich ganz leicht gefunden. Danach haben wir beide Faife gesucht. Dann hatte ich auch die Nase voll von dem Spiel.«
»Ihr habt Faife schließlich unter einem Busch gefunden?«
»Ja.«
»Hier in der Nähe?«
»Dort unter dem großen Busch.« Er zeigte darauf.
Fidelma ging zu dem Busch und sah ihn sich an.
Dann führte Maine sie zu den anderen zurück, die am Teich auf sie warteten.
Fidelma blickte in ihre erwartungsvollen Gesichter.
»Ich kann heute noch kein Urteil in dieser Angelegenheit sprechen. In sieben Tagen werdet ihr es hören.«
Sie eilte davon, um die enttäuschten und verwirrten Mienen der Leute nicht sehen zu müssen.
Drei Tage später saß sie in Brehon Spélans Kammer vor dem Feuer. Der alte Richter hatte auf der anderen Seite des Feuers |414| Platz genommen, er hielt einen Becher angewärmten Wein in der Hand. Fidelma hatte ihm gerade in allen Einzelheiten von dem Fall berichtet.
»Ich begreife dein Problem, Fidelma.« Der alte Richter seufzte. »Es kommt nicht oft vor, dass so klar zutage liegt, was vorgefallen ist, und es doch nicht genügend Beweise gibt, um den Täter schuldig zu sprechen.«
»Das ist wirklich ein trauriger Fall«, stimmte sie ihm zu. »Der arme kleine Enda wurde in eine Umgebung geschickt, die ihm feindlich gesonnen war, und ebendiese Feindseligkeit führte zu seiner Ermordung. Nein, nicht mangelnde Aufsicht wurde ihm zum Verhängnis, sondern er wurde ermordet. Für Colla war er einfach nur Teil einer Vereinbarung, nach der Fécho sämtliche Schmiedearbeiten für ihn erledigen musste. Collas Frau Dublemna hasste den Jungen. Ich glaube, sie ist ein böses Weib, denn sie schreckt auch nicht davor zurück, ihre eigenen Kinder zu schlagen …«
»Obwohl körperliche Züchtigung von Kindern vom Gesetz untersagt wird?«, warf Spélan ein.
»Trotzdem«, bestätigte Fidelma. »So viel hat Faife klargestellt. Colla hat Enda wohl nur beschützt, weil man ihn offensichtlich über den Inhalt des Gesetzes über das Leben von Kindern in Ziehfamilien belehrt hat, als er den Vertrag abschloss.«
»Nach dem, was du sagst, war Enda also nur dem kleinen Maine willkommen, und
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