Todesfee
gefällt oder nicht, es geht hier doch darum, dass die Astrologie dich beschuldigt und du dich daher also auch mit Hilfe der Astrologie verteidigen musst.«
»Ich lasse mich nicht von etwas verteidigen, das mein Glaube mir verbietet.«
»Dann kannst du überhaupt nicht verteidigt werden«, meinte Fidelma und erhob sich. »Wenn ein Mann mit einem Stock auf dich zukommt und dich damit angreift, würdest du dann auch sagen: Ich werde mich nicht dagegen verteidigen, denn dieser Mann hat nicht das Recht, den Stock als Waffe gegen mich zu erheben?«
Sie war schon beinahe an der Tür, als der Abt nervös hüstelte. Sie wandte sich erwartungsvoll zu ihm um.
»Wie würdest du mich denn verteidigen?«, murmelte er.
»Wo warst du, als Eolang ertrank?«, fragte sie.
»An dem Morgen habe ich mich mit der Buchhaltung des Klosters beschäftigt. Unsere Brüder fertigen Lederwaren und verkaufen sie. Mit dem Erlös erhalten wir unsere kleine Gemeinschaft am Leben.«
»War jemand bei dir?«
Abt Rígán zuckte die Achseln.
»Ich war den ganzen Morgen allein, bis Bruder Cass kam, um mir zu berichten, dass man Bruder Eloang ertrunken gefunden hatte. Ich bemerkte, dass eine seltsame Atmosphäre herrschte. Allerdings kannte ich bisher diese unsinnige Prophezeiung nicht. Daher war ich überrascht, als Bruder Cass mir mitteilte, er hätte auf der Grundlage dessen, was er gehört habe, bereits nach einem Brehon geschickt. Noch größer war meine Überraschung, als der Brehon eintraf und mich beschuldigte, ich hätte Eolang ermordet.«
|95| »Die Prophezeiung verdammt dich«, erklärte ihm Fidelma.
»Könnte es sein, dass Bruder Eolang sich umgebracht hat, nur um mich in Schwierigkeiten zu bringen?«
»Meiner Erfahrung nach schlagen sich Selbstmörder nicht selbst einen Gegenstand auf den Kopf, und der Wunsch, jemanden in Schwierigkeiten zu bringen, ist kaum ein ausreichendes Motiv für einen Selbstmord.«
»Es klingt ganz so, als glaubtest du diese Vorhersage und wärst folglich von meiner Schuld überzeugt.«
»Meine Aufgabe, Bruder Abt, ist es, die Tatsachen zu untersuchen. Wenn die Tatsachen darauf hindeuten, dass du schuldig bist, dann verbietet mir mein Eid als
dálaigh
, deine Schuld vor einem Gericht zu verhehlen. Meine Aufgabe wäre dann nur, die besonderen Umstände zu erklären, die zu deiner Schuld geführt haben. Eine
dálaigh
kann nicht bewusst einen Schuldigen vor Gericht verteidigen. Aber ich betone es noch einmal, das Urteil wird nur auf der Grundlage von Tatsachen gesprochen.«
Der Abt wollte etwas erwidern, doch Fidelma hob die Hand, sodass er schwieg.
»Im Augenblick habe ich mir noch kein Urteil in die eine oder andere Richtung gebildet. Ich habe eine Vermutung, was vielleicht geschehen sein könnte, aber ich kann sie vor dem Brehon nicht beweisen. Ich muss noch einiges in Erfahrung bringen.«
Vierundzwanzig Stunden vergingen, ehe Bruder Cass verkündete, dass seine Boten aus Cashel zurückgekehrt waren.
Schwester Fidelma ging zum Haupttor, um zuzusehen, wie das Boot sich dem Landungssteg näherte. Mit ihren scharfen Augen erkannte sie sofort die gebeugte Gestalt von Bruder Conchobar im Heck des Bootes. Erfreut stellte sie fest, dass neben ihm ein junger Krieger saß.
|96| »Bruder Conchobar, wie schön, dass du gekommen bist«, begrüßte sie ihn, als die beiden an Land gingen.
Der alte Mann lächelte ein wenig traurig.
»Der Bote, den du geschickt hast, hat mir von deinem seltsamen Fall erzählt. Dies ist übrigens Ferchar.«
Der junge Krieger verneigte sich vor Fidelma, denn Fidelma war die Schwester des Königs von Cashel.
»Lady, ich hörte, dass jener Mann ertrunken ist. Ich bin untröstlich, dass ich nicht mehr für ihn tun konnte. Leider war es für mich zu weit, über den See zu schwimmen und ihn zu retten.«
Fidelma fiel etwas ein.
»Habt ihr diese Angelegenheit während eurer Reise hierher miteinander oder mit sonst jemandem besprochen?«
»Lady, wir wissen, dass bei einer Zeugenaussage kein Zeuge mit einem anderen über den Vorfall sprechen darf. Wir haben über diese Angelegenheit geschwiegen.«
Einer der Mönche, die Bruder Cass ausgeschickt hatte, um die beiden von Cashel zum Kloster zu bringen, trat vor.
»Ich kann das vor dem Brehon beschwören, wenn es sein muss, Schwester. Diese Männer haben, seit wir sie geholt haben, nicht über diese Angelegenheit gesprochen.«
»Hervorragend.« Fidelma war erleichtert. »Kommt mit.«
Fidelma führte sie zur Kammer von Bruder Cass, wo
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