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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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wird etwas anderes einfallen müssen, wenn du diesen Tod mit Vernunftgründen erklären willst.«
    »Ich möchte die Wahrheit herausfinden, das ist alles«, antwortete Fidelma ruhig. »Schauen wir uns also jetzt die Leiche an.«
    Der alte Mann hatte recht gehabt. Ernán war ein gutaussehender junger Mann gewesen, muskulös und kräftig. Die einzige Verunstaltung an seinem Körper war die ausgefranste Wunde unterm Kinn, wo die Luftröhre und die Schlagader durchtrennt worden waren. Fidelma beugte sich vor und sah sofort, dass diese Wunde nicht von den Zähnen eines Tieres gerissen worden war. Sie stammte von einem scharfen Gegenstand, den man quer über den Hals gezogen hatte und der das Fleisch eher zerrissen als durchschnitten hatte.
    Sie richtete sich auf.
    »Nun?«, fragte der Alte.
    »Ernán ist angegriffen worden, aber nicht von einem Wesen aus dem Jenseits«, sagte Fidelma leise.
    Sie ging voran aus der kleinen Kapelle, blieb im Sonnenschein stehen und erblickte hinter der Ansammlung von Gebäuden, die eng zusammengedrängt um das Gotteshaus herum standen, einen breiten Fluss, der im hellen Licht glitzernd und funkelnd behäbig dahinfloss. Hier oben befanden sich die Werkstatt eines Hufschmieds und einige Getreidelager. Der Großteil der Gemeinde wohnte in abgelegenen Gehöften. Es waren nur wenige Menschen zu sehen. Um diese Zeit arbeiteten wahrscheinlich die meisten Leute auf den Feldern. Doch der Schmied war da und unterhielt sich angeregt mit jemandem, der neben einem stämmigen Arbeitspferd stand.
    |185| Am anderen Ende des Platzes entdeckte Fidelma ein Paar, das gerade um die Ecke eines Lagerhauses gebogen war. Die attraktive Frau mit den rotbraunen Haaren war jung, hübsch und schlank, ihr Begleiter ein ernster junger Mann mit einem langen Gesicht.
    Fidelmas aufmerksamem Blick entging nicht, dass keiner der beiden glücklich zu sein schien. Der junge Mann streckte mit einer beinahe flehenden Geste die Hand aus und berührte den Arm der Frau. Diese wirkte gereizt und schlug die Hand weg. Dann wandte sie sich rasch ab und schritt auf die Kapelle zu. Der junge Mann starrte ihr einen Moment nach und schien nun Fidelma zu bemerken; abrupt drehte er sich um und verschwand hinter einem Gebäude am anderen Ende des Platzes.
    »Interessant«, murmelte Fidelma. »Wer ist das? Die Frau kommt anscheinend hierher.«
    Bruder Abán flüsterte neben ihrer Schulter: »Das ist Blinne, die Witwe von Ernán.«
    »Und wer war der junge Mann, über den sie sich zu ärgern scheint?«
    »Das war Tadhg. Er ist ein … er ist Barde.«
    Fidelma schürzte die Lippen; die Missbilligung in der Stimme des Alten amüsierte sie.
    »Das passt ja.«
    Der Name »Tadhg« bedeutete »Dichter«.
    Bruder Abán ging bereits auf Blinne zu, um sie zu begrüßen.
    »Wie geht es dir, mein Kind?«
    »Den Umständen entsprechend«, antwortete Blinne kurz angebunden. Fidelma fand, ihr Gesicht wirkte wie eine ausdruckslose Maske. Sie hatte die Lippen zusammengepresst und ihre Gefühle streng unter Kontrolle. Der Blick ihrer haselnussbraunen Augen traf den von Schwester Fidelma, und sie reckte |186| trotzig das Kinn vor. »Ich bin gekommen, um Ernáns Leiche noch ein letztes Mal zu sehen. Und Bláth sagt, sie wird beim Begräbnis die
caoine
, die Totenklage, singen.«
    »Natürlich, mein Kind, natürlich«, murmelte der alte Mönch. Dann besann er sich auf seine Manieren. »Das ist Schwester Fidelma aus Cashel. Sie ist …«
    »Ich weiß, wer sie ist«, antwortete die junge Frau kalt. »Sie ist auch die Schwester unseres Königs, nicht nur eine
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    »Sie ist gekommen, um den Tod deines Ehemannes zu untersuchen.«
    Stieg da eine leichte Röte in Blinnes Wangen?
    »Das habe ich gehört. Es spricht sich in der Gemeinde herum.«
    »Es tut mir leid, was passiert ist, Blinne«, sagte Fidelma leise anstelle einer Begrüßung. »Wenn du fertig bist« – sie deutete auf die Kapelle –, »würde ich dir gerne ein paar Fragen stellen.«
    »Ich verstehe.«
    »Ich bin in Bruder Abáns Haus.«
    Bald darauf stand Blinne auf Bruder Abáns Schwelle.
    Fidelma lud sie ein, sich zu setzen und wandte sich an den alten Mönch.
    »Hast du nicht gesagt, du hättest noch etwas in der Kapelle zu erledigen?«, fragte sie betont.
    »Nein, ich …« Da bemerkte Bruder Abán ihren Blick und nickte rasch. »Natürlich. Wenn du mich brauchst, ich bin dort.«
    Als er gegangen war, nahm Fidelma gegenüber der attraktiven jungen Frau Platz.
    »Das ist dir gewiss zuwider, aber

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