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Todesfessel - Franken-Krimi

Todesfessel - Franken-Krimi

Titel: Todesfessel - Franken-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Backert
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hervordrang.
    Genüsslich fuhr er fort.
    »Gehen wir davon aus, dass du spätestens Freitag oder Samstag hier verdurstet bist. Schade, da wolltest du doch zur Premiere ins Landestheater! Und dann die Koffer packen, für deinen Umzug nach München! Lesen wir doch mal nach, was dein Körper gerade macht, wenn deine Tanzkolleginnen am Montag ganz aufgeregt ihr Zimmer in München beziehen … ah ja, hier, ist das nicht appetitlich: ›Etwa ein bis zwei Tage nach dem Tod beginnt eine schmutzig grüne Verfärbung der Bauchdecke, die sich langsam über den gesamten Körper ausbreitet.‹ Du bekommst die sogenannte Grünfäulnis. Deine Augäpfel werden weich …« Er schlug die Beine übereinander und zupfte seinen dunklen Rock zurecht. »Jetzt kneifst du deine Augen zu, dabei würdest du dir am liebsten die Ohren zuhalten, stimmt’s?«
    Angeregt fuhr er fort.
    »Ein paar Tage später. Deine Kolleginnen, die Stipendiatinnen der Heinz-Bosl-Stiftung, haben ihre ersten Übungsstunden hinter sich. Sie sind ausgepowert, aber glücklich. Wenn sie wüssten, dass dein Körper zur selben Zeit schon viel weiter ist, ich zitiere wieder aus diesem hochinteressanten Fachbuch: ›Der ganze Körper ist jetzt dunkelgrün. Das Gesicht ist aufgedunsen, der Leib von Fäulnisgasen stark aufgetrieben. Die Oberhaut lässt sich jetzt fetzig oder zigarettenpapierartig abstreifen, die Haare leicht ausziehen‹ … Hallooo, wer wird denn da gleich in Ohnmacht fallen …!«
    22:52 Uhr – Coburg, Bar Celona
    Charly rührte seinen Espresso um und schaute interessiert zu, wie Corinna mit der kleinen Gabel ihren katalanischen Gemüsespieß abstreifte und abzupfte.
    Sie war erstaunlich elegant gekleidet. Nicht das von Charly insgeheim erwartete Räuberzivil, keine Turnschuhe und ausgeleierten Jeans als feierabendlicher Kontrast zur Berufskleidung Schnürstiefel und Lederkorsage: Im olivfarbenen Kostüm, dunklen Feinstrumpfhosen und Pumps mit maßvollen Absätzen saß sie ihm gegenüber am kleinen Zweiertisch. Gepflegtes, dezentes Make-up; ganz die seriöse, selbstbewusste Geschäftsfrau.
    »Da hast du dich also aus reiner Langeweile gemeldet?«
    »Natürlich … mangels besserer Alternativen«, erwiderte sie ironisch.
    Ihre schönen vollen Lippen, die ihn vor über dreißig Jahren, in wilden pubertären Jugendphantasien, immer wieder zum Wahnsinn getrieben hatten, lächelten. Hinreißend. Professionell, vielleicht sogar automatisch, aber immer noch unwiderstehlich. Ihre blauen Augen dagegen waren, wie neulich, unverändert und anscheinend endgültig – erloschen: Er suchte sie im Kerzenlicht immer wieder neu und fand doch keine treffendere Beschreibung …
    Doch die Uhr tickte.
    Es gab keinen Grund mehr, länger ein dubioses Inkognito aufrechtzuerhalten. Jede noch so belanglos erscheinende Information konnte weiterhelfen.
    Er zog die Zeitung vom freien Nebentisch und schlug vor Corinna den Lokalteil auf.
    » ›Don’t kill butterflies‹: Coburger Ballettgala in gedrückter Stimmung«. Auf dem Foto die Macher, neben Nora noch Victor, Professor Claus-Olaf Henze und weitere kulturbeflissene Lokalprominenz.
    »Kennst du jemanden darauf?«
    »Warum sollte ich?« Seelenruhig zog sie mit der Gabel das letzte Stückchen Paprika von ihrem Spieß, ohne das Bild eines Blickes zu würdigen.
    »Corinna, bitte! Das hier ist kein schwachsinniges Krimi-Dinner – ich suche Ann-Sophie Langenau! Also verarsch mich bitte nicht! Hat sich einer von denen mal bei euch blicken lassen und vielleicht nach Shibari erkundigt?«
    »Also, wer hat denn mit dem Verarschen angefangen? ›Krimi-Autor‹, das war ja wohl ‘ne selten dämliche Masche neulich! Harry hat gleich gesagt, mit dir stimmt was nicht.« Sie warf den Kopf in den Nacken und blickte ihn herausfordernd an. »Und nach dem Bericht über eure Pressekonferenz in Schweinfurt neulich war mir dann alles klar. Aber ich hab nix gegen Bullen, Charly. Erst recht nicht gegen den … ›fränkischen Super-Cop‹! Der noch dazu aus derselben Disco kommt wie ich …« Sie lächelte ihm zu und hob ihr Sherryglas. Dann beugte sie sich über die Zeitung und deutete nach kurzem Suchen auf ein Gesicht: »Die Gestalt kenne ich. War ab und zu in der Datscha. Und hat sogar mal nach Shibari gefragt.«
    Charly starrte reglos auf das Bild.
    Auf Corinnas silbergrün lackierten Fingernagel und das Gesicht darüber.
    »Zahlen, bitte!«, rief er heiser. »Tut mir leid, Corinna, muss unbedingt noch mal ins Büro … komm, ich begleite dich noch

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